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Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verstummten: Thriller (German Edition)
Autoren: Stephanie Fey
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letzter Blick in den Betonkranz tief unten, wo sie die präparierte Tote abgelegt hatte. Der Geruch des rauschenden Flusses stieg ihr in die Nase. Das letzte Schiff hatte die Strecke schon vor Stunden passiert. Iris schwankte, bis sie auf den Brettern voller Kies und Betonresten wieder festen Tritt fand. Es begann zu nieseln. Noch einmal, ein letztes Mal, drückte sie auf die Leuchttaste ihrer Uhr mit den kleinen Steinanhängern, die ihr Michael vor zwei Wochen zur Verlobung geschenkt hatte. Das Zifferblatt war nur daumennagelgroß, sie strich darüber und wischte einen Regentropfen ab. Die Uhr glich eher einem verspielten Armband, war vermutlich nicht stoßfest und passte überhaupt nicht zu der Frau, die sie vor Michael gewesen war. Zwei Uhr siebenundfünfzig. Noch drei Minuten. Die Koordinaten 49° 54 ʹ 12.5 ʹʹ N, 9° 48 ʹ 40 ʹʹ O hatte sie ihnen im Schwedenhäuschen hinterlegt. Der Regen wurde dichter, machte sie unsichtbarer. Bald würde von ihr nichts mehr übrig sein, wie auch immer sie geheißen hatte. Schon als Kind war ihr richtiger Name hinter all den Fantasienamen, die sie sich selbst gegeben hatte, verschwunden. Was blieb, wenn man ein Niemand war? Nichts? Sie hörte ein Flattern in der Dunkelheit, vermutlich war am Ufer eine Ente aufgeflogen. Sie musste lächeln, als sie an Karl Valentin dachte und seinen Ententraum. Das Stück hatte sie schon lange nicht mehr gelesen. Wie ging das doch gleich? Ich träumte, ich sei eine Ente, oder war ich eine Ente, die träumte, sie sei ein Mensch? Sie sah in den Abgrund, hörte das Wasser des Mains tief unter sich rauschen. Endlich blitzten am Ufer die Lichter zweier Autos auf. Sie schlüpfte in den gepunkteten Regenmantel und zog den Reißverschluss zu. Kies knirschte, ein dritter Wagen rollte von der anderen Seite zwischen Zementlastwagen und Baustellenfahrzeugen auf die Brücke. Typisch Salamander, er nahm den direkten Weg und durchfuhr die Absperrung, durch die auch sie gekommen war. Sie hatte gehofft, dass er als Erster hier sein würde, und er hatte ihren Wunsch erfüllt. Seine Wut musste am größten sein. Die Waffengefährtin, der er vertraut hatte, falls das bei Salamander überhaupt möglich war, hatte ihn gelinkt und erpresste ihn nun. Sie drohte an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn er nicht zahlte, und würde alles ausplaudern wie ein Marktweib. Scheinwerferlicht fiel auf sie. Er schoss sofort, traf zielgenau ihre Brust, noch bevor Krallinger, Felix und Calimero aus ihren Autos gestiegen waren. Sie fiel in die Tiefe.

73.
    Zwei Wochen später
    Carinas Sachen waren schnell gepackt. Mexiko. Ein Kribbeln breitete sich in ihrem ganzen Körper aus. Sie hatte nicht geglaubt, dass sie dieses Land und ihre mexikanischen Freunde so schnell wiedersehen würde. Ihre Türklingel ertönte. Besuch erwartete sie keinen, und vor allem musste sie in fünf Minuten zur S-Bahn. Sie drückte auf den Summer, tranknoch einen Schluck, drehte dann den Wasserhahn extra fest zu und schloss überall die gekippten Fenster. Ein letztes Mal spähte sie durch das Turmfenster über die Silhouette Münchens und auf die Straße hinunter. Vor dem Haus parkte ein Umzugswagen. Anscheinend zog irgendjemand im Haus schon wieder um, noch bevor sie ihn oder sie kennengelernt hatte. Nur noch Wandas altes Sofa stand in ihrer Wohnung herum, weitere Möbel besaß sie noch keine, und die Isomatte und den Schlafsack nahm Carina mit nach Mexiko. Vielleichtwürde sie sich nach ihrer Rückkehr endlich nach einem Herd umsehen, um sich abends selbst etwas kochen zu können.
    »Hier sind wir also!« Wanda, vollbepackt mit Rucksack und mehreren Handtaschen über den Armen, stellte eine Ladung Kartons ab. »Puh. Ich wusste gar nicht mehr, dass es hier keinen Aufzug gibt. Na ja, ich werd mich dran gewöhnen. Dann kann ich mich im Fitnessstudio abmelden, spart auch was. Ralf bringt gleich den Rest rauf.«
    »Welchen Rest?« Carina begriff nicht. »Was willst du hier mit all den Sachen?«
    »Sag bloß, du hast vergessen, dass wir aus der Wohnung rausmussten. Eigenbedarf. Du hast mir doch deine Hilfe angeboten. Schau, das war gar nicht nötig. Ralf arbeitet bei einer Umzugsfirma, er hat heute den Wagen gekriegt, und da haben wir gleich … «
    »Das ist nicht dein Ernst.« Carina wollte gar nicht wissen, wer Ralf war und in welcher Beziehung ihre Schwester zu ihm stand. »Du kannst hier nicht wohnen, ausgeschlossen.«
    »Jetzt beruhig dich. Ist doch nicht für lange. Ralfs Eltern haben ein Ferienhaus am
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