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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
Autoren: S Townsend
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ich William fünfzehn Zentimeter vor dem Fernseher sitzend und die Wiederholung eines Abschlussmanövers von The Rock verfolgend. Dessen Opfer war Booker T. The Rock rammte Booker Ts Kopf durch einen Tisch. Als ich einen Einwand vorbrachte, sagte William: »Pst, Dad. The Rock macht gerade den Pinfall. Wenn das klappt, spaziert er mit dem Meisterschaftsgürtel der WWF aus dem Astrodome.«
    Ich wies William darauf hin, dass Wrestling nichts anderes als eine Sublimierung suberotischer Aktivitäten sei. Diese Kolosse weigern sich, die Wahrheit zu akzeptierendass sie nämlich mehr mit Oscar Wilde gemeinsam haben, als sie jemals wissen werden. William brüllte: »Mann, Dad, jetzt sei schon still!« Ich nahm ihm die Fernbedienung weg und zappte durch die Kanäle, um einen Film mit David Jason zu finden. William schrie, dann hielt er den Atem
an, bis seine Lippen blau wurden. Er holte erst wieder Luft, als ich zurück auf Sky Sports One schaltete.

Sonntag, 26. August
    Pandora behauptet, News of The World sei an sie herangetreten mit dem Auftrag, Jeffrey Archer im Gefängnis zu besuchen und sich – gleich mit welchen Mitteln – seine DNS anzueignen. 10.000 £ wurden erwähnt. Nach reiflicher Überlegung lehnte sie ab.

Samstag, 1. September
    Es steht nicht in meiner Macht, meine Söhne glücklich oder unglücklich zu machen. Ihre Stimmung unterliegt äußeren Kräften. Nämlich dem Sport. Als Glenn sich mit einer Tüte Nachochips und Käsedip vor dem Fernseher niederließ, um sich das Finale Leicestershire gegen Somerset im Kricketpokal Cheltenham and Gloucester Trophy anzusehen, sagte er: »Jetzt fang bloß nicht an hier staubzusaugen, Dad, ich muss mich auf das Spiel konzentrieren.«
    Ich bat ihn, den Ton am Fernseher leiser zu stellen und sich dafür den Kommentar auf Radio 4 anzuhören. »Wenigstens würdest du auf dem Weg ein bisschen gebildete Konversation zu hören bekommen«, meinte ich. Dann holte ich den tragbaren Apparat herüber. Die berühmten Kricketspezialisten Henry Blofeld und Jonathan Agnew unterhielten sich gerade über einen Schokoladenkuchen, den eine Hörerin eingesandt hatte. Dann meinte Blofeld: »Aggers, mein Gutester, du siehst heute unheimlich smart aus.«

    Glenn sah William an und verdrehte die Augen, woraufhin William sich die Fernbedienung schnappte und den Fernseher lauter stellte. Ich nahm das Radio mit in die Küche und fummelte am Regler, bis ich Classic FM gefunden hatte. Zum Klang von Gershwins Rhapsody in Blue machte ich den Abwasch. Das Stück erinnert mich immer an den Ort Skegness. Es lief, als mein Vater meiner Mutter gestand, dass er mit einer anderen Frau ein Kind gezeugt hatte.
    Beim Abtrocknen überlegte ich, wo mein Halbbruder Brett wohl war und was er machte. Er musste inzwischen etwa neunzehn sein. Während der Werbepause kam William aus dem Wohnzimmer, um sich etwas zu essen zu holen und aufs Klo zu gehen. Aber Glenn blieb vor dem Fernseher kleben, stöhnend und gelegentlich grimmig auf den Bildschirm einbrüllend. Ich hörte seinen Verzweiflungsschrei, als Leicestershire verlor. Als ich nach ihm und William sehen ging, weinten beide.
    Später kamen meine Eltern vorbei, um sich das Spiel England gegen Deutschland anzusehen. Als Deutschland nach sechs Minuten ein Tor schoss, rief mein Vater: »Daran ist nur Posh Spice schuld. Ihretwegen überstrapaziert David seine Leistengegend. Man sollte sie vor einem großen Match von ihm fernhalten!«
    Zur Halbzeit fragte ich meinen Vater in der Küche nach meinem Halbbruder Brett Mole. Er antwortete: »Nicht jetzt, Adrian, England führt zwei zu eins.« Nach dem Spiel machte ich noch einen Versuch, aber mein Vater stand völlig neben sich vor lauter fremdenfeindlicher Freude.

Mittwoch, 5. September
    Arthur Askey Way
     
    Es überrascht mich nicht im Geringsten, von Iain Duncan Smiths japanischen Ahnen zu erfahren. Ihm haftet etwas Orientalisches an. Und als er von John Humphrys fürs Radio befragt wurde, waren einige seiner Antworten etwas unergründlich. Vielleicht sollte er sich auf sein Schwert stürzen und dem alten Clarkie als Tory-Chef eine Chance geben. Metaphorisch gesprochen natürlich.
     
    In letzter Zeit lässt mich der Gedanke an meinen Halbbruder Brett nicht mehr los. Wo ist er? Wohnt er noch bei seiner Mutter Doreen Slater, alias Bohnenstange? Wie groß ist er? Ich wünschte, man hätte mich Brett genannt statt Adrian. Bretts erklimmen Berge, spielen Leadgitarre im Wembley Stadion, schleppen schöne Frauen ab
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