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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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aus, als wollte er noch etwas sagen, doch sein Mund verzog sich, und er erhob sich. »Wer will noch etwas trinken?«, fragte er in die Runde, ehe er für eine geraume Zeit verschwand.
    Allmählich wurde Phin unruhig. Da Bonham nicht aufgetaucht war, gab es keinen Grund, noch länger zu bleiben. Es behagte ihm nicht, dass Mina die ganze Zeit allein war. Tilney und Dalton suchten zwar das Gespräch mit ihm, doch Phin hatte kein Interesse daran, ihnen zu antworten. Mina hat recht, dachte er. Es machte keinen Sinn, vorzugeben, einer von ihnen zu sein oder so zu leben, wie sie es taten. Diese Art der Maske hatte er nicht nötig.
    Als Sanburne zurückkehrte, ihm auf die Schulter tippte und ihn bat, mit ihm die Loge zu verlassen, war Phin dankbar für die Abwechslung. Sie betraten den schmalen Gang, der an den Logen vorbeiführte. Er war mit dunkelrotem Samt verkleidet, in dem der Geruch nach Zigarrenrauch hing. »Ich brauche deine Hilfe«, sagte der Viscount, der überraschend grimmig in dem gedämpften Licht wirkte. »Bist du nüchtern?«
    Phin lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand. »So gut wie. Was gibt es denn?«
    »Es gehen Gerüchte um, und ich möchte, dass du dich in der Unterwelt ein wenig umhörst.« Sanburne hielt für einen Moment inne. »Um es kurz zu machen. Es gibt da einen jungen Burschen, der mir wirres Zeug schreibt; es geht um Flüche und Tränen und was weiß Gott noch alles. Eben bin ich ihm auf der Treppe begegnet, und er wollte mir die Kehle aufschlitzen.«
    »Wie bitte?«, sagte Phin, der vor Erstaunen seine sonst übliche lässige Art vergaß.
    Der Viscount trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Du hast mich richtig verstanden. Ich will, dass dieser Kerl gefunden wird. Ich weiß nicht, auf welche Weise er die Briefe bringt; vielleicht wäre eine Wache vor meinem Haus nicht verkehrt.« Seine Stirn legte sich in Falten. Die kurze Pause, die er einlegte, verlieh den nächsten Worten eine tiefere Bedeutung. »Kannst du dich darum kümmern?«
    »Ich könnte es arrangieren, ja«, antwortete Phin zurückhaltend. In was für einen Schlamassel war James nun schon wieder geraten? »Tränen, sagtest du. Und ein Fluch.«
    »Ja.« Sanburne kniff die grauen Augen zusammen und sah Phin an. »Und vielleicht noch die eine oder andere Information. Ich denke, dass du Freunde hast, die sich in diesem besonderen Teil der Welt auskennen.«
    Wie es Phins Gewohnheit war, hatte er sofort eine ausweichende Antwort parat. Doch er zögerte. Weder war er stolz auf seine Verbindungen zur Unterwelt noch auf die Tatsache, dass er durch seine Kontakte an seltsames und gefährliches Wissen geriet. Er war auch nicht stolz auf seine Vergangenheit, war er doch durch Dummheit in den Agentenjob gestolpert. Überlebt hatte er nur wegen seines eisernen Willens und weil ihm eine gehörige Portion Talent in die Wiege gelegt war – die Art, die Esel dazu brachte, schwere Lasten einen Berg hinaufzuziehen. Seit sechs Monaten versuchte er jetzt schon, all das zu vergessen und jemand anderer zu sein.
    Dass er immer Stillschweigen über seine Tätigkeit hatte wahren müssen, hatte zu dieser Situation geführt. Als er Sanburne ansah, glaubte er, einem Fremden gegenüberzustehen. Einem Fremden, der ihn misstrauisch ansah und ihn um einen Gefallen bat, obwohl er eigentlich kein Vertrauen zu ihm hatte. »Es würde mir sehr helfen«, fügte Sanburne hinzu. Vermutlich war das seine Art, »bitte« zu sagen.
    Aber warum sollte er »bitte« sagen müssen? Schließlich kannten sie sich seit ihrer Kindheit. Phin strich sich über die Augen. Stets würde er den Schmerz bereuen, den er anderen zugefügt hatte, genau wie den Umstand, dass er so manches Leben auf dem Gewissen hatte. Das Gefühl der Reue würde ihn noch bis ins Grab verfolgen. Doch hier und da hatte Phin auch Gutes getan und anderen unter die Arme gegriffen. Erst in der vergangenen Nacht hatte er ein Leben gerettet, das ihm mehr bedeutete als das eigene. Als Mina dann auch noch davon gesprochen hatte, er hätte ein bewundernswertes Talent, hatte sich keine Stimme in seinem Inneren geregt, die das in Abrede stellte.
    Sicherlich war es möglich, dass Reue und Hoffnung nebeneinander existierten. Gegen ein scharfes Messer war nichts einzuwenden, solange es für eine gerechte Sache eingesetzt wurde und das Ziel seinen Einsatz verdiente. Dafür, anderen zu helfen, musste sich niemand schämen, und immerhin war er einer der Besten auf seinem Gebiet. Er war ein Naturtalent. War ihr das

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