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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen
Autoren: Ursula Poznanski
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geräuschvoll aus. Seine rechte Hand liegt auf dem Marmorgeländer, zitternd. »Du bist zurückgekommen.«
    So viele widersprüchliche Emotionen in seiner Stimme: Erstaunen, Ungläubigkeit, Verunsicherung.
    Mein Mund ist trocken, die Bilder unserer letzten Begegnung toben in meiner Erinnerung. Die Hecke, der Stoß.
    Jetzt solltest du mich hassen können.
    Ich überwinde die Stufen, die uns noch voneinander trennen, und sehe, wie er zurückweicht. Nicht weil er fürchtet, dass ich ihn angreifen könnte, sondern um mich zu beruhigen. Ich muss keine Angst haben, er wird mir nichts tun, diesmal nicht.
    Ich nehme seine Hand, streiche über die raue Innenfläche. Gehe noch einen Schritt näher und lege meine Stirn an seine Schulter.
    Sandors Verwirrung ist spürbar. Er muss damit gerechnet haben, dass ich ihn höchstens voller Abscheu ansehen werde, falls wir uns jemals wieder begegnen sollten. Langsam legt er seine Arme um mich, so behutsam, als könnte jede unvorsichtige Berührung mich verletzen. Ich höre, wie er schluckt.
    »Es ist gut«, sage ich leise. »Ich weiß es.«
    Nun hält er mich auf Armeslänge von sich weg. Forscht in meinem Gesicht. Sein Kopfschütteln ist kaum wahrnehmbar.
    »Doch«, antworte ich auf seinen unausgesprochenen Einwand hin. »Ich weiß es. Und ich werde jetzt mit Quirin sprechen.«
    Er verengt die Augen, glaubt ganz offensichtlich an einen Irrtum. Woher sollte ich ihr Geheimnis auch erfahren haben?
    Wie sehr ich sein Gesicht vermisst habe. Ich nehme es zwischen die Hände und bedecke seine Lippen mit meinen.
    Ein zeitloser Moment verstreicht und am Ende bin ich es, die sich von ihm löst.
    »Du hattest einen Eid geleistet, nicht wahr? Und trotzdem hast du für mich getan, was du konntest. Ich weiß, wie zornig Quirin darüber war.«
    In Sandors Augen sehe ich meine Vermutungen bestätigt. Ich habe mich nicht geirrt.
    »Quirin ist hier, oder?« Ich wende mich dem Tor zu, an dessen Schwelle Fiore steht, offensichtlich verwirrt von dem, was sie gerade gesehen hat. Sandor will mir folgen, aber ich schüttle den Kopf. »Nein. Das muss ich mit ihm allein klären.«
    Ich werde die Überraschung auf meiner Seite haben. Hinter der massiven Tür und den dicken Steinwänden hat Quirin mich wohl kaum gehört.
    Sandor hält Fiore zurück, die mir ebenfalls folgen will, und öffnet die Tür für mich. Schließt sie dann behutsam und fast lautlos, nachdem ich hindurchgeschlüpft bin.

38
    Auf den ersten Blick kann ich Quirin nicht sehen. Er sitzt nicht an seinem Arbeitstisch in der Mitte des Ovals, das das Zentrum der Halle bildet, er steht an keinem der hohen Fenster.
    Dann sehe ich etwas Weißes, eine fließende Bewegung in einer der Nischen. Wir haben einander im gleichen Moment entdeckt.
    Mein Herz schlägt fast schmerzhaft stark, als wollte es mich zur Tür zurücktreiben. Noch kann ich Quirins Gesicht nicht erkennen, es liegt im Schatten, aber er hat es mir zugewandt.
    »Das ist eine Überraschung«, sagt er langsam.
    »Ja, nicht wahr? Und keine angenehme, befürchte ich.«
    Er tritt ins Licht einer der wenigen Lampen, die in der Halle brennen. Noch weiß er nicht, wie er die Situation einschätzen soll, mein Auftauchen kann Verschiedenes bedeuten. Vielleicht sogar, dass sein Plan aufgegangen ist.
    Ich halte seinem Blick stand und verschließe meine Züge. Emotionskontrolle. Quirin soll weder meine Wut noch meine Unsicherheit sehen. Ich werde das Wort nicht als Erste ergreifen.
    Mit einer beiläufigen Handbewegung versetzt er den uralten Globus, der neben ihm steht, in Bewegung. Blau und Grün verwischen zu Schlieren.
    »Sind Aureljo und Dantorian mit dir zurückgekommen?«, fragt er schließlich.
    »Nein.«
    Er lächelt, erleichtert, während ich mir die Fingernägel in die Handflächen bohre.
    »Aber ich werde sie herausholen«, erkläre ich. »Solange noch Zeit ist.«
    »Zeit wofür?«
    Das wachsame Aufblitzen in seinen Augen ist mir nicht entgangen. »Das weißt du genau.«
    Er kräuselt die Stirn und verschränkt die Arme. Beinahe kaufe ich ihm sein ratloses Kopfschütteln ab. »Nein. Ich fürchte, du wirst mir auf die Sprünge helfen müssen.«
    Also gut, dann eben so. Ich ordne meine Gedanken, sortiere sie in sicheres und unsicheres Wissen, markiere im Geist die Stellen der Geschichte, die Quirin für mich klären soll. Dann spiele ich meine erste Karte aus.
    »Erinnerst du dich an den Tag, als ich euch vor dem Gift in den erbeuteten Mehlsäcken gewarnt habe?« Ich warte, bis er nickt. Seine
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