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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels
Autoren: Joseph Gelinek
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offengelegt hatte, dass er mit einer Neonaziorganisation namens FAS – Frente Anti Semita, also antisemitische Front – sympathisierte. Perdomo würde es Elena, die mittlerweile seine Lebensgefährtin war, niemals gestehen, aber er war derjenige gewesen, der die Presse darauf angesetzt hatte, Lledós Verbindungen zu den Neonazis zu recherchieren. Infolgedessen hatte der Streit zwischen der Posaunistin und dem Dirigenten nicht vor Gericht geendet. Nun da Lledó nicht mehr künstlerischer Leiter des Nationalorchesters war, konnte Elena ihren verdienten Platz als Erste Posaunistin des Orchesters wieder einnehmen. An diesem Abend hatte sie jedoch frei, da es sich um ein Konzert für Streichorchester handelte.
    Als sie sich allmählich dem Auditorio näherten, erspähte Gregorio die Stelle, an der seine Mutter immer den Wagen abgestellt hatte, wenn sie gemeinsam Konzerte besucht hatten. Er wollte seinen Vater schon darauf aufmerksam machen, doch der kam ihm zuvor.
    »Ich weiß, ich weiß: Mamas Stelle. ›Mein Versteck‹, nicht wahr?«
    Gregorio lächelte nur, und Perdomo erklärte Elena, sie könne den Wagen trotz des Halteverbots ruhig dort abstellen, denn es sei mehr als erwiesen, dass die lokale Polizei dort niemals Knöllchen verteilte.

    Auf der Plaza de Rodolfo y Ernesto Halffter, von der aus man in den Konzertsaal des Auditorio gelangte, drängten sich schon unter normalen Umständen in den letzten Minuten vor Konzertbeginn die Menschen, doch an diesem Abend war der Tumult noch größer als sonst, so dass der Platz Perdomo wie der Rastro, der große Madrider Trödelmarkt, zur Stoßzeit vorkam. Inmitten der Konzertbesucher entdeckte er plötzlich Natalia de Francisco, die Freundin von Lupot, die in Begleitung ihres Mannes Roberto Clemente zum Konzert gekommen war. Man stellte einander vor, und dann erklärte Natalia de Francisco Perdomo, dass große Verwirrung bezüglich des Konzertbeginns herrsche. Ein Türsteher sagte, der Beginn werde sich aus bisher unbekannten Gründen um eine Stunde verzögern, doch einige Konzertbesucher meinten, Suntori Goto habe einen mysteriösen Unfall gehabt, und das Konzert werde auf einen anderen Tag verschoben.
    »Am besten«, schlug Natalia de Francisco vor, »wir warten ein Weilchen, bis man eine offizielle Erklärung herausgibt. Unterdessen könnten wir im Intermezzo etwas trinken.«

    Kurz darauf plauderten die beiden Geigenbauer in der Bar mit Perdomo, Elena und Gregorio, und wie nicht anders zu erwarten, kreiste das Gespräch – oder besser gesagt, der Monolog des Inspectors – um das Verbrechen, das sich im vergangenen Jahr ereignet hatte.
    »Hier sehen Sie«, sagte Perdomo stolz und legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter, »die Person, die die musikalische Botschaft entschlüsselt hat, mit der Rescaglio Larrazábal in den Chorsaal gelockt hatte. Die Ermittlungen haben ergeben, dass sie und ihr Verlobter sich in ihrer Jugend gezwungen sahen, sich eine Geheimsprache auszudenken, in der sie sich verständigen konnten, da Larrazábals Mutter sehr gegen die Freundschaft gewesen war. Die beiden tauschten verschlüsselte Botschaften aus, die als unverfängliche Partituren getarnt waren, zu denen Doña Esther keinen Zugang hatte. Dieses Spiel, das erdacht worden war, damit die beiden ihre Privatsphäre wahren konnten, haben sie einfach zum Vergnügen auch als Erwachsene weitergespielt – sie hatten Spaß daran, sich in einer Sprache zu verständigen, die für alle anderen unverständlich war. Am Tag des Konzerts hat Rescaglio Larrazábal eine solche Partitur in der Garderobe hinterlassen. Die zwei waren so geübt in ihrer Geheimsprache, dass sie nicht einmal mehr die Notenköpfe auf dem Papier verbinden mussten, um die Botschaften zu verstehen. Wegen dieser Partitur hat Larrazábal geglaubt, Rescaglio würde im Chorsaal auf sie warten, damit sie einen Moment für sich allein hätten. Von Carmen Garralde wissen wir, dass Larrazábal vor dem Konzert gerne Sex hatte. Sie sagte, so würde sie energiegeladen auf die Bühne gehen. Da sie sich am Abend ihrer Ermordung in ihrer Garderobe mit Agostini unterhalten hat, hatte Rescaglio die perfekte Ausrede, den Liebesakt bis nach dem Konzert zu verschieben. Er ist zu ihr in die Garderobe, um ihr Glück zu wünschen, und hat ihr die als Partitur getarnte Botschaft dagelassen, in der er sie einlud, im Chorsaal das zu tun, wozu sie vor dem Konzert in der Garderobe keine Gelegenheit hatten.«
    »Aber wie kommt es, dass sie ihre
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