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Die Weimarer Republik

Die Weimarer Republik

Titel: Die Weimarer Republik
Autoren: Gunther Mai
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dem «Röhm-Putsch» vom 30. Juni 1934, und dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934.
    Weil die Nationalsozialisten sich die «Machtergreifung» nicht so leicht vorstellten, waren sie darauf bedacht, sich eine populistische Legitimation zu verschaffen: Neuwahlen sollten zum Plebiszit für Hitler werden. Es war kein normaler Wahlkampf mehr. Die Beamten wurden zur Parteinahme für die Regierung genötigt, die Polizei für die SA, die am 22. Februar zur «Hilfspolizei» wurde. Mit Zeitungsverboten wurden KPD und SPD eingeschüchtert oder mundtot gemacht; einige prominente Führer des Zentrums konnten es nicht mehr wagen, im Wahlkampföffentlich aufzutreten. Angesichts einer Welle nationaler Aufbruchstimmung im bürgerlich-nationalen Lager sowie der Unterdrückung der Linken wurde ein überwältigender Wahlsieg Hitlers erwartet; die sehr hohe Beteiligung von 89 % verlieh der Wahl vom 5. März 1933 plebiszitären Charakter. Doch die NSDAP erhielt «nur» 17,2 Mio. Stimmen (43,9 %); es reichte nicht einmal zur absoluten Mehrheit der Sitze. Hitler blieb auf Hugenberg und die DNVP (die jetzt «Kampffront Schwarz-Weiß-Rot» hieß) angewiesen. Die SPD konnte ihre absolute Stimmenzahl halten, sank aber infolge der hohen Wahlbeteiligung auf 18,2 % ab. Die KPD verlor 1,1 Mio. Stimmen, wobei viele aus Angst diese Partei nicht mehr wählten.
    Wenn die Wahl auch nicht so ausgegangen war, wie es die Nationalsozialisten erhofft hatten, die absolute Mehrheit zusammen mit der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot verlieh allen weiteren Maßnahmen «demokratische» Weihen. Stimmungsberichte zeigen, dass das Vorgehen gegen die Kommunisten in bürgerlichen und bäuerlichen Kreisen, im liberalen und konservativen Lager auf Zustimmung stieß. Das galt auch für die Konzentrationslager, deren erstes am 20. März in Dachau eingerichtet wurde. Mit dem Tag von Potsdam am 21. März inszenierte Goebbels die nationale Aufbruchstimmung als die Versöhnung von Nationalsozialismus und «Preußen», von altem und neuem Deutschland. Jetzt liefen den bürgerlichen Parteien die Mitglieder davon und suchten Aufnahme in der NSDAP. Diese Massenflucht signalisierte die Erwartung, dass der Regierung Hitler eine längere Dauer beschieden sein würde als ihren Vorgängern. Angesichts dieses quasi-plebiszitären Votums wichen die Parteiführungen Schritt für Schritt vor dem wachsenden Druck der Regierung bzw. der NSDAP zurück. Sie gingen einzeln unter, jede für sich, verweigerten, wie die bürgerlichen Parteien, selbst ein Signal des Protestes. Unter dem wachsenden Verfolgungsdruck der Regierung lösten sie sich selbst auf, anstatt ein Verbot in Kauf zu nehmen. Nachdem infolge von Massenverhaftungen die Bayerische Volkspartei (BVP) am 4. Juli ihre Selbstauflösung beschlossen hatte, folgte das Zentrum am 5. Juli. Die Deutsche Staatspartei (DStP) und die DVP, ohnehin bedeutungslos, hattensich am 28. bzw. 27. Juni aufgelöst. Nachdem die SPD am 22. Juni verboten worden war, folgte am 14. Juli das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien, das die NSDAP zur Staatspartei machte. Die alte DNVP schloss sich als Hospitant der NSDAP an, nachdem Hugenberg am 26. Juni als Wirtschaftsminister zurückgetreten war. Franz Seldte, der neue Reichsarbeitsminister, war schon am 26. April zur NSDAP übergetreten und führte am 1./2. Juli seinen «Stahlhelm» in die SA. Dieser (Selbst-)Auflösungsprozess der Parteien ist bezeichnend für die Hilflosigkeit gegenüber der dynamischen Entschlossenheit der NSDAP; er war zugleich ein Indiz für die Stimmungslage dieser Wochen und Monate. Überraschend leicht erwies sich für die Nationalsozialisten auch die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai, deren Widerstand sie vielleicht noch am meisten gefürchtet hatten.
    Fast noch müheloser gelang die scheinlegale Außerkraftsetzung der Verfassung. Der Reichstagsbrand am 27. Februar war ein «Gottesgeschenk» (Goebbels). Die Nationalsozialisten deuteten ihn als das Fanal des Aufstandes der «Marxisten», den sie einerseits gefürchtet, aber andererseits herbeigesehnt hatten, weil sie sich gegen diesen als Retter des Vaterlands gerieren konnten. Noch in der Nacht des Brandes ordnete Göring die Schließung aller SPD-Parteibüros an sowie ein unbefristetes Verbot der KPD-Zeitungen und ein zweiwöchiges Verbot der SPD-Blätter. Göring gestand später ein, diese Maßnahmen wären unter einem Vorwand früher oder später ohnehin erfolgt. Sie wurden angesichts der Gunst der Stunde
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