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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
Autoren: Anne Holt
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Waffe war nicht angeschafft worden, um irgendwen zu beschützen. Das war eine Lüge; eine Lüge, die nur eine entkräftete Drogensüchtige mit geschwächter Urteilskraft hatte glauben können.
    Mabelle und Carl-Christian hatten Hermann umbringen wollen. Und vielleicht auch Turid. Da war Hanne sich jetzt sicher, und seit Billy T. sie vor acht ewig langen Tagen zum ersten Mal eines Abends im Fall Stahlberg angerufen hatte, konnte sie allmählich ein Ende absehen. Sie ballte ihre Hand zusammen, bohrte die Nägel in den Ansatz des Daumens. Dann erhob sie sich und ging zum Waschbecken an der Wand. Lange ließ sie das Wasser einfach nur strömen. In einem kleinen Glasregal stand ein in Plastikfolie eingeschweißter Becher. Den packte sie aus und füllte ihn.
    Noch ein paar Stunden, dachte sie und trank. Die paar Stunden schaffst du noch.
    Mabelle und Carl-Christian hatten sich Waffen besorgt. Sie hatten Pläne geschmiedet. Sie besaßen ein Motiv, ein absolut überzeugendes Motiv. Sie hatten sicher versucht, die passende Gelegenheit herbeizuführen. Aber so weit waren sie noch nicht gekommen. Noch nicht. Die Morde in der Eckersbergs gate waren so brutal und so grausam, und sie wiesen so überdeutlich auf das junge Ehepaar hin, daß sie diese Morde unmöglich selbst begangen haben konnten. Mabelle und Carl-Christian hätten ganz einfach bessere Arbeit geleistet. Sie hätten es vermutlich auch getan. Irgendwann und auf eine viel ausgefeiltere Weise, statt in der Wohnung ihrer Eltern ein Massaker zu veranstalten.
    Aber irgendwer war ihnen zuvorgekommen.
    So mußte es sein. Nur so schien alles einen Sinn zu bekommen, einen klaren Zusammenhang. Alle Lügen, die die beiden serviert hatten – diese himmelschreienden Ausflüchte, Carl-Christians Starrsinn, seine sichtbare Angst davor, sich noch weiter in dem Netz aus Erfindungen und Behauptungen zu verfangen, das ihn fesselte und am Boden hielt – das alles war nur zu verstehen, wenn sich dahinter eine häßliche, gefährliche Lüge verbarg. Die Wahrheit hinter den Lügen war, daß die beiden niemanden umgebracht hatten. Die Lüge hinter dieser Wahrheit war, daß sie niemals einen Mord geplant hätten. Das hatten sie durchaus.
    Hanne versuchte, ganz ruhig zu sprechen.
    »Und haben Sie Mabelle zugestimmt? Daß Hermann … irgendwie gefährlich war?«
    »Zugestimmt? Weiß nicht. Ich war einfach total fertig. War nicht gerade klar im Kopf, um das mal so zu sagen. Mir kam es eigentlich plausibel vor. Mein Vater hatte Mabelle doch immerhin verhaften lassen, nur, weil sie mit ihrem eigenen Auto gefahren war. Er hatte irgendwelche scheußlichen Bilder von Mabelle aufgetrieben und wollte CC damit unter Druck setzen. Mein Vater ist …«
    Sie stockte. Sie schien sehr erschöpft zu sein. Ihr Kopf glitt langsam zur Seite. Ihr Mund stand halb offen. Sie atmete langsam und gleichmäßig.
    »Hermine …«
    Hanne drückte vorsichtig ihre Hand.
    »Was ist passiert, als Sie in die Eckersbergs gate kamen? Warum sind Sie nicht ins Haus gegangen? Ich muß einfach wissen, warum Sie nicht ins Haus gegangen sind.«
    »Was? Ui. Da wär ich ja fast eingeschlafen. Wasser.«
    Hanne hielt ihr das Glas an den Mund. Ihre Lippen suchten nach dem Trinkhalm.
    »Ich hatte solche Angst«, sagte sie und fuhr sich mit der Hand über die Lippen.
    »Wovor denn?« fragte Hanne leise.
    »Vor einem Tier. Einem Hund. Das war der scheußlichste, gräßlichste … Wissen Sie, in den Sekunden gleich danach, als ich losrannte, glaubte ich, das sei ein Alptraum. So ein richtiger bad trip. Ich hab zwar vor allen Hunden Angst, aber dieses Biest war … und dann hatte ich die Pistole verloren. Ich hatte sie da verloren, vor der Eingangstür zum Haus meiner Eltern.«
    Hanne machte sich jetzt Notizen.
    »Sind Sie zurückgegangen?« fragte sie, ohne von ihrem Notizblock aufzublicken.
    »Ja, nach einer Weile. Ich habe keine Ahnung, wieviel später das war. Zuerst bin ich gerannt, und dann konnte ich nicht mehr. Mir war immer noch schrecklich schlecht, aber mein Kopf wurde langsam ein wenig klarer, um das mal so zu sagen. Ich merkte jetzt, dass das eine Überreaktion gewesen war. Ich kam mir total idiotisch vor. Ich war außer mir vor Panik. Wenn jetzt jemand die Pistole gefunden hatte! Mit Schalldämpfer und allem. Und mit meinen Fingerabdrücken.Wäre doch ziemlich dramatisch. Obwohl ich die Pistole ja nicht benutzt hatte, hätte es sicher nicht gut ausgesehen, wenn sie vor dem Haus meiner Eltern gefunden worden wäre, wo doch
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