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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman
Autoren: Random House
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lächle bei der Erinnerung an den Vorfall.
    »Ich wohl«, sagt Howie, der in diesem Moment das Zimmer betritt und sich in den leeren Sessel setzt. Howie ist den ganzen Tag hin und her gelaufen, hat uns mit Tee, Snacks und Ratschlägen versorgt, doch meistens hat er auf der Schwelle gelauert und Charlie und mich in Ruhe streiten lassen. Howies Kinn ist voller Stoppeln, so lange dauert unsere Wache schon.
    »Ich hatte dir gerade den Antrag gemacht und war hin und weg, dass du mit mir nach Toronto kommen und meine Frau werden wolltest.« Er spricht zu mir, schaut aber auf Mutters bleiche Haut und ihr faltiges Gesicht. »Dir konnte es mit der Hochzeit gar nicht schnell genug gehen. Du bist gleich zu Lottie gerannt und hast sie gefragt, ob sie deine Trauzeugin sein wollte. Nachdem du das Haus verlassen hattest, ist deine Mutter … sie war vollkommen anders. Traurig und aufgewühlt. Sie hat sogar in der Küche geweint, als sie sich unbeobachtet glaubte. Ich habe sie gefragt, was los sei, aber sie wollte nicht mit mir sprechen. Plötzlich hat sie einen Teller mit Marmeladenkeksen, der noch vom Frühstück da stand, in die Spüle geschleudert. Dann hat sie wieder geweint, wie über den Weltuntergang, nur weil sie den Teller zerbrochen hatte. Dein Vater hat mir gesagt, dass es ihr sehr schwergefallen sei, sich für uns zu freuen, weil sie dich damit verlieren würde. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, aber nichts hätte mich davon abgehalten, dich zu heiraten. Ich habe ihr versichert, dass du bei mir in guten Händen wärst, ich auf dich achtgeben und dich glücklicher machen würde, als du es dir je erträumt hättest.«
    Howie beugt sich vor, mit dem Rücken noch immer zu mir. Er schaut weiterhin Mom an. Ich spüre, dass ihm das schwerfällt. Er würde kein Wort herausbringen, wenn er mich dabei ansehen müsste. »Ich weiß nicht, was mit uns geschehen ist. Das einzig Gute daran ist, dass du nach Hause gekommen bist und hier warst, als du gebrauchst wurdest.«
    Dann läuft eine Träne Howies Wange hinunter, dann eine weitere, und schließlich füllen sich auch meine Augen mit Tränen.
    »Es tut mir leid, Clara, dass ich diese Versprechen gebrochen habe«, sagt Howie mit zitternder Stimme. Er beugt sich vor und küsst ihre Stirn. »Verzeih mir, Mom«, flüstert er.
    Das ist die tränenreiche Entschuldigung, nach der ich mich so gesehnt habe. Dass er sie meiner Mutter und nicht mir gegenüber geäußert hat, ist unwesentlich.

Kapitel 39
    Georgia
    Fred kommt gleich nach Weihnachten zu mir. Mit einem grün-gelb bestickten Kinderkörbchen und einer rechteckigen Schachtel, in festlichem Geschenkpapier mit roten und weißen Schneeflocken. Ihn hatte ich nicht erwartet. Unsicher, wie ich mit der Situation umgehen soll, empfange ich ihn an der Tür.
    »Ich war gestern schon da, aber du warst bestimmt unterwegs«, sagt er und reicht mir nur das Körbchen.
    »Es ist wunderschön«, sage ich mit Blick auf das Bettchen. Im Innern liegen Babydecken, Rasseln und ein Stoffteddybär. »Ich danke dir.«
    »Ich weiß ja nicht, ob du ein Mädchen oder einen Jungen bekommst, also …«, erklärt er unbeholfen, »ist alles grün oder gelb oder weiß.« Als ich mir vorstelle, wie Fred durch die Babyabteilung eines Kaufhauses geht und mit seinen großen rauen Händen kleine Babykleidchen hochhält, muss ich lächeln. Ich freue mich darauf, dass mein Baby in diesen großen starken Händen gewiegt wird.
    »Ich weiß es selbst nicht.« Mir ist sowieso beides recht. »Wenn es ein Junge wird, will ich ihn Joseph nennen, und wenn es ein Mädchen wird, Josephine.«
    Auf Freds Lippen zeichnet sich ein kleines Lächeln ab. »Das klingt schön. Ich habe auch ein Weihnachtsgeschenk für dich.« Er reicht mir die Schachtel, ich setze mich und wickle vorsichtig das Papier ab, um es nicht zu zerreißen. Ich bin so umständlich, weil ich mich vor dem Inhalt der Schachtel fürchte. Ich habe Angst, dass Fred zu viel in unsere Beziehung hineindeutet, und ich weiß nicht, wie ich auf ein persönliches oder frauliches Geschenk wie Schmuck oder Duftseife oder einen Frotteebademantel reagieren soll. Dabei deuten sowohl Größe als auch Form der Schachtel auf nichts dergleichen hin.
    Meine Angst erweist sich als ganz unbegründet. Es ist eine gerahmte Fotografie von Fred und Joseph. Auf dem Bild müssen sie neun oder zehn Jahre alt sein, beide tragen Gummistiefel und halten einen Fisch an den Kiemen. Joseph trägt eine Baseballkappe, die sein Gesicht fast
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