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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
Autoren: Tullio Avoledo
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Venedig entfernt.«
    »Neuigkeiten sprechen sich schnell herum. Wir Italiener sind immer sehr geschwätzig gewesen.«
    Ich lächele unwillkürlich. »Selbst wenn wir davon ausgehen, dass es den angeblichen Patriarchen tatsächlich gibt … Warum haben Sie mich zu sich bestellt, Eminenz?«
    »Sie bringen es direkt auf den Punkt. Nun gut. Ich habe Sie zu mir gebeten, weil Sie das einzige noch lebende Mitglied der Kongregation für die Glaubenslehre sind.«
    Das stimmt. Und es stimmt auch, dass der alte Name der Kongregation für die Glaubenslehre Heilige Inquisition lautet.
    Als Amerikaner, der in einem Klima der Gedanken- und Meinungsfreiheit aufgewachsen ist, fällt es mir schwer, mich in der Rolle eines Inquisitors zu sehen.
    »Ich habe mein Amt nie ausgeübt. Hier unten mangelt es an Häresie und Ketzerei.«
    Kardinal Albani ist nicht bereit, eine Ablehnung einfach so hinzunehmen.
    »Aber Sie haben die Aufgabe übernommen.«
    »Eine reine Formalität.«
    »Bis heute.«
    Albani trinkt erneut einen Schluck Tee und wartet.
    Ich betrachte das Kreuz hinter ihm an der Wand. Es ist ein altes Kreuz, byzantinisch. Die Augen Christi wirken sehr traurig.
    Schließlich spricht Albani wieder, langsam und bedächtig.
    »Unsere Ressourcen sind begrenzt. Wenn bekannt würde, dass ich einen beträchtlichen Teil davon einsetze, nur um einem Gerücht auf den Grund zu gehen, müsste ich mit massiver Kritik rechnen. Meine Position ist alles andere als stabil. Hören Sie mir gut zu, und vergessen Sie meine Worte sofort wieder: Die in meinen Händen liegende Macht geht auf den Stadtrat zurück. Die Autorität der Kirche ist … vom Leid untergraben. Unsere Abhängigkeit von der weltlichen Autorität wächst. Die Säkularen sind es, die der Bevölkerung zu essen und zu trinken geben. Unsere einzige Stärke ist die Schweizergarde. Gott bewahre, dass ihre Treue der Kirche gegenüber schwindet. Es wäre unser Ende.«
    Er beugt sich über den Schreibtisch vor, näher zu mir, und spricht noch leiser. Sein Atem riecht nach Pfefferminz.
    »Ich beabsichtige, Ihnen eine Gruppe aus sieben Schweizergardisten zu geben. Ein Fünftel der ganzen Streitmacht des Vatikans. Damit gehe ich ein enormes Risiko ein, was Ihnen einen deutlichen Hinweis auf die Bedeutung dieser Mission gibt. Offiziell rechtfertige ich es mit der Notwendigkeit, eine gefährliche Häresie auszumerzen. Nur wir beide kennen den wahren Zweck der Mission. Ist das klar, Pater John? Nur wir beide.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz …«
    »Was meinen Sie?«
    »Warum sollte der Stadtrat Ketzerei für wichtiger halten als die Suche nach einem Kardinal, der die Katastrophe überlebt hat?«
    Albani lächelt wie ein Kind.
    »Sie sprechen vom offiziellen Grund. Einigen Mitgliedern des Stadtrates werde ich ganz privat ins Ohr flüstern, dass die Mission auch dazu dient, wichtige Reliquien aus der Schatzkammer des Markusdoms zu bergen. Zusammen mit den heiligen Reliquien werden natürlich auch die Reliquiare in Gewahrsam genommen. Mit anderen Worten: mehrere Hundert Kilo an Gold und Edelsteinen.«
    »Die in unserer gegenwärtigen Situation niemandem etwas nützen. Und es dürfte sehr schwer sein, sie hierher zu transportieren.«
    Der Kardinal zuckt die Schultern. »Der Mensch ist ein sonderbares Wesen, Pater John. Wir lassen uns nicht immer von Vernunft leiten. Der Glanz von Gold hat auch heute noch seinen Reiz, vor allem für jene von uns, die nicht mehr ganz so jung sind. Was die logistischen Dinge betrifft … Darum kümmern wir uns später.«
    »Es gibt noch einen anderen Punkt, Eminenz, und zwar einen, den wir nicht unterschätzen sollten. Insgesamt acht Mann für eine solche Mission? Von hier bis Venedig sind es wie viele Meilen?«
    Auch nach zwanzig Jahren habe ich mich noch nicht ans metrische System gewöhnt. Andererseits … In unserer neuen Welt misst man die Distanz nicht in Meilen oder Kilometern, sondern in Schritten.
    »Es sind fünfhundert Kilometer, mehr oder weniger. Kommt darauf an, in welchem Zustand die Straßen sind. Hauptmann Durand glaubt, dass sich die Strecke in vier Wochen zurücklegen lässt, wenn Komplikationen ausbleiben.«
    »Wer ist Hauptmann Durand?«
    »Der Kommandant der Ihnen zugeteilten Gruppe Schweizergardisten. Sie werden ihn bald kennenlernen. Er ist ein Mann mit großer Erfahrung.«
    »Trotzdem, vier Wochen im Freien …«
    »Ich weiß. Das ist viel Zeit. Ich setze mein Vertrauen in Gottes Hilfe und die Fähigkeiten der ausgewählten Männer. Nun,
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