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Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran
Autoren: Alfred Assolant
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allein besorgt. Ich für meinen Teil werde vielleicht kaum fünfundzwanzig oder dreißig ins Jenseits geschickt haben. Die übrigen gehen auf das Konto meiner Mannschaft.“
    In diesem Moment wurde die Sitzung unterbrochen. Im Nebenzimmer hörte man, wie mehrere Stühle umgeworfen wurden.
    „Das ist ja unglaublich!“ schrie der Präsident erbost. „Was ist denn dort nur los!“
    „Wie ich Ihnen schon sagte, man darf Louison nicht nervös machen“, entgegnete Corcoran. „Wollen Sie, daß ich sie hierherbringe, um sie zu beruhigen? Sie kann eben nicht lange ohne mich sein, ein rechtes Kind.“
    „Monsieur!“ entrüstete sich einer der Herren Akademiemitglieder mit säuerlicher Miene. „Wenn man ein verrotztes Kind bei sich hat, dann wischt man ihm die Nase ab, ein verzogenes weist man zurecht, und ein schreiendes steckt man ins Bett; aber man läßt es nicht im Vorzimmer einer wissenschaftlichen Vereinigung warten!“
    „Sie haben keine weiteren Fragen?“ erkundigte sich Corcoran, ohne dem Vorwurf Beachtung zu schenken.
    „Pardon! Eine noch, Monsieur“, sagte der Präsident und schob mit dem Zeigefinger der rechten Hand den goldgefaßten Zwicker auf seiner Nase zurecht. „Sind Sie…? Nun, sehen Sie, Sie sind anständig, stark und gesund, das sieht man. Sie haben Bildung, und davon haben Sie uns ein schönes Beispiel gegeben, als Sie Hindi sprachen, obwohl niemand von uns diese Sprache versteht; aber sehen Sie…, sind Sie…, wie soll ich sagen…, schlau und listig? Denn Sie werden sicher Verständnis dafür haben, daß man das sein muß, wenn man zu diesen perfiden und grausamen Völkern reist. Und welches Interesse die Akademie hat, Ihnen die von unserem berühmten Freund Delaroche ausgesetzte Summe zuzuerkennen, welches Interesse sie hat, das hervorragende Gurukaramta, das die Engländer in ganz Indien vergeblich gesucht haben und dessen Schicksal wir in die Hände eines von uns so gewissenhaft ausgesuchten Mannes, wie Sie es sind, legen…“
    „Ob ich schlau und listig bin, weiß ich nicht“, unterbrach ihn Corcoran. „Aber ich weiß, daß mein Schädel der eines Bretonen aus Saint-Malo ist, und die Fäuste an meinen Armen sind von etlichem Gewicht, mein Revolver ist ein gutes Fabrikat, und ich kenne niemanden, der je ungestraft Hand an mich gelegt hätte. Nur Feiglinge werden übertölpelt. Wir Corcorans machen unseren Nacken steif, wenn Gefahr im Anzug ist.“
    „Mein Gott“, sagte da der Präsident, „was ist das nur für ein entsetzlicher Lärm. Ich vermute, das ist immer noch Mademoiselle Louison, die sich da amüsiert? Gehen Sie, Monsieur, um sie für einen Augenblick zu beruhigen.“
    „Hierher, Louison! Hierher!“ rief Corcoran, ohne sich aus seinem Stuhl zu erheben.
    Auf diese Aufforderung hin sprangen die beiden Türflügel mit Getöse auf, und ein Königstiger von außerordentlicher Größe und Schönheit schritt herein. Mit einem Satz sprang das Tier über die Köpfe der Herren Akademiemitglieder hinweg und ließ sich zu Füßen von Corcoran nieder.
    „Na, Louison, meine Liebe“, sagte der Kapitän. „Du lärmst im Vorzimmer, du bringst die ganze Gesellschaft durcheinander. Das ist höchst unangenehm. Kusch! Wenn du weiter so machst, werde ich dich nirgends mehr mit hinnehmen!“ Diese Drohung schien Louison furchtbar zu erschrecken.
     
     
2.
Wie die Akademie der Wissenschaften zu Lyon die Bekanntschaft Louisons machte
     
    Was auch immer die Drohung Corcorans, sie nirgends mehr mit hinzunehmen, für Eindruck auf Louison gemacht haben mag, die Mitglieder der erlauchten Akademie der Wissenschaften zu Lyon hatten andere Sorgen. Und wenn man bedenkt, daß ihre natürliche Beschäftigung darin bestand, Wissenschaftler zu sein und nicht mit Bengaltigern zu spielen, so wird man ihnen vielleicht ihre menschliche Schwäche verzeihen. Und die bestand darin, daß sie sich als erstes nach der Tür umschauten und sich dann durch sie ins Nebenzimmer stürzten, durch das sie das Vorzimmer zu erreichen hofften, von dem eine Treppe nach unten auf die Straße führte.
    Einmal dort angekommen, schien es ihnen nicht weiter schwierig, Terrain zu gewinnen. Und da das Akademiemitglied, das sich am weitesten von seiner Wohnung entfernt befand, nicht mehr als ein bis zwei Meilen zu seinem Domizil zurückzulegen hatte, gab es also große Chancen, sich innerhalb weniger Minuten aus der Gesellschaft Louisons zu entfernen.
    Wie lange es auch dem Autor dieser Zeilen scheinen mag, das Ereignis zu Papier
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