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Die weiße Macht

Die weiße Macht

Titel: Die weiße Macht
Autoren: Jason Dark
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wie eine Treppe. Niemand denkt daran, sie zu renovieren.«
    »Das würde ich auch nicht tun«, sagte ich und folgte dem Father. Hinter uns kam dann Suko.
    Ich hatte das Gefühl, dem Mittelpunkt der Erde entgegenzusteigen, obwohl es nicht wärmer, sondern kälter wurde. Der Gang war eng. Das alte Mauerwerk zeigte einen feuchten Film, der wie eine blinde Spiegelfläche auf dem Gestein lag.
    Eng waren die Stufen und unterschiedlich hoch und glatt, doch wir waren froh uns am Geländer festhalten zu können.
    Die Treppe führte um eine Kurve, dort leuchtete eine Lampe, die durch ein Gitter geschützt war. Licht gab es genug, und es spiegelte sich auf dem Gestein wider. Manchmal war die Decke so niedrig, daß ich den Kopf einziehen mußte, um nicht mit dem Schädel darüber zu schrammen.
    Aus der Tiefe hörten wir nichts, aber wir gelangten schon in ein gewaltiges Gewölbe, von dem verschiedene Gänge abzweigten, die zu anderen Stützpunkten führten.
    Den Mittelpunkt des Gewölbes bildete ein runder Tisch. Mehrere Stühle verteilten sich an dessen Rand, auf dem Tisch stand unter Glas eine dicke Kerze. Zündhölzer und ein Feuerzeug lagen daneben. Father Ignatius legte die Hände auf den Tisch und drehte sich zu uns um. Als er redete, stand vor seinem Mund eine blasse Atemwolke. »Es zeugt von sehr großem Vertrauen euch gegenüber, daß ich euch das hier zeige. Ich möchte aber, daß ihr, wenn ihr wieder draußen seid, vergeßt, daß es diese Räume gibt.«
    »Bisher haben wir nichts Außergewöhnliches entdecken können«, sagte ich.
    »Ja«, murmelte er, »bisher nicht.«
    »Das wird sich also ändern«, vermutete Suko.
    »Ich denke schon.« Father Ignatius war sehr ernst geworden. Er drehte sich um und winkte uns dabei zu. Wenig später tauchten wir in einen engen Felsengang ein, der nicht erhellt war. Es war auch nicht nötig, denn am Ende des Ganges schimmerte Licht, und ich wunderte mich schon jetzt über die ungewöhnliche Aufteilung der Schatten, die in bestimmten Abständen als dunkle Striche von oben nach unten liefen und vom Untergrund aufgesaugt zu werden schienen.
    Der Mönch verwehrte mir den Blick, doch wenig später sah ich den Grund. Am Ende des Ganges gelangten wir in eine Höhle, die mich an ein mittelalterliches Gefängnis oder Verlies erinnerte, denn die Hälfte der Höhle wurde durch ein Gitter mit entsprechender Tür abgesichert.
    Ignatius trat zur Seite, damit wir freie Sicht hatten. Seine Stimme war nur mehr ein Flüstern, und sie zitterte, als er sagte: »Da seht ihr, was unsere Feinde angerichtet hatten…«
    Die Lücken zwischen den Stäben waren breit genug, um hindurchschauen zu können. Was wir dort sahen, ließ uns die Haare zu Berge stehen, und ich hatte das Gefühl, in eisiges Wasser gesteckt worden zu sein…
    ***
    Die Frau stand für einen Moment bewegungslos auf der Türschwelle, und Lorenzo Amber wußte sofort, daß genau sie es gewesen sein mußte, die ihn aus dem Tiber gezogen hatte.
    Das Licht streifte sie nur von der Seite, doch der Mann erkannte, daß es sich um eine sehr schöne Frau handelte, die auf ihn einen kostbaren Eindruck machte. Dieser Vergleich kam ihm einfach in den Sinn, er hätte auch darüber gelacht, aber das gelang ihm nicht, denn die Person erinnerte mehr an eine Puppe als an ein menschliches Wesen aus Fleisch und Blut.
    Das dunkle Lockenhaar der Frau fiel bis in den Nacken. Lorenzo war sich nicht sicher, ob sie ein Kleid trug oder ein Gewand, jedenfalls ein Kleidungsstück, das bis auf den Boden reichte.
    Ein blasses Gesicht, große, ziemlich helle Augen, ein breiter, dennoch feingeschwungener Mund und eine Nase mit einem leichten Schwung nach oben.
    Die Person trug keinen Schmuck, sie lächelte nicht, sie schaute Lorenzo nur stumm an, der auf dem Bett saß und sich nicht wohl fühlte. Er wußte auch nicht, wohin mit seinen Händen. Vor Frauen hatte er nie Komplexe gehabt, er war mit ihnen immer gut zurechtgekommen, und sie hatten in seinem Leben eine große Rolle gespielt, aber diese Person zog ihn nicht etwa an, sie verströmte ein gewisses Unbehagen, das sich auf seinem Rücken wie ein leichter Kälteschauer festsetzte.
    Weshalb war sie gekommen? Wollte sie vielleicht das vollenden, was die Häscher auf der Brücke nicht geschafft hatten? Er traute ihr alles zu und versuchte, an ihr vorbei in den Gang zu schauen, was leider nicht möglich war.
    Amber hatte das Gefühl, schon stundenlang auf die geheimnisvolle Fremde gestarrt zu haben. Es waren nur Sekunden
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