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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj
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die Weingläser, und wo das Kerzenlicht durch sie schien, leuchteten sie wie große Tropfen von Bernstein oder Blut. Globusz strahlte von breitestem Wohlwollen. Am kleinen Tische der Herren begann man bereits mit dem Servieren des Fisch-Gulyás. Die Zigeuner, nachdem auch sie gegessen und getrunken hatten, rückten sich zurecht, ergriffen ihre Instrumente.
    Es war ein Lied, und leise; alles schwieg alsbald. Das Cimbal wehte hinter der einsamen Geige des Primas wie Wind, der in die Weiden fällt oder in’s Schilf. Sonst fehlte jeder Accord, die Instrumente ruhten. Für sich allein kletterte die Geige im Gehör. Dann endlich, unter ihre höchste Höhe, legte sich antwortend ein breiter Strich aller und fußte auf der Tiefe des Basses. Weiter, als der csárdás zu pochen begann, kamen die Paare, eins nach dem andern, auf die Fläche und tanzten die freien Figuren mit höchster Gemessenheit und Decenz. Man sah eine Feier, ein bäuerliches Fest, bei allem Rauschen und Bohren der Musik doch voll Würde und Wohlanständigkeit. Und so blieb das, bis in die Nacht.
    N ächsten Morgens schlief man aus und machte sich fertig nicht ohne kräftig zu frühstücken. Dann rollte, nach vielfältigem Abschiede (im übrigen auch von Finy und Feverl) und einer Art Satteltrunk, den der alte Globusz persönlich am Wagen kredenzt hatte, die altertümliche Auto-Kalesche in Richtung Györ zurück, wo man wieder ausgezeichnet zu Mittag speiste, um sich sodann bequem und rechtzeitig im Kurswagen nach Agram zu installieren, den der von Budapest kommende Schnellzug führte. Gergelffi stand klein und schlank, wie ein gespitzter Bleistift, am Perron und winkte, als der Zug hinausglitt.
    Wie fast immer, seit sie von Konstantinopel abgereist, hatten die Herren ein Coupe erster Klasse für sich allein, ja, Harbach pflegte im benachbarten Abteile seinen Platz zu belegen, damit sie alle drei sich ausstrecken konnten. So kam man auch jetzt zu einem guten Nachmittags-Schlafe. Man hatte ihn nötig. Der Aufenthalt in Moson war nicht eben anstrengend gewesen (angestrengt hatte sich dort eigentlich nur der stiefelnde Gergelffi), aber doch reich an Abwechslung, beweglich, fast bewegt; letzteres mindestens für Donald. Im ganzen befand man sich bei leidlichem Wohlsein.
    Sie langten spät an in Agram und gingen, nach einem vortrefflichen kleinen Abendessen im Hotel, bald zur Ruhe. Schon bei Tische war, infolge einer bei allen dreien neuerlich hervorbrechenden Müdigkeit, ihr Gespräch fast ganz eingeschlafen.
    D onald erwachte früh, trat an’s Fenster. Was er hier sehen konnte, war für ihn unbenannt: ein ferner Turm (wiederaufgebaut, so wissen wir, nach jenem schrecklichen Erdbeben von 1880), und, näher vor dem Blicke, Gärten.
    Hier entlang also führte der Umweg, ein vernünftiger Umweg.
    Die vierte Pfeife war futsch. Im Traum war es eigentlich so gewesen, daß er sie noch hätte holen können.
    Draußen wurde die Sonne breiter. Donald dachte die dunkle Hitze des Tages voraus. Im Hinausblicken fühlte er sich ein wenig schwindlig, wandte sich in das Zimmer zurück und begann seine Toilette.
    In Slunj sollte die Reise enden, oder eigentlich wenden. Dort war die Kehre des Umweges nach Wien. Mit jener Stadt in Kroatien verband Donald keine Vorstellung. Der Vater hatte wiederholt gesagt, ja, beinahe ihm eingeschärft, sie sei sehenswert, wegen schöner Wasserfälle. Die Firma, mit der sie heute vormittags zu tun haben sollten, unterhielt in Slunj eine Expositur. Es wurde hier in Agram Wert darauf gelegt und man hatte darum gebeten, daß von seiten der Firma Clayton & Powers die besonderen technischen Voraussetzungen der Landwirtschaft in jener Gegend studiert würden, um danach den Maschinenbau tunlichst zu accomodieren. Also Aufgaben mehr für Donald als für Chwostik. Hier in Agram umgekehrt. Nur dabeisitzen, Briefbeschwerer.
    Nun war er rasiert und geduscht auch, und stieg mit seinen langen Beinen in ein Paar frischgebügelte graue Pantalons. Fertig angezogen ergriff ihn ein plötzlicher Widerwille, jetzt zum Frühstück hinunterzugehen, andere Leute dort vor ihrem Tee sitzen und weiche Eier beklopfen zu sehen. Er klingelte und befahl das Frühstück auf sein Zimmer.
    Auf dem Tablett lag dann auch Post, so, als sei sie eben jetzt gekommen. In Wirklichkeit hatte der Portier gestern vergessen, die Briefe aus dem Fach zu nehmen und auszuhändigen, und auch Chwostik, ebenso schläfrig wie Donald, war nicht mehr auf den Gedanken gekommen, nach Post zu fragen.
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