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Die Weite fühlen - Solèr, P: Weite fühlen

Die Weite fühlen - Solèr, P: Weite fühlen

Titel: Die Weite fühlen - Solèr, P: Weite fühlen
Autoren: Pia Solèr
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das Auto holt. Es war elf Uhr, als ich durch das kleine Dorf lief. Im Hotel versuchte ich es mit meinen wenigen Spanischkenntnissen, doch es gab trotzdem kein Nachtessen mehr um diese Zeit. Gabriel kam dann auch an, er sagte, er habe auf dem Weg zum Auto geweint vor Anstrengung.
    Nicht einmal ein Sandwich bekamen wir, so tranken wir im Gasthaus Coca Cola, eine nach der anderen, wenigstens war damit unser Zuckerhaushalt versorgt.
    Auf dieser Reise kamen wir auch in Lourdes vorbei. Wir hatten oft davon gehört, also machten wir einen Halt. Der Besitzer des heruntergekommenen Hotels war so ein Schlimmer, dass ich fast Angst bekam. Trotzdem übernachteten wir dort, um am nächsten Tag zur Grotte zu gehen. Ich sagte zu Gabriel: Wenn sie wirklich etwas hat, werden wir das merken. Rundum waren Kitschläden, Madonnen in den kitschigsten Varianten. Doch dann kamen wir zur grossen Statue. Mir wurde irgendwie anders. Bei der Grotte liefen mir Tränen über das Gesicht. Es war etwas Grosses da. Jetzt sollte ich Worte finden für diese Empfindungen. War es eine spirituelle Erfahrung, eine kleine Erleuchtung? Oder war es die weibliche Kraft, die zu mir sprach? Auf jeden Fall bin ich überzeugt, dass die Grotte in Lourdes ein Kraftort ist. Mitgebracht habe ich einen Strauss mit Trockenblumen, die ich überall gesammelt hatte. Er ist heute, nach etwa zwölf Jahren, immer noch schön.
    Gabriel und ich haben acht Sommer lang zusammen die Ziegenalp gemacht. Wir sind durch dick und dünn wie Bruder und Schwester gegangen. Eine grosse Freundschaft ist unsere Verbindung, ein Reichtum.
    So, und jetzt gönne ich mir eine halbe Stunde auf dem Sofa mit einem Buch. Und prompt schlafe ich ein, nicht wegen dem Buch. Jetzt geht es weiter im Stall. Hans war da. Er wollte schauen, ob ein Schaf vielleicht lämmert. Euter haben sie nicht.
    Mit Janic und Prisca, den Kindern meines Freundes, lief ich an einem Frühlingstag zum Biotop, die Hunde begleiteten uns. Der Weg war mit Sträuchern verwachsen. Ich sagte, man sollte den Weg von davon befreien. Janic merkte sich das. Als wir an einem Abend am Tisch sassen, wollte Janic den Weg roden. Ich sagte: Es ist schon spät, und Prisca scheint nicht so begeistert zu sein. Doch da lag ich falsch. Sie sagte, sie habe mit Liana abgemacht, sie zu fragen, ob sie auch mitkäme. Nun, Liana kam auch mit, und so gingen wir alle mit Axt und Handsäge zum Weg. Ich versuchte noch Leo zu erreichen, doch er nahm das Natel nicht ab, wahrscheinlich würde er bald heimkommen und niemanden vorfinden. So nahm ich mein Natel mit, doch unten beim Weg gab’s keinen Empfang. Janic war ganz in seinem Element, er schlug wie ein Wilder auf die Sträucher ein, ich nahm sie weg und die Mädchen fingen im Biotop Kaulquappen und hatten es lustig. Wir kamen gut voran, und bald war der Weg frei. Es dunkelte.
    Nun mussten wir aber heim. Die Kinder waren so in der Natur und ihrem Spiel vertieft, dass es ein wenig Überredung brauchte, doch dann liefen wir alle zurück, und Leo kam uns entgegen. Wir hätten ja einen Zettel schreiben können. Stimmt, hatten wir ganz vergessen. Doch er war uns nicht böse. Sein Natel hatte im Keller geläutet, wo er es vergessen hatte.
    Am ersten August werden Feuer gemacht und Raketen gezündet. Die drei Kinder meiner Schwester kommen auf die Alp. Wir sammeln vor allem dürre Alpenrosen in leere Salzsäcke, legen sie um die Feuerstelle, die an einem Aussichtspunkt liegt. Von dort sehen wir in das Lugnez hinaus. Auch Holz braucht es, denn die Alpenrosen brennen sehr schnell. Die Feuerstelle ist mit Steinen umrandet. Wenn es dunkelt, geht es los. Wir müssen von der Hütte ein Stück laufen. Unser Feuer ist weit sichtbar, und auch die Raketen vom Lugnez sehen wir gut. Auch Daniel, Paul und Selina kaufen manchmal Raketen. Doch das Feuer macht uns die grösste Freude. Einmal war überall Nebel, nur oben bei uns sorgte der Föhn für klare Sicht. Wenn wir dann müde werden, das Feuer abgebrannt, die Glut aber noch lange rot ist, dann bieslen wir und löschen so die Glut.
    Meine Stifte sind bald alle leer.
    Meine Nichte Salina und ich haben am gleichen Tag Geburtstag. Wir verstehen uns sehr gut. Sie war einmal fünf Tage alleine bei mir auf der Alp. Tagsüber liefen wir durch die Weide und hatten es sehr lustig. Am Abend spielten wir und lasen ein wenig vor dem Einschlafen. In einer Nacht kam ein Gewitter, es donnerte, dass die Fenster klirrten, der Regen prasselte ohne Unterbruch auf das Blechdach. Wir waren beide
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