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Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte

Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte

Titel: Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
Autoren: Toby Bishop
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werden. Sie mieden die tiefer gelegenen Dörfer, wo die Bewohner beim Anblick eines Geflügelten Pferdes womöglich anfingen zu tuscheln, und flogen stattdessen in die Berge, wo sie auf steilen Hängen, abgeschiedenen Wiesen und versteckten Tälern voller Eichen, Linden und hohen, duftenden Kiefern landen konnten. Nachdem sie sich angewöhnt hatten, täglich mehrere Stunden auszufliegen, packte Lyssett ihr Pakete mit Brot, Käse und Obst und legte sie beim Frühstück an Philippas Platz.
    Den ganzen Sommer über und auch im Herbst, der in den Bergen sehr zeitig kam, genossen Philippa und ihre Stute die friedliche Atmosphäre von Marinan. Wenn sie nachts in ihrem einsamen Bett lag, sehnte sich Philippa manchmal nach Kunde von der Wolkenakademie. Doch sie
war gefährlich nah daran gewesen, ihr Pferd zu verlieren, und wenn sie diese Tragödie verhindern konnte, indem sie in der Abgeschiedenheit lebte, nahm sie deren Nachteile gern in Kauf.
    Gelegentlich jedoch störte ein trügerischer Traum vom Unteren Hof, von Larkyn Hammloh mit den veilchenblauen Augen und törichterweise auch von ihrem Bruder Broh Philippas Schlaf. Dann erwachte sie und schüttelte widerwillig den Kopf. Es war nur eine kleine Schwäche, die Art von Unsinn, die bloß im Schlaf möglich war. Sie schloss wieder die Augen und tröstete sich damit, dass Soni auf der anderen Seite des Hofes sicher in der Scheune stand.
    Als schließlich der Winter mit Eis und Schnee hereinbrach, die Tage kurz und die dunklen Stunden dafür länger waren, ruhten sie und Soni sich aus und wagten sich nur an ganz klaren Tagen hinaus. Doch bald nahte wieder der Frühling, und beide waren so aufgekratzt und unruhig wie Heranwachsende. Jetzt, wo der zweite Sommer im Exil sich dem Ende zuneigte, kam Philippa sich vor wie eine Dreißigjährige, und nicht wie vierzig, was sie ja war. Sie fühlte sich kräftig, entspannt und erholt. Während die Tage verstrichen, versuchte sie, die Trägheit abzuschütteln, die ihr längst ein schlechtes Gewissen machte. Sie half so oft sie konnte in der Scheune und auf den Feldern, doch keiner der Bediensteten von Marinan ermunterte sie, mitzuarbeiten.
    Eines Tages tauchte völlig überraschend Esmond Riehs auf. Er war der erste Besucher, den Philippa in all den Monaten in Marinan zu Gesicht bekam. Sie hatte zwar bemerkt, dass Lyssett umfangreiche Vorbereitungen für das Essen getroffen hatte, dass die Hecken gestutzt und die
Kieswege geharkt worden waren, doch es war ihr nicht in den Sinn gekommen, dass die Belegschaft ihren Herrn erwartete.
    Es war die Zeit zwischen Estian und Erdlin. In Kleeh hatte man andere Feiertage, deshalb war die genaue Zeit schwer zu bestimmen. Hier verehrte man nicht die miteinander eng verwandten Götter der Isamarianer, sondern betete eine eigene Gottheit an, deren Fest im Winter stattfand. Philippa war bekannt für ihre Skepsis und hatte diesen Dingen nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Folglich hatte sie den Überblick über den Kalender verloren und nahm jeden Tag wie er kam, ob er nun Sonne, Regen, Wind oder Schnee brachte.
    An diesem Tag war der Himmel strahlend blau, und im Westen ging gerade die Sonne unter. Philippa fegte die Gänge der Scheune und verteilte aus einer Schubkarre frische Sägespäne. Soni und sie waren am Morgen zu einem ihrer Lieblingsplätze aufgebrochen. Es war ein langer Flug zu einer der hohen Bergwiesen gewesen, wo neben einem winzigen glitzernden Teich eine Schäferhütte stand und das saftige Gras bis an Sonis Kniegelenk reichte. Während die Stute gegrast hatte, hatte Philippa die nackten Füße in dem klaren Wasser gebadet, sich die Wangen von der Sonne bräunen lassen und im Gras sogar ein bisschen vor sich hin gedöst, bevor sie zurück nach Marinan geflogen waren.
    Knapp eine Stunde nach ihrer Rückkehr hörte sie Hufschläge auf dem gewundenen Weg, der zum Anwesen hinaufführte. Erschrocken ließ sie den Besen fallen und eilte zum Scheunentor, achtete jedoch darauf, ihr Gesicht im Schatten zu halten. Allerdings beugte sie sich so weit vor, bis sie die zwei Pferde im Hof stehen sah.

    Dann fiel ihr Blick auf die Männer. Bei dem vertrauten Anblick von Riehs’ schlanker Gestalt durchlief sie ein Freudenschauer. Es war schon so lange her, dass sie mit jemand anders als Lyssett oder den Gärtnern gesprochen hatte. Sie trat hastig hinaus in den Hof, strich sich mit den Händen übers Haar und hoffte, dass ihre Tracht nicht zu sehr von Sägemehl und Heu beschmutzt war.
    »Baron!«, rief
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