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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
Autoren: Joe R. Lansdale
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Sally Redback auf dem Feld und pflügte. Sie zogen den Pflug um einen Baumstumpf herum, der noch auf dem Feld stand. Immer wieder hatte Daddy ihn mit einer Axt bearbeitet oder ihn in Brand gesteckt, aber er war störrisch und blieb, wo er war.
    Als Daddy uns kommen sah, nahm er die Riemen von den Schultern, ließ Sally Redback mit dem Pflug auf dem Feld stehen und ging uns entgegen. Wir trafen uns in der Mitte des Feldes, und ich legte Toby vor ihn auf die weiche, frisch gepflügte Erde. Daddy untersuchte ihn.
    Im Gegensatz zu anderen Farmern trug Daddy nie Overalls. Er trug immer khakifarbene Hosen, Arbeitshemden und -schuhe und einen braunen Hut. Sonntags ersetzte er das Arbeitshemd durch ein weißes mit einem dünnen schwarzen Schlips und den verbeulten Arbeitshut durch einen weniger mitgenommenen – die khakifarbenen Hosen und die Arbeitsschuhe schien er nie auszuziehen.
    Jetzt nahm er seinen schweißnassen Hut vom Kopf, hockte sich hin und legte den Hut auf die Knie. Seine Haare waren dunkelbraun, und im Sonnenlicht entdeckte ich ein paar graue Strähnen darin. Er hatte ein längliches Gesicht und hellgrüne Augen, die sanft blickten und doch immer wirkten, als könnten sie bis ins Innerste eines Menschen sehen.
    Daddy bewegte Tobys Pfoten, und als er seinen Rücken berührte, jaulte Toby laut auf.
    Daddy überlegte eine Weile. Dann sagte er, wir sollten das Gewehr holen, Toby in den Wald tragen und ihn erlösen.
    »Es geht nicht anders«, sagte er.
    »Ja, Sir«, sagte ich; aber die Worte krochen aus meiner Kehle, als wäre auch ihnen das Rückgrat gebrochen worden.
    Es mag für heutige Verhältnisse etwas rau klingen, aber wir hatten zu dieser Zeit nicht viele Tierärzte und kein Geld, um Toby von einem behandeln zu lassen – und in diesem Fall hätte ein Tierarzt wohl auch nichts anderes getan als das, was wir jetzt tun sollten.
    Ein weiterer Unterschied zu heute ist, dass man damals viel früher mit dem Tod in Berührung kam als heutzutage. Man konnte ihm nicht ausweichen: Wir züchteten und schlachteten Hühner und Schweine, wir jagten und fischten und waren somit ständig mit dem Tod konfrontiert. Vielleicht hatten wir dadurch mehr Respekt vor dem Leben – sinnloses Leid jedenfalls ließen wir nicht zu.
    In einem Falle wie Tobys wurde erwartet, dass Tom und ich uns unserer Verantwortung nicht entzog; wir müssten Toby selbst erschießen. Niemand sprach das aus, aber Toby war Toms und mein Hund, und somit lag die Verantwortung für ihn bei uns. Und weil ich älter war als Tom, war es letztendlich an mir, die Sache auszuführen. Ich dachte kurz daran, mich an Mama zu wenden, die im Hühnerstall Eier für das Abendessen holte; aber ich wusste, dass es nichts ändern würde. Sie sah die Dinge genauso wie Daddy.
    Tom und ich weinten eine Weile, dann holten wir einen Karren und legten Toby darauf. Ich hatte bereits ein Gewehr für die Eichhörnchenjagd, aber ich holte die 16-mm-Singleshot-Schrotflinte, damit es für Toby so schmerzfrei wie möglich würde. Waffen waren für uns Kinder etwas Selbstverständliches, man lehrte uns frühzeitig den nötigen Respekt davor, und sie gehörten zum Leben wie der Pflug, die Sense und das Butterfass.
    Verantwortung hin oder her – ich war knapp zwölf Jahre alt und Tom erst neun. Toby in den Hinterkopf zu schießen und zuzusehen, wie sein Schädel platzte und sein Gehirn sich auf dem Waldboden verteilte, war eine schreckliche Vorstellung. Ich sagte Tom, sie solle im Haus bleiben, aber sie wollte nicht. Sie wollte mich begleiten, denn sie wusste, dass ich ein wenig Unterstützung gut gebrauchen könnte. Ich versuchte nicht lange, sie umzustimmen.
    Tom holte die Schaufel, mit der wir Toby später beerdigen wollten, und legte sie sich über die Schulter. Wir zogen Toby auf dem Karren hinter uns her, er jaulte und wimmerte, aber nach einiger Zeit wurde er still. Er lag auf dem Karren, den wir vor uns her schoben, sein Rücken war etwas verdreht. Er hatte den Kopf gehoben und schnüffelte. Man sah ihm an, dass er etwas witterte. Toby hatte so eine bestimmte Art, den Kopf zu halten, wenn er ein Eichhörnchen witterte, er deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der der Geruch kam, dann rannte er wie der Blitz los und bellte. Daddy meinte, das sei Tobys Art, uns wissen zu lassen, in welche Richtung die Spur führte, wenn Toby selbst längst außer Sichtweite war.
    Jetzt, auf dem Karren liegend, deutete Toby wieder mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung: er hatte eine Spur
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