Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die weiße Frau von Devils Rock

Die weiße Frau von Devils Rock

Titel: Die weiße Frau von Devils Rock
Autoren: Jane Withcomb
Vom Netzwerk:
ganze Weile. Er starrte vor sich hin, ohne etwas wahr zu nehmen. "Vielleicht hast du Recht", murmelte er nach einer Weile gedankenverloren. "Es ist da etwas, aber ich kann dir nicht sagen, was es ist." Seine Stimme klang hilflos, verzweifelt.
       "Du warst nie in Schottland."
       "Nein, niemals", antwortete er. "Als Marvin damals, nach unserem gemeinsamen Studium, unbedingt nach Glannagan zog, um dort eine eigene Praxis zu eröffnen, erklärte ich ihn für verrückt, dass er in solch eine Einsamkeit geht. Er wird niemals viel verdienen, seine Praxis geht gerade so gut, dass er genügend zum Leben hat. Doch er scheint sehr glücklich zu sein."
       "Was willst du mir damit sagen?", fragte Charlene und spürte wieder diese unerklärliche Angst, die ihr den Hals zuschnürte. "Eigentlich willst du nicht nach Schottland, hab ich Recht?" Ihre Stimme war lauter geworden.
       "Doch, ich will nach Schottland", murmelte Christina im Halbschlaf und drehte den Kopf von einer Seite auf die andere. Ihr Mund war ein wenig offen und sie war ganz entspannt. Es war das erste Mal, dass sie längere Zeit an einem Stück schlafen konnte, ohne in Angstschreie auszubrechen.
       Dafür merkte Ashton, wie ihm auf einmal Schweißperlen über das Gesicht liefen. Hastig wischte er sie weg, doch seine Frau hatte es schon gesehen. "Mir ist warm", meinte er nur.
       "Warum redest du nicht mit mir? Seit wir angefangen haben mit Packen hast du dich so verändert, dass ich dich gar nicht mehr erkenne", klagte Charlene und versuchte, die Hand ihres Mannes zu fassen.
       "Was soll ich dir sagen, wenn ich selbst nichts weiß?" Er wurde zornig. "Lass mich endlich zufrieden, sonst kehren wir um. Ich verspreche mir ohnehin nicht viel von dieser Unternehmung. Eigentlich war es eine Schnapsidee, diese Reise anzutreten. Besser wäre eine Therapie bei einem meiner Kollegen gewesen."
       "Wir haben doch schon alles versucht. Außerdem geht es im Augenblick nicht um Christina sondern um dich", widersprach die Frau ihm etwas aggressiv. "Manchmal habe ich das Gefühl, ich kenne dich gar nicht richtig, du bist mir völlig fremd. Neben mir sitzt nicht der Mann, den ich aus Liebe geheiratet habe."
       Ashtons Gesicht veränderte sich. Alles Harte, alles Böse war mit einem Mal verschwunden. Übrig blieb ein kantiges Männergesicht, dem man die erlebten Jahre mehr als deutlich ansehen konnte. "Schlaf ein bisschen, Charlene", bat der Mann müde. "Wir reden darüber, wenn wir da sind. Ich muss erst nachdenken über alles, was du mir gesagt hast." Man konnte ihm ansehen, wie schwer ihm jedes Wort fiel.
       Charlene sah, dass Christina auf die Seite gerutscht war. Beim nächsten größeren Stein, den die leichten Räder zu bewältigen hatten, würde sie vom Sitz rutschen. Sie erhob sich und setzte sich neben ihre Tochter, schob sie behutsam zurück und streichelte ihr sanft über die leicht geröteten Wangen.
       Zufällig fiel ihr Blick auf die Reisetasche, die sie noch am Vortag selbst gepackt und geschlossen hatte. Heute früh hatte sie sie in die Kutsche gebracht und sorgfältig unter dem Sitz verstaut. Jetzt jedoch sah sie, dass an einer Seite ein Stück Spitzenstoff herausschaute, den sie sehr gut kannte. Er gehörte zu dem Kleidchen von Thissa, Christinas Püppchen, das Ashton vorhin in den Papierkorb geworfen hatte.
       Sie erstarrte mitten in der Bewegung. Was hatte das zu bedeuten? Im ersten Moment wollte sie schon ihren Mann fragen, ob er es sich anders überlegt und die Puppe nun doch mitgenommen hätte. Doch diese Frage konnte sie sich sparen. Er hätte gar keine Gelegenheit gehabt, sie einzupacken, denn als ihre Auseinandersetzung stattgefunden hatte, war die Tasche längst in der Kutsche gewesen.
       Wie also war Thissa dorthin gekommen? Hatte etwa Christina sie heimlich geholt? Aber auch das war nicht möglich, denn sie, Charlene, war die ganze Zeit über mit ihrer Tochter zusammen gewesen. Außerdem war das Mädchen absolut gehorsam, niemals hätte Christina gegen die Anweisungen der Eltern gehandelt.
       Wer hatte hier seine Hände im Spiel? Etwas ging nicht mit rechten Dingen zu, das konnte Charlene ganz deutlich spüren. Aber was war es?
       Langsam klappte die Reisetasche ein wenig auseinander. Auf den warmen Kleidungsstücken des Kindes lag tatsächlich die Puppe Thissa. Sie hatte ein hübsches Gesichtchen mit großen blauen Augen und langen dunklen Haaren. Doch etwas war heute anders als sonst. Der ernste Mund mit den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher