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Die Virus-Waffe

Die Virus-Waffe

Titel: Die Virus-Waffe
Autoren: James Barrington
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alte Auto-
    reifen dienten als Fender. Dennoch war sie ein gut ausges-
    tattetes Boot. Sie hatte einen Gardner-Dieselmotor, Radar,
    ein Echolot und sogar ein GPS-Gerät an Bord.
    Letzteres hatte Spiros von einem seiner zahlreichen Nef-
    fen zu Weihnachten geschenkt bekommen. Nur aus die-
    sem Grund hing es noch am Schott im winzigen Steuer-
    haus. Er hatte es nie benutzt und würde das auch nie tun.
    Er kannte die Gewässer um Kreta wie seine Hosentasche
    und musste fast nie eine Seekarte zu Rate ziehen. Ein Blick
    auf das kleine Display des GPS-Systems wäre Spiros wie
    das Eingeständnis einer Niederlage vorgekommen.
    Obwohl Kreta eine der meistbesuchten Inseln des Mit-
    telmeers ist und jedes Jahr über zwei Millionen Touristen
    anzieht, ist die Insel bei Tauchfanatikern und Freizeittau-
    chern nicht sonderlich beliebt. Abgesehen von der Strafe
    von bis zu hundertfünfzigtausend Euro, die droht, wenn
    man beim Tauchen ohne Lizenz erwischt wird, thront Kre-
    ta auf dem Gipfel eines unterseeischen Berges. Obwohl der
    größte Teil seiner Küste exzellente Badestrände aufweist,
    fällt der Meeresgrund sehr steil bis in Tiefen von mehreren
    hundert Fuß ab.
    Und wenn Kreta schon bei Tauchern nicht sehr beliebt
    ist, gilt das umso mehr für Gavdopoúla und Gávdos. Diese
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    Inseln etwa zwanzig Meilen südlich von Kreta sind die ein-
    zigen überseeischen Erhebungen eines weiteren unterseei-
    schen Berges und geradezu winzig. Gávdos ist mit fünf
    Meilen Länge und drei Meilen Breite die größere der bei-
    den. Wie vor Kreta selbst fällt auch hier der Meeresboden
    jäh bis zu einer Tiefe von tausend Fuß ab. Auf der Insel le-
    ben fünfzig Seelen, während Gavdopoúla nur von einer
    Ziegenherde bewohnt wird.
    Doch Gavdopoúla und Gávdos verbindet ein Sattel, ein
    Stück Meeresboden, der in einer durchschnittlichen Tiefe
    von nur knapp hundert Fuß unter dem Meeresspiegel ver-
    läuft. Genau dort hatte Aristides das Wrack gefunden.
    Als er es zum ersten Mal sah, hatte er nicht erkannt, was
    es war. Im mächtigen Strahl seiner Unterwasserlampe
    schwankte der massive, rechteckige Umriss leicht in der
    Strömung. Er war von braungrünen Seegewächsen über-
    zogen. Dennoch fiel er Spiros auf, und zwar weniger wegen
    seiner Beschaffenheit als wegen seiner Lage.
    Normalerweise ist die Sicht im Mittelmeer ziemlich gut,
    aber in einer Tiefe von fünfundachtzig Fuß ist das Licht
    grau und diffus. Spiros Aristides konnte nur das deutlich
    erkennen, was sich im Lichtkegel seiner Lampe befand.
    Und was er sah, verwirrte ihn. Denn offenbar handelte es
    sich um die Reste einer Flugzeugkabine.
    Aristides verstand zwar nicht viel von Flugzeugen, aber
    er erkannte einen Privatjet, wenn er ihn direkt vor der Na-
    se hatte. Beziehungsweise das, was davon übrig geblieben
    war.
    Er hatte das Wrack am Nachmittag zuvor entdeckt und
    vermutete, dass hier mehr zu holen war. Doch er benötigte
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    drei ausführliche Tauchgänge, bis er die Reste der Kabine
    lokalisieren konnte. Den abgerissenen Teil des Flügels fand
    er zuerst. Ein Ende hatte sich in den Sand gegraben, und
    das andere deutete in stummem Flehen Richtung Wasser-
    oberfläche. Spiros fand Trümmer verbogenen Metalls und
    einen schweren Brocken aus korrodiertem Stahl und Alu-
    minium, in dem er die Reste eines Triebwerks vermutete.
    Erst als er zwischen den Felsen fünfzig Meter südlich des
    Flügels suchte, stieß er auf die Kabine. Und selbst da hätte er sie fast übersehen.
    Sie war vollkommen von Algen überwuchert und sah
    aus wie ein ganz normaler Felsen. Doch Aristides’ geschul-
    tes Auge bemerkte die drei mehr oder weniger regelmäßi-
    gen Umrisse an der Seite, die einmal Fenster gewesen wa-
    ren.
    Bevor er weitermachte, hatte er einen prüfenden Blick
    auf sein Chronometer geworfen. Eine weitere Erkundung
    des Wracks würde warten müssen. Er schlang ein Seil
    durch zwei angrenzende Löcher des Rumpfs, sicherte es
    mit einem einfachen Knoten und band das andere Ende an
    einen seiner Hebeballons. Er füllte ihn mit verbrauchter
    Luft aus seiner Sauerstoffflasche, bis er genug Auftrieb hat-te und etwa zwanzig Meter über dem Wrack im Wasser
    schwebte. Er würde ihm als Orientierungspunkt bei sei-
    nem nächsten Tauchgang dienen.
    Die Front des Rumpfes war abgerissen. Durch die breite
    Öffnung spähte Aristides jetzt ins Innere. Die Luftblasen,
    die er ausatmete, stiegen schäumend um ihn herum auf
    und bildeten eine silbrige Traube in der Mitte des
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