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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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übernommen. Gwenna hatte sich an die römische Lebensart so mühelos gewöhnt wie ihr Vater an die lateinische Sprache und die Toga.
    Gaius war wegen seiner Kenntnisse der britonischen Dialekte auf diese Reise geschickt worden. Als er nun daran dachte, verzog er spöttisch den Mund. Der alte Severus, sein Vater, war der Präfekt des Lagers der Zweiten Augusta Legion in Deva. Er hatte die dunkelhaarige Tochter eines Königs der Silurer geheiratet. Das war am Anfang der Eroberungsfeldzüge gewesen, als Rom noch hoffte, die Stämme als Verbündete zu gewinnen. Der kleine Gaius lernte die Sprache der Stämme, noch bevor er ein lateinisches Wort über die Lippen brachte.
    Natürlich hatte es eine Zeit gegeben, als sich kein Offizier einer kaiserlichen Legion in der Festung Deva die Mühe gemacht hätte, seine Befehle in der Sprache eines besiegten Volkes zu erteilen. Flavius Rufus, der Tribun der zweiten Kohorte, hielt auch jetzt noch nichts von solchen Feinheiten. Die Machtbefugnisse seines Vaters waren sogar noch größer. Der alte Macellius Severus, der Präfekt Castrorum, mußte sich nur gegenüber Agricola, dem Statthalter der Provinz Britannien, verantworten. Macellius Severus hatte die Aufgabe, Frieden und Ruhe in der Provinz und in der Legion zu wahren, die das Land besetzt hielt, bewachte und beherrschte.
    Selbst eine Generation nach der rebellischen, aber besiegten und von den Legionen mit aller Härte bestraften Königin Boudicca schmerzten die Narben der vielen Wunden noch immer. Die Menschen in Britannien waren trotz hoher Steuern und Tributzahlungen im großen und ganzen friedlich und hatten sich in ihr Los gefügt. Die Aushebung von Männern zur Zwangsarbeit ertrugen sie jedoch nach wie vor weniger geduldig. Und hier, im Grenzgebiet des Reichs, schwelte noch immer der Haß, den ein paar kleine Könige und Unzufriedene geschickt zu schüren wußten.
    In diesen Unruheherd hatte Flavius Rufus einen Trupp Legionäre geschickt. Sie sollten die Männer begleiten, die in diesem Jahr zur Zwangsarbeit in die Bleiminen in den Bergen gebracht wurden.
    Die kaiserliche Politik erlaubte es nicht, daß ein junger Offizier in einer Legion Dienst tat, in der sein Vater eine so wichtige Stelle wie die des Präfekten bekleidete. Deshalb war Gaius zur Zeit Militärtribun in der Legion Valeria Victrix in Glevum. Trotz seiner halb britonischen Abstammung hatte er von Kindheit an die harte Ausbildung des Sohnes eines römischen Soldaten erhalten.
    Der alte Macellius hatte bisher nichts unternommen, um seinem einzigen Sohn Vergünstigungen zu verschaffen. Aber Gaius hatte bei einem Gefecht an der Grenze eine leichte Beinverletzung davongetragen. Noch ehe die Wunde richtig verheilt war, sorgte hohes Fieber dafür, daß man ihn nach Hause, nach Deva, schickte, damit er sich völlig erholte, bevor er auf seinen Posten zurückkehrte.
    Gaius war kaum wieder bei Kräften, als ihn im Haus seines Vaters die Unruhe erfaßte. Die Möglichkeit, bei der Aushebung von Zwangsarbeitern dabeizusein, erschien ihm ein angenehmer Zeitvertreib.
    Der Einsatz war im wesentlichen ohne besondere Ereignisse und zügig abgeschlossen worden. Die widerspenstigen Männer wurden von einer Eskorte zu den Minen gebracht, und Gaius hatte immer noch Urlaub. Deshalb nahm er die Einladung von Clotinus Albus an, noch ein paar Tage zur Jagd zu bleiben. Gwenna hatte das Angebot mit verführerischen Blicken unterstützt. Gaius wußte, daß Clotinus sich geschmeichelt fühlte, den Sohn eines römischen Beamten als Gast in seinem Haus zu haben, und er hätte ihm sicher auch gern seine Tochter zur Frau gegeben. Gaius machte sich jedoch insgeheim darüber lustig und ging jeden Tag auf die Jagd, obwohl ihm eigentlich wenig daran lag. Er ließ sich auch von Gwenna nicht betören, sondern erzählte der Tochter von Clotinus viele Lügen -, das machte ihm großen Spaß.
    Am Vortag hatte er in diesem Wald einen Hirsch erlegt und so bewiesen, daß er mit dem leichten Speer ebenso geschickt umging wie die Britonen mit ihren Waffen.
    Aber jetzt…
    Jetzt lag er in dieser stinkenden Fallgrube. Gaius hatte den verängstigten Sklaven, der ihn gewissermaßen in diese Lage gebracht hatte, bereits mit allen erdenklichen Flüchen bedacht. Der Kerl hatte ihm eine Abkürzung vom Haus des Clotinus zur römischen Straße zeigen wollen, die geradewegs nach Deva führte - oder zumindest behauptete er das.
    Gaius verwünschte seine eigene Dummheit. Wie konnte er nur dem Schwachkopf die Zügel
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