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Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)

Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)

Titel: Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Autoren: Megan MacFadden
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irgendeinem Grund tat es ihr gerade heute besonders weh, wieder einmal unter die Nase gerieben zu bekommen, wie hässlich und reizlos sie war.
    »Hier hast du deinen alten Lumpen«, keifte sie, raffte das Kleid vom Stuhl und warf es zu Fiona hinüber. Das leichte Gewand öffnete sich dabei und flatterte durch den Raum, um sich schließlich über dem rußigen Ofen auszubreiten.
    »Du dumme Ziege!«, schrie Fiona erbost. »Jetzt ist es endgültig hinüber! Das hast du doch mit Absicht getan.«
    »Aber nein. Hast du nicht gesehen – es ist ganz von selbst geflattert wie ein Vogel und hat sich auf den Ofen gesetzt!«
    Eine Öllampe aus Ton flog dicht an Rodena vorbei und hätte sie getroffen, wenn sie nicht rasch zur Seite gesprungen wäre. Gleich darauf waren die beiden Mädchen fest ineinander verkrallt, und ihr aufgeregtes Geschrei hallte durch den Turm.
    Da wurde die Tür der Kemenate energisch aufgestoßen, und Cajas dürre Gestalt drängte in den Raum. Sie stemmte die Arme in die Seiten, und das Gebinde auf ihrem Haar zitterte, so zornig war sie.
    »Ja, schämt ihr euch denn gar nicht?«, rief sie. »Hör auf, deine Schwester an den Haaren zu reißen, Fiona! Hast du vergessen, dass du in wenigen Tagen eine Ehefrau sein wirst? Rodena, lass Fionas neues Gewand los – es soll für den Hochzeitstag bewahrt werden!«
    Die Mädchen ließen voneinander ab und wagten auch nicht, sich weiterhin zu beschimpfen, denn die alte Amme Caja verstand keinen Spaß. Sie war einst mit Isobail auf die Burg gekommen und hatte der Herrin am Totenbett geschworen, sich ihrer Töchter anzunehmen. Caja hatte diese Aufgabe ernst genommen und die Mädchen erzogen – nicht mit der zärtlichen Liebe einer Mutter, sondern eher mit der Hingabe einer strengen Wächterin.
    Ewan hatte zuerst Zweifel gehabt, ob Alister MacBlair nicht doch ein übles Spiel mit ihm trieb. Weshalb sollte er den Jagdfrevler zum Ritter ausbilden? Was steckte dahinter?
    Doch schon am Nachmittag des gleichen Tages wurde er eines Besseren belehrt, denn der Ritter, der ihn so überraschend und glanzvoll besiegt hatte, nahm ihn unter seine Obhut. Roger de Brionne redete wenig, doch Ewan begriff schon nach kurzer Zeit, dass dieser Mann es ernst mit ihm meinte. Roger forderte seinem Schüler das Letzte ab, auch nach dem anstrengenden Kampf in heißer Mittagszeit gab es weder Schonung noch Aufschub. Ewan lernte an diesem Tag viel über die Handhabung des Schwertes und den Gebrauch des langen Schilds, mit dem der Krieger seinen Körper vor Hieben und Pfeilen schützte. Immer wieder trieb sein Lehrer ihn an, schüttelte unzufrieden den Kopf, befahl ihm, die Gedanken zusammenzuhalten und erklärte ein ums andere Mal, dass er in einem wirklichen Kampf bereits gut zehnmal sein Leben eingebüßt hätte. Als die Sonne am Abend sank, spürte Ewan, dass die Beine unter ihm zitterten, doch er hätte sich eher die Zunge abgebissen, als seinem Lehrer gestanden, dass er vollkommen erschöpft war.
    »Gar nicht übel«, sagte sein Lehrmeister schließlich. »Morgen, gleich nach Sonnenaufgang, wirst du mir zeigen, wie du zu Pferde sitzt und die Lanze führst.«
    Es schien ihm völlig gleichgültig zu sein, dass Ewans Verwundungen noch längst nicht ausgeheilt waren. Auch hatte er sich nicht weiter um das höhnische Gelächter der übrigen Männer gekümmert, die die Übungen den ganzen Nachmittag über beobachtet hatten. Besonders Gavin hatte sich jedes Mal diebisch gefreut, wenn Ewan scheiterte und Roger de Brionne seinen Schüler ärgerlich anknurrte. Nur ein einziges Mal, als der vorwitzige Gavin gar zu laut rief, dass aus diesem Bauern wohl niemals ein Kämpfer werden würde, wandte der graubärtige Roger sich um und sah den Schreihals aus kalten blauen Augen an. Der Blick war kurz, doch Gavin schien unter dessen Kraft in sich zusammenzuschrumpfen, er senkte den Kopf und schwieg.
    Ewan war an diesem Abend sogar zum Essen zu erschöpft, er stürzte einen Krug Wasser hinunter, warf sich auf sein Lager und schlief wie ein Toter. Doch noch vor Sonnenaufgang stand er schon wieder voller Tatendrang auf dem Hof, begierig, seinem Lehrer zu beweisen, dass er ein guter Reiter war. Roger de Brionne zeigte sich nicht unzufrieden mit den Reitkünsten seines Schülers, doch er hatte vieles daran auszusetzen, und als es darum ging, mit einem geschickten Lanzenstich den strohgefüllten Sack zu treffen, der von einem Balken herabhing, handelte Ewan sich wieder einmal Tadel und Kopfschütteln ein. Doch
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