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Die vier Söhne des Doktor March

Die vier Söhne des Doktor March

Titel: Die vier Söhne des Doktor March
Autoren: Brigitte Aubert
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Tagebuch entspricht keiner von den anderen. Das verstehe ich nicht. Ich habe gründlich nachgesehen, aber keine der Handschriften entspricht ihr. Er muß sich verstellen, wenn er schreibt. Ich fühle mich besser, weil ich Joe seine Knarre abgekauft habe. Die hat mich zwei Drittel meines Gehalts gekostet, aber jetzt liegt sie geladen unter meinem Kopfkissen. Ich habe auch ein Buch über Psychologie gekauft; das ist schwierig zu lesen, eher was für gebildete Leute, aber wie auch immer, ich werde ein oder zwei Kapitel lesen, das hilft mir vielleicht. Jetzt bin ich bereit, dir die Stirn zu bieten, du mickriges Dreckschwein.
    Das Buch ist spannend. Ich habe gerade gelernt, daß diese Irren manchmal zwei Persönlichkeiten haben, das heißt, in ihrem Kopf existieren zwei Personen, ohne daß die eine etwas von der anderen wüßte. Das ist bei ihm nicht der Fall, denn er weiß, daß er ein Mörder ist und gleichzeitig der Sohn des Doktors. Ich habe auch gelernt, daß die Verrückten manchmal eine Schrift für ihr normales Leben haben und eine Schrift für ihr Irrenleben, eine »Krisenschrift« sozusagen. Ich habe einen kräftigen Schluck Gin getrunken, um das zu feiern. Der wärmt mich. Ich falle fast um vor Müdigkeit.
    In meinem Kopf dreht sich alles.
    Kein Zweifel, Bildung hat gewisse Vorteile, nicht wahr, Jeanie, mein Mädchen? Übrigens, wenn du studiert hättest, wärst du heute nicht darauf angewiesen, einen Hungerlohn damit zu verdienen, die schmutzige Wäsche von anderen Leuten zu waschen. In der Zeitung schreiben sie, daß die Untersuchungskommissare eine Spur haben. »Die Spur des Triebtäters«! Dieser Regen geht mir auf die Nerven. Das Haus ist still, wenn die Jungs weg sind. Ich habe weniger das Gefühl, einen Revolver im Rücken zu haben. Sie sind ins Konzert gegangen. So ein Rockding in der Vorstadt.
    Monsieur ist ausnahmsweise zu Hause. Er liest irgendeinen Doktorkram. Sie strickt eine senffarbene Scheußlichkeit für Clark.
    Ich glaube, ich muß noch mal ganz von vorne anfangen. Er muß doch einen Fehler gemacht haben. Es reicht, daß ich ihn beobachte. Und daß ich aufpasse.
    Tagebuch des Mörders
    Clark hat sein Spiel gewonnen. Um das zu feiern, hat uns Papa Eintrittskarten für das Konzert spendiert. Wir waren gestern abend dort. Es war nicht schlecht. Wir haben uns ganz gut amüsiert und mit netten Mädchen geflirtet. Aber Clark war müde und mußte außerdem noch eine Akte studieren, deshalb sind wir nicht weitergegangen. Und Jack hatte früh schon Unterricht. Mir sind Mädchen sowieso egal. Ich finde das nicht interessant. Ich kann nicht verstehen, wie man es genießen kann, dieses weiche Fleisch zu befummeln. Ich ziehe dich vor, und zwar bei weitem, mein liebes kleines Tagebuch, du bist wenigstens folgsam und freundlich und sauber.
    Ich kann dir alles sagen, was ich möchte, ich kann dich an mich drücken, dich liebkosen, dich zerreißen, wenn ich will, dich in meiner Hand zerknüllen, dich mit meiner Zunge berühren, dich an meinem … reiben. Bis. Du bist nicht feucht, wie die Mädchen, du versuchst nicht, mich dazu zu bringen, Schweinereien zu machen. Du bist wie ein kleiner, sehr netter Bruder, du gehörst mir.
    Jemand geht durch den Flur. Das sind die Schritte von Mama. Sie strickt einen senffarbenen Pulli für Clark. Wir sind alle in unseren Zimmern und warten auf das Abendessen. Offenbar hat  Jeanie Verspätung, wir werden wieder mal zu einer unmöglichen Zeit essen.
    Heute nacht habe ich von Karen geträumt. Ich habe geträumt, daß mein Zimmer voller Blut ist. Es war kalt, die Sonne war von Eis bedeckt. Mama weinte. Papa wollte mich mit einem Säbel töten. Auch Jeanie war da, die mir sagte, daß ich ein gemeiner Kerl sei, sie zeigte auf etwas unter dem blutroten Eis, ich sah die Adern an ihrem Hals pulsieren, das hat mich aufgeweckt. Jeanie ruft, das Essen ist fertig. Wir gehen runter.
    Jeanies Tagebuch
    Heute abend beim Essen habe ich alle genau angesehen. Mir war nie aufgefallen, daß Clark so einen verwirrten Blick hat. Wie die Typen, die spritzen. Obwohl er sportlich und kräftig ist: Es würde mich wundern, wenn er Drogen anrührte. Jack wurde von seinem Vater zweimal ermahnt, weil er nicht hörte, was er gefragt wurde. Er blickte ins Leere und lächelte still vor sich hin. Mark hat blöde Bürogeschichten erzählt, aus denen hervorgeht, daß er die ganze Arbeit machen muß. Stark hat den Mund nicht aufgemacht. Er hatte Bauchschmerzen, rannte zweimal auf den Lokus und hat danach für
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