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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau
Autoren: Philippa Gregory
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gekommen.«
    »Deine Farm liegt in der anderen Richtung«, sagte sie trocken.
    Sein Gesicht wurde noch röter. »Ich mußte den Trowheads ein Lamm bringen«, sagte er. »Ich bin auf dem Rückweg.«
    Alys' dunkle Augen musterte ihn. »Du konntest mich noch nie anlügen.«
    Er ließ den Kopf hängen und schlurfte mit seinen dicken Stiefeln im Staub. »Es ist Liza«, sagte er. »Sie beobachtet mich.«
    »Liza?« fragte Alys überrascht. »Liza wer?«
    Tom ließ sich neben sie ins Heidekraut fallen, mit abgewandtem Gesicht. Er schaute in die Richtung, aus der er gekommen war. »Liza ist meine Frau«, sagte er schlicht. »Sie haben mich verheiratet, nachdem du dein Gelübde abgelegt hattest.«
    Alys zuckte zusammen, als hätte sie jemand gezwickt. »Das habe ich nicht gewußt«, sagte sie. »Das hat mir keiner gesagt.«
    Tom zuckte die Achseln. »Ich hätte dir eine Nachricht geschickt ...« Er verstummte und ließ das Schweigen auf ihnen lasten. »Doch was hätte das schon für einen Sinn gehabt?«
    Alys wandte sich ab und griff die Perlen in ihrer Tasche so fest, daß ihre Finger schmerzten. »Ich habe dich mir nie verheiratet vorgestellt«, sagte sie. »Ich hätte wohl wissen müssen, daß du das tust.«
    Tom zuckte die Achseln. »Du hast dich verändert«, sagte er. »Du bist größer, und runder. Aber deine Augen sind dieselben geblieben. Haben sie dir die Haare abgeschnitten?«
    Alys nickte und zog den Schal um ihren geschorenen Kopf ein wenig fester.
    »Deine wunderschönen goldenen Haare!« sagte Tom, und es klang wie ein Abschied.
    Schweigen. Alys ließ ihn nicht aus den Augen. »Du hast sofort, nachdem ich weg war, geheiratet?« fragte sie.
    Tom nickte.
    »Leben deine Eltern noch?«
    Er nickte wieder.
    Alys' Gesicht wurde weich, suchte Mitleid. »An dem Tag haben sie mir etwas Grausames angetan«, sagte sie. »Ich war zu jung, um unter Fremde geschickt zu werden.«
    Tom zuckte die Achseln. »Sie haben getan, was sie für das Beste hielten«, sagte er. »Niemand konnte ahnen, daß die Abtei niedergebrannt wurde und du am Ende obdachlos und ohne Mann wärst.«
    »Und in Todesgefahr«, sagte Alys. »Wenn die Soldaten zurückkommen, könnten sie mich mitnehmen. Du wirst doch keinem erzählen, daß ich in der Abtei war?«
    Sein Blick war Antwort genug. »Lieber würde ich sterben, als zulassen, daß dir was passiert«, sagte er mit unterdrücktem Zorn. »Das weißt du! Es hat nie eine andere Frau für mich gegeben, und es wird auch nie eine andere geben.«
    Alys wandte ihr Gesicht ab. »Ich will das nicht hören«, sagte sie.
    Er seufzte, akzeptierte den Tadel. »Dein Geheimnis ist bei mir sicher«, sagte er. »Im Dorf glauben sie nur, daß Morach einen neuen Lehrling hat. Sie hat schon vorher gesagt, daß sie ein Mädchen sucht, das die schwere Arbeit macht. Keiner hat an dich gedacht. Du bist vergessen. Die Leute glauben, alle Nonnen seien tot.«
    »Warum bist du dann diesen Weg gekommen?« fragte Alys.
    Er zuckte die Achseln, und seine grobe Haut wurde dunkelrot. »Wenn du gestorben wärst, hätte ich es gewußt.« Er klopfte sich auf die Brust. »Hier drin«, sagte er, »wo ich meinen Schmerz um dich trage. Wenn du gestorben wärst, wäre er weg... oder anders.«
    Alys nickte, fügte sich Toms Ergebenheit. »Und was ist mit deiner Ehe?« fragte sie. »Fühlst du dich wohl? Hast du Kinder?«
    »Ein Junge und ein Mädchen haben überlebt«, sagte er teilnahmslos. »Und zwei tote.« Er hielt inne. Vier Jahre Sehnsucht schwangen in seiner Stimme. »Das Mädchen sieht manchmal ein bißchen aus wie du«, sagte er.
    Alys drehte ihm ihr klares herzförmiges Gesicht zu. »Ich habe so darauf gewartet, dich zu sehen«, sagte sie. Tom erzitterte hilflos. Ihre Stimme war eindringlich und süß wie ein Choral.»Du mußt mir helfen zu fliehen.«
    »Ich habe mir den Kopf zermartert, wie ich dir beistehen könnte, wie ich dich von dieser furchtbaren alten Frau und dieser Hütte wegbringen könnte!« rief Tom. »Aber ich weiß nicht wie! Liza paßt auf die Farm auf, sie weiß auf den letzten Kreuzer, was wir verdient haben. Meine Mutter und sie stecken unter einer Decke. Es war schon riskant, bloß hierherzukommen.«
    »Du hast schon immer alles riskiert, um bei mir zu sein«, ermunterte ihn Alys.
    Tom starrte auf seine schwielige Handfläche. Er zupfte mißmutig mit einem stumpfen Fingernagel an der harten Haut. »Ich weiß«, sagte er verbissen. »Wie ein junger Hund bin ich zu dir gelaufen, als ich noch ein Kind war, und dann
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