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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik
Autoren: Ian Banks
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lachte.
In meinen Ohren hallte noch immer die Explosion im Schuppen nach.
    Wie mein Vater dastand, sah er alt und verblödet aus, seine
Augen waren trüb und feucht, und seine Hände zitterten. Ich
spürte, wie ich mich langsam beruhigte, sehr langsam.
    »Wa…«, setzte er an, dann räusperte er sich,
»was… was ist passiert?« Er hörte sich fast
nüchtern an.
    »Er hat versucht, in den Keller zu gelangen. Ich nehme an, er
wollte uns alle in die Luft jagen. Jetzt ist er abgehauen. Ich habe
die Tür wieder aufgerichtet, so gut es ging. Das Feuer ist zum
größten Teil gelöscht; du brauchst das jetzt nicht
mehr.« Ich nickte zu dem Wassereimer hin, den er immer noch
festhielt. »Statt dessen möchte ich, daß du dich
hinsetzt und mir das eine oder andere erklärst, das ich wissen
möchte.« Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück.
    Er sah mich eine Sekunde lang an, dann hob er das
Konservierungsglas hoch, doch es rutschte ihm aus der Hand, fiel zu
Boden und zersprang. Er stieß ein nervöses Lachen aus,
bückte sich und hatte, als er sich wieder erhob, den ehemaligen
Inhalt des Glases in der Hand. Er streckte mir das Ding hin, damit
ich es betrachten sollte, doch ich sah ihm ins Gesicht. Er
schloß die Hand, dann öffnete er sie wieder, wie ein
Zauberer. Er hielt einen rosafarbenen Ball darin. Nicht etwa eine
Hode, sondern einfach einen rosafarbenen Ball, wie ein Klumpen
Knetmasse oder Wachs. Ich blickte ihm eindringlich in die Augen.
    »Erzähl!« sagte ich.
    Also erzählte er es mir.

 
12
WAS MIT MIR PASSIERT IST
     
     
    Es war ganz im Süden, sogar noch jenseits des neuen Hauses,
da machte ich mich an jenem Küstenstreifen daran, einige
Dämme in den Becken im Sand und den Felsen zu bauen. Es war ein
herrlicher, ruhiger, strahlender Tag. Es gab keine Abgrenzung
zwischen Himmel und Meer, und wenn Rauch aufstieg, stieg er
kerzengerade auf. Die See lag unbewegt da.
    In der Ferne auf dem Festland erstreckten sich ei rüge
Felder, angelegt an einem leicht geneigten Hang. Auf einem der Felder
tummelten sich einige Kühe und zwei große braune Pferde.
Während ich dabei war zu bauen, kam ein Lastwagen über
einen Feldweg daher. Er hielt vor dem Tor an, fuhr
rückwärts und wendete, so daß seine Rückseite zu
mir zeigte. Ich beobachtete dieses Geschehen, das sich vielleicht
achthundert Meter von mir entfernt abspielte, durch das Fernglas.
Zwei Männer stiegen aus. Sie ließen die hintere Klappe so
herunter, daß diese als Rampe diente, die in den Laderaum
führte; hölzerne Lattengestelle wurden ausgeklappt und
bildeten zu beiden Seiten der Rampe Zäune. Die beiden Pferde
kamen, um zuzusehen.
    Ich stand in einem Wasserbecken zwischen den Felsen, Wasser
umspielte meine Gummistiefel, und ich warf einen Wasserschatten. Die
Männer gingen auf das Feld und führten eins der Pferde an
einem Seil, das ihm um den Hals gebunden war, an den Rand. Es folgte
ihnen willig, doch als die Männer versuchten, es in den
Lastwagen zu verfrachten, die schräge Laderampe hinauf, zwischen
den Latten hindurch, scheute es und bäumte sich
rückwärts auf. Sein Artgenosse drückte neben ihm gegen
den Zaun. Sekunden später hörte ich seine Schreie durch die
stille Luft. Das Pferd wollte nicht hineingehen. Einige der Kühe
auf dem Feld schenkten der Szene einen trägen Blick, dann gaben
sie sich erneut dem Wiederkäuen hin.
    Winzige Wellen, klare Lichtbänder verzehrten den Sand, den
Felsen, die Pflanzen und Muscheln neben mir, sanft plätschernd.
Der Ruf eines Vogels unterbrach die Stille. Die Männer bewegten
den Lastwagen ein Stück, zogen das Pferd hinterher, den Weg
entlang und weiter auf einem Nebenpfad. Das Pferd auf dem Feld
wieherte laut und rannte in unsinnigen Kreisen herum. Meine Arme und
Augen wurden müde, und ich wandte den Blick ab, hin zu der
Hügelkette und den Bergen, die sich in das strahlende Licht des
Nordens erstreckten. Als ich wieder hinsah, hatten sie das Pferd in
dem Lastwagen.
    Der Lastwagen fuhr davon, wobei seine Räder kurz
durchdrehten. Das einsame Pferd, erneut verwirrt, rannte vom Tor zum
Zaun und wieder zurück, verfolgte zunächst den Lastwagen,
gab schließlich auf. Einer der Männer war bei dem Tier auf
dem Feld geblieben, und während der Lastwagen über den
Hügelkamm verschwand, beruhigte er es.
    Später, auf dem Heimweg, kam ich an dem Feld mit dem Pferd
darauf vorbei, und es fraß friedlich Gras.
     
    Jetzt sitze ich auf der Düne über dem Bunker, an diesem
frischen, windigen Sonntagmorgen, und
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