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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
Autoren: Joe R. Lansdale
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aufgenommen. Mir war klar, was wir tun mussten, aber um die Sache hinauszuzögern, beschloss ich, Toby nachzugeben.
    Wir schoben ihn in die Richtung, in die er wollte, und bald kamen wir zu einem schmalen, mit Kiefernnadeln übersäten Pfad. Toby bellte wie verrückt, und wir schoben den Karren nahe an einen Hickorybaum. Ganz oben in den Ästen saßen zwei große fette Eichhörnchen. Ich schoß alle beide, warf sie zu Toby in den Karren und wartete, bis Toby wieder anschlug.
    Es war ziemlich anstrengend, den Karren kreuz und quer über den unebenen Boden zu schieben, aber wir taten es trotzdem und vergaßen darüber, weswegen wir eigentlich in den Wald gekommen waren.
    Als Toby schließlich aufhörte zu wittern, fing es bereits an, dunkel zu werden. Wir waren mitten im tiefsten Wald, mit einer stattlichen Beute von sechs Eichhörnchen. Toby lag auf dem Karren, und obwohl er tödlich verletzt war, hatte ich ihn nie besser jagen sehen als heute. Es war, als wisse Toby, was ihm bevorstand – als wollte auch er die Dinge durch eine Eichhörnchenjagd aufschieben.
    Wir stellten den Karren ab und setzen uns unter einen Roten Eukalyptusbaum. Die Sonne fiel durch die Bäume und sah aus wie eine große dicke Pflaume, die im Fallen aufplatzt. Die ersten Schatten umstellten uns wie dunkle Gestalten. Wir hatten keine Lampe mitgenommen, und der Mond stand noch nicht hoch.
    »Harry«, sagte Tom, »was wird jetzt mit Toby?«
    »Er sieht nicht aus, als hätte er noch Schmerzen«, sagte ich. »Und außerdem hat er sechs Eichhörnchen aufgespürt.«
    »Ja«, sagte Tom, »aber sein Rücken ist trotzdem gebrochen.«
    »Wahrscheinlich schon«, sagte ich.
    »Wir könnten ihn hier irgendwo verstecken und jeden Tag herkommen und ihn füttern«, schlug Tom vor.
    »Keine gute Idee. Er wäre allem und jedem ausgeliefert, und die verdammten Zecken würden ihn bei lebendigem Leib auffressen.«
    Ich kam darauf, weil ich selbst am ganzen Körper zerstochen und zerbissen war und ahnte, dass ich zu Hause eine ganze Weile mit einer Pinzette und einer Menge Kerosin unter einer Lampe verbringen und versuchen würde, die Zecken zu entfernen, die sich überall in meinen Körper verbissen hatten. Im Sommer machten Tom und ich das so gut wie jeden Abend. Die Zecken saßen auf den Büschen und warteten auf ihre Beute, sie waren so viele und so groß, dass die Zweige sich unter ihnen bogen. Es gab außerdem viele Stechfliegen, insbesondere am Flussufer, und auch die waren zahlreich und hungrig. Manchmal, am späten Nachmittag, zogen sich Moskitoschwärme wie dicke schwarze Wolken über dem sumpfigen Flussufer zusammen.
    Um die Zecken loszuwerden, wickelten wir uns immer kerosingetränkte Lappen um die Fesseln, aber das führte zu nichts, außer dazu, dass die Viecher sich nicht auf die Läppchen setzten, aber sonst überall hin. Die Zecken fanden immer ihren Weg durch die Kleidung in die Haut, sie nisteten sich in den intimsten Stellen des Körpers ein, saugten Blut und hinterließen rote Schwellungen.
    »Es wird dunkel«, sagte Tom.
    »Ich weiß.«
    Ich guckte auf Toby. Man sah nicht mehr als ein seltsames Bündel da auf dem Karren, zugedeckt von der Dunkelheit. Als ich ihn ansah, versuchte Toby, mit dem Schwanz zu wedeln, er schlug ein paarmal auf den hölzernen Boden des Karrens.
    »Ich glaube nicht, dass ich das kann«, sagte ich. »Ich glaube, wir sollten ihn wieder zu Daddy bringen, damit er sieht, wie viel besser es ihm geht. Vielleicht ist sein Rücken gebrochen, gut – aber seinen Kopf kann er bewegen und seinen Schwanz jetzt auch wieder, also ist nicht sein gesamter Körper gelähmt. Er muß nicht sterben.«
    »Daddy sieht das anders, fürchte ich.«
    »Kann sein, aber ich kann ihn nicht einfach erschießen, ohne ihm noch eine Chance zu geben. Verdammt, er hat sechs Eichhörnchen aufgespürt! Wir nehmen ihn wieder mit.«
    Wir standen auf, und in dem Moment wurde uns klar, dass wir keine Ahnung hatten, wo wir waren. Wir waren so beschäftigt damit gewesen, die Eichhörnchen zu jagen und Tobys Fährten zu folgen, dass wir sehr weit in den Wald geraten waren und nichts, aber auch gar nichts wiedererkannten. Angst hatten wir nicht, natürlich nicht – jedenfalls noch nicht. Schließlich trieben wir uns jeden Tag im Wald herum. Aber jetzt wurde es dunkel, und diese Stelle hier kannten wir nicht.
    Der Mond stand jetzt etwas höher, und ich fing an, herumzuspekulieren. »Wir müssen da lang«, sagte ich. »In der Richtung kommen wir irgendwann zum Haus,
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