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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen
Autoren: Ursula Poznanski
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Lasst sie hier draußen sterben .
    Ja, er wusste es. Und er wollte uns noch ein wenig Zeit schenken, ohne zu wissen, dass seine eigene schon im Begriff war, abzulaufen.
    Sandor zieht mich an sich, damit wir nebeneinander durch einen der engen Tunnel passen, doch ich spüre es kaum, ich setze weitere Puzzleteile zusammen. Baue mir ein Bild davon, wie die Dinge abgelaufen sein könnten.
    In Neumünster erkranken die Menschen, einer nach dem anderen. Die Sphäre meldet die Ereignisse nach draußen, beschreibt die Symptome, den Verlauf, die Folgen. Der Sphärenbund stellt die Magnetbahnverbindung ein, aber Kommunikation mit Neumünster wird noch länger bestanden haben. Sie finden heraus, wer als Erstes erkrankt ist, stellen fest, es war jemand, der als kleines Kind entführt wurde. Einem schlauen Kopf fällt die Geschichte rund um die verräterischen Wissenschaftler wieder ein, die Dhalion entwickelt haben.
    Jetzt werden Datenlisten gewälzt. Wo kam der Träger des verhängnisvollen Virus her? Wer kam aus der gleichen Gegend, vom gleichen Clan? In Windeseile wird mit Untersuchungen begonnen. Die Sphären haben zwar kein Mittel gegen den Erreger, aber offenbar können sie ihn nachweisen. Und sie werden fündig, da und dort, und besonders an der Akademie, wo mehr Leute im entscheidenden Alter leben als anderswo. Bei den älteren Entführungsopfern finden sie kein Virus im Blut, nur bei denen, die zwanzig Jahre oder jünger sind. Die Betreffenden müssen getötet werden . Am besten so, dass man es den Clans in die Schuhe schieben kann.
    Wie viel davon hat Fleming gewusst? Alles? Oder nur, dass wir mit unserer Infektion eine tödliche Gefahr für die Sphären darstellen?
    Sandors Arm liegt fest um meine Schulter und der Lichtschein seiner Lampe bohrt ein helles Loch in die Dunkelheit vor uns. Ich erinnere mich, dass es einen Moment gegeben hat, in dem ich ihn verdächtigt habe, Flemings Mörder zu sein, obwohl es viel wahrscheinlicher schien, dass er einem Sentinel zum Opfer gefallen war. Einem von denen, die es zuvor schon auf Tycho und mich abgesehen hatten.
    Doch nun beginnt ein neuer hässlicher Gedanke in mir zu wachsen, wie eine Pflanze, die stachelige Äste von sich spreizt. Was, wenn Fleming die Absicht hatte, uns reinen Wein einzuschenken? Hat er dieses Vorhaben mit Quirin besprochen, ausgerechnet? Die Waffe, die zwischen Flemings Rippen steckte, war ein Sentinel-Messer mit ausgetauschtem Griff, das jedem hätte gehören können. Und dann waren da noch die roten Flecken auf Quirins hellem Ärmel, die ich am gleichen Abend bemerkt habe, ohne einen weiteren Gedanken an sie zu verschwenden. Er hatte unseren toten Freund noch untersucht, bevor sie ihn weggebracht haben.
    Vielleicht aber hat er viel mehr getan als das.
    Sandor fängt mich, als ich stolpere. »Wir sind gleich da.«
    Es ist eine gewundene, eiserne Treppe, die unter den klaren Sternenhimmel führt. Ein beinahe voller Mond legt Silberschleier über Ruinenhügel und einen jungen Wald, der leise im Wind singt.
    Ich trage immer noch die dünne Uniform der Pflegehelfer und fröstle, obwohl die Temperatur erträglich ist. Im nächsten Moment liegt Sandors schwerer Wolfspelzumhang um meine Schultern.
    »Gefällt es dir hier?«
    »Ja, es ist wunderschön.«
    Wir finden einen Platz unter einer Tanne, die ihren harzigen Duft in die Nacht verströmt. Ich wünschte, ich könnte das alles einfach genießen.
    »Ich dachte, wir würden nie wieder ein Wort miteinander sprechen«, sagt Sandor in mein Haar. »Es tut mir so leid, dass ich keinen klügeren Weg gefunden habe, aber –«
    »Es war das Beste, was du tun konntest«, unterbreche ich ihn. »An unserer Akademie hätten die Mentoren dir nur für diesen einen Stoß mindestens fünf Punkte gegeben. Strategisches Geschick wurde immer gewürdigt.«
    Ich spüre, wie er mich von der Seite ansieht und abzuschätzen versucht, ob ich es ernst meine.
    Mit den Fingerspitzen streiche ich über seine gespaltene Augenbraue. »Du konntest mir nicht verraten, was Quirin dir mitgeteilt hatte, und du konntest ihn nicht um den Impfstoff bitten. Trotzdem hast du einen Weg gefunden, mich zu retten. Vilem hätte es bei der Wahl seines Nachfolgers nicht besser treffen können.«
    Seine Hände schließen sich um meine. »Es gibt diesen Eid, weißt du: den Clan zu schützen und seine Geheimnisse zu wahren. Das habe ich geschworen, bevor ich wusste, worin diese Geheimnisse bestehen. Und jetzt trage ich sie mit mir, solange ich lebe.«
    Der
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