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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern
Autoren: Lisa van Allen
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Trümmern aufstieg, wären menschliche Gesichter mit leeren Augenhöhlen und weit aufgerissenen Mündern erschienen und in den Himmel aufgestiegen. Andere hielten diese Geschichten für frei erfunden.
    Die Familie Van Ripper richtete sich in Sleepy Hollow in ihrem neuen, wenn auch nur vorläufigen Zuhause ein.Die Strickerei war verloren, dennoch hatten sie sich ein paar Erinnerungsstücke bewahrt – Meggie hatte den Griff ihrer Schlafzimmertür gemopst, Bitty hatte einen Stein aus dem Fundament gelöst, und Aubrey hatte vorsichtig die Tapetenstücke von der Wand im Turm gelöst, auf die einer ihrer Vorfahren etwas geschrieben hatte. Ansonsten hatten sie alle Gegenstände aus der Strickerei, die ihnen gehörten, verkauft – die hässlichen Messinglöwen auf dem Kamin, die antiken Teppiche auf dem Fußboden – und festgestellt, dass sie nun genug Geld besaßen, um ihr neues Haus mit neuen Möbeln auszustatten. Manches von dem, was sich in der Strickerei befunden hatte, blieb allerdings dort und wurde mit ihr zusammen zerstört.
    Aubrey war mehr als glücklich. Ihr Herz war rundum erfüllt: Um sie herum waren Menschen, denen sie ihre Liebe schenken konnte und die sie liebten. Vic fuhr oft die Strecke von Nyack zu ihrem neuen Haus, und als es Frühling geworden war, war ihre Liebe zu ihm, die sich anfangs noch wie ein Schmetterling angefühlt hatte, der im warmen Wind tanzt, tiefer und kraftvoller geworden, weniger ein flatterhafter Schwalbenschwanz als einer der Habichte, die sich von den hohen Luftströmungen an den Palisades entlangtragen ließen. In den frühen Morgenstunden nach langen Nächten, bevor ihre Familie aufstand, fiel es ihr schwer, ihn gehen zu sehen; aber die Sehnsucht, die sie nach ihm verspürte, war immer süß, und sie wartete mit Vorfreude auf den Tag, an dem sie endlich die ganze Nacht hindurch nebeneinander schlafen würden.
    Da sie sich neben ihren Schichten in der Bibliothek nicht mehr um die Strickerei kümmern musste, hatte Aubrey nun Zeit. Sie wusste, dass sie sich irgendwann auf Jobsuche begeben musste, konnte sich allerdings kaum eine Anzeige vorstellen, die lautete: Ehemalige Strickhexe/Bibliothekarin/Igelbesitzerin für administrative Aufgaben gesucht. Für den Moment hatte sie sich vorgenommen, dasZusammensein mit ihren Schwestern zu genießen und nebenher die Opfergaben, die in der Strickerei aufbewahrt worden waren, eine nach der anderen ihren vormaligen Besitzern zurückzugeben. Sie und Nessa wanderten täglich durch die Stadt zu dem Lager, für dessen Miete sie und ihre Familie ein kleines Vermögen ausgaben – gäbe es dort fließendes Wasser, hätten sie darin auch wohnen können –, und nahmen irgendeines der vielen Opfer heraus, um so lange im »Großen Buch im Flur« zu blättern, bis sie den Besitzer ausfindig gemacht hatten. Manchmal war die Suche nach dem Besitzer eines Objekts kompliziert und zeitaufwendig, und sie mussten sich dafür durch verstaubte Testamente arbeiten und ganze Nachmittage im Büro des Nachlassrichters des Bezirks oder beim Genealogenverein verbringen. An anderen Tagen ging es so schnell, wie der Strom durch die Glasfaserkabel in ihren Computer floss.
    An einem klaren, windigen Tag im April fiel Ruth Ten Eckyes silberner Kürbisanstecker plötzlich aus irgendeinem Versteck und landete auf dem Betonfußboden des Lagerraums. Aubrey fuhr mit dem Daumen über sein selbstgefälliges Grinsen und wurde mit einem Schlag nervös. Ruth. Selbst wenn Aubreys Glaube an die Magie geschwächt war, hatte sie doch das Gefühl, dass sich eine kosmische Ordnung darin zeigte, wann bestimmte Objekte ihr ins Auge fielen und um Rückgabe baten, während andere damit zufrieden zu sein schienen, noch eine Weile zu warten.
    »Das ist ein komisches kleines Teil«, meinte Nessa, die den Anstecker betrachtete. »Weißt du, von wem das ist?«
    Aubrey erwachte aus ihrem Zaudern. Es gab keinen Grund, sich vor dem Besuch bei Ruth Ten Eckye zu fürchten. Schließlich hatte Ruths Feindseligkeit den Van Rippers gegenüber anscheinend etwas nachgelassen, und sie hatte sie sogar widerwillig unterstützt und war in der Devil’sNight in der Strickerei erschienen. Selbst wenn Ruth ihr noch mit Abneigung gegenübertreten sollte, konnte die alte Dame mittlerweile nichts mehr tun, um Aubrey zu verletzen.
    »Ich weiß, wem das gehört«, sagte Aubrey. »Heute wird es ganz einfach, wir müssen nicht einmal im »Großen Buch« nachschlagen.«
    Nessa blickte ein wenig enttäuscht drein. Ihr
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