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Die verschollene Symphonie

Die verschollene Symphonie

Titel: Die verschollene Symphonie
Autoren: James A. Owen
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Wirklichkeit um dasselbe Huhn handelte – oder die Tiere sich zumindest erstaunlich ähnlich sahen. Daraufhin verwarf sie die metaphysischen Theorien und konzentrierte sich stärker auf wissenschaftliche Mutmaßungen.
    Allem Anschein nach handelte es sich um ein gewöhnliches Huhn. Es wies keinerlei Auffälligkeiten auf, auch wenn die Fähigkeit, grüne Eier zu legen, bei einem Huhn wohl durchaus bemerkenswert wäre; es hatte jedoch keine Möglichkeit mehr, dieses Talent unter Beweis zu stellen. Eigentlich war es nicht das Auftauchen der Hühner an sich, das so merkwürdig und beunruhigend war, sondern ihre Neigung, vor den Augen von Zeugen zu verschwinden.
    Diese Eigenschaft und die Vielzahl von Doppelgängern ließen die Ärztin an ein Wunder denken, denn sie hatte schon einmal etwas Ähnliches erlebt.
    Welche Rolle die Hühner selbst allerdings spielten, konnte sie sich nicht erklären.
    Kurz darauf tauchten die Eier auf.
     

     
    Sie war bereits einen Tag mit den Nachforschungen über das rätselhafte Huhn beschäftigt, als ihr der Direktor der Eidolon-Stiftung Anweisungen bezüglich eines neuen Patienten erteilte. Alle sonstigen Termine auf seinem Zeitplan sollten abgesagt werden, einschließlich seiner regulären Patientengespräche, damit er sich ganz um die bevorstehende Ankunft und die Behandlung des Neuzugangs kümmern konnte. Der Patient sollte mit noch größerer Sorgfalt als üblich beobachtet werden, doch war es seltsamerweise strengstens verboten, ein Gespräch mit ihm zu führen. Außer der Ärztin und einigen ausgewählten Pflegern während der Aufnahme durfte keiner der Mitarbeiter mit ihm in Kontakt kommen, es sei denn, um ihm seine Mahlzeiten zu bringen. Am ungewöhnlichsten war jedoch, dass er nur eine Woche in der Einrichtung bleiben sollte, und das war – soweit sie sich erinnerte – in der Stiftung noch nicht vorgekommen.
    Ihres Wissens nach wurde in die Eidolon-Stiftung niemand nur vorübergehend zur Beobachtung eingeliefert. Die Patienten waren einmalig, unheilbar und blieben auf unbestimmte Zeit. Nur wenige wurden aufgenommen, entlassen wurde niemand. Um das Rätsel des neuen Patienten noch sonderbarer zu gestalten, traf die Patientenakte in einer pflaumenfarbenen Aktenmappe ein, und das bedeutete, dass er im Nordturm untergebracht werden würde.
    Aus einem nicht näher bestimmten Grund kam nur sehr selten ein Patient in den Nordturm. Als die Ärztin ihren Dienst antrat, hielten sich dort gerade einmal vier Patienten auf, von denen einer angeblich schon vor der Gründung der Stiftung im Turm gewohnt hatte. Seit ihrer Ankunft war lediglich ein Patient hinzugekommen. Eine weitere Aufnahme wäre nicht nur ungewöhnlich, sie wäre geradezu erstaunlich. Und der betreffende Patient musste es ebenso sein.
    Ungewöhnlich war auch die Bitte, dass sie während dieser Woche die regulären Patientengespräche im Turm übernehmen sollte. Offenbar verlangte es der Status des neuen Patienten, dass der Direktor nach seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise seine Aufmerksamkeit ganz dem Neuankömmling widmete.
    Normalerweise führte der Direktor persönlich die Gespräche mit den Patienten im Nordturm und kümmerte sich auch um ihre Krankenakten. Ihr eigener Kontakt zu diesen Patienten war nur sehr flüchtig gewesen. Sie sollte sich in der Stiftung vor allem um die Verwaltung kümmern, damit sich der Direktor statt auf Schreibarbeit auf die Behandlung der Patienten konzentrieren konnte. Das würde erklären, warum sie sich so sehr für das rätselhafte Huhn interessierte. Schreibtischjobs waren nie besonders spannend.
    Laut Terminplan sollte der neue Patient am Ende ihrer ersten Runde von Gesprächen eintreffen. Da sie direkte Anweisung erhalten hatte, nicht mit ihm zu sprechen, konnte sie ihn nach der Aufnahme praktisch wieder vergessen und sich erneut der weit interessanteren Aufgabe widmen, das Hühner-Rätsel zu lösen. Außerdem würde er in einer Woche ohnehin wieder verschwunden sein. Ein Patient mehr, ob nun vorübergehend oder nicht, würde innerhalb von nur sieben Tagen ihre Welt wohl kaum wesentlich verändern.
     

     
    Das erste Gespräch auf ihrem Terminplan sollte die Ärztin mit dem letzten Neuzugang führen, einem Patienten, der erst vor zwei Monaten eingeliefert worden war. Es handelte sich dabei um einen prominenten Herausgeber von Boulevardzeitungen, dessen geistiger Zustand vergleichsweise normal und ausgeglichen war – abgesehen von der Tatsache, dass er sich für zweitausend
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