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Die verratene Nacht

Die verratene Nacht

Titel: Die verratene Nacht
Autoren: Colleen Gleason , Joss Ware
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konzentrierte ... und dann stürzte diese Welle der Erinnerung über ihn herein, gefolgt von einer Breitseite aus Schmerz. Stumpf und schwer legte es sich in seinen Magen.
    Sage hatte sich für Simon entschieden.
    Genau.
    Theo presste die Augen fest zu, drehte den Kopf zur Seite, als wollte er das Wissen darum beiseite schieben. Das war der Grund, warum er so scharf darauf gewesen war, mit Quent und Fence auf diese Mission zu gehen. Um aus Envy wegzukommen, weg von Sage und Simon und den vertrauten Blicken, die sie miteinander austauschten. Und den Berührungen im Vorübergehen, so nebenbei und ganz wie von selbst. Und vor allem anderen dann: dieses Leuchten vom Glücklichsein, das irgendwie auf ihrem Gesicht schimmerte.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er nicht alleine war. Etwas Neues lag in der Luft und hatte einen blumigen Duft mit sich gebracht. Theo öffnete die Augen und entdeckte eine Frau, die nahe am Bett stand und auf ihn herunter blickte.
    Er konnte sie nicht wirklich alt nennen, denn sie war wahrscheinlich jünger als er, obwohl er nicht älter als dreißig aussah. Er schätzte sie so auf sechzig, aufgrund der zarten Linien, die ein feines Muster auf ihre Wangen zeichneten und weil ihre Kieferpartie nicht mehr ganz so straff war. Eine jung aussehende Sechzigerin, aber dann doch immerhin noch zwölf Jahre jünger als er – in echten Lebensjahren.
    Und was waren das für lange Lebensjahre gewesen, die letzten fünfzig davon. In einer Welt durchlebt, die quasi dem Erdboden gleich gemacht und dann langsam wieder aufgebaut worden war.
    Die Frau, die mit dem Alter weich und rund geworden war, hatte schweres, dunkles Haar, mit viel Weiß darin, das sich wie ein wild gewordener Mop um ihr Gesicht und Kinn legte. Ihre graubraunen Augen funkelten vor Energie und ihr Mund schien ständig bereit sich zu einem Lächeln zu kräuseln. Sie hielt ein Büschel silbrig-grüner Blätter in der einen Hand und eine Tasse, in der ein Löffel steckte, in der anderen. „Du bist wach“, sagte sie und wiederholte damit das Offensichtliche, drehte sich dann wieder weg, um jemand anderen irgendwo weiter weg herbeizurufen, „er ist wieder wach!“ Der Löffel schepperte.
    Und als ob sie ihm nicht gerade das Trommelfell zerrissen hätte, zog sie einen Stuhl zu sich heran und nahm mit Gusto darauf Platz. Der Löffel schepperte erneut in der Tasse, als sie sich noch näher her beugte. „Du warst die letzten drei Tage mal bei Bewusstsein und dann wieder nicht. Aber das jetzt hier, so klar habe ich deine Augen noch nicht gesehen, also bleibst du diesmal vielleicht etwas länger bei uns, hm?“
    Theo war noch nicht so weit, um seine Stimme zu testen, also nickte er einmal. Der Geruch, der von was auch immer da in der Tasse kam, machte, dass sich ihm der Magen zusammenzog. Er war verflucht hungrig und er hoffte, es war für ihn bestimmt.
    Zu seiner Enttäuschung setzte sie die Tasse auf dem Tisch neben ihm ab und wedelte mit dem Büschel von würzig riechenden Blättern. Sie waren länglich und schmal, mit einer kieselartigen Oberfläche und rochen etwas muffelig, fast ranzig. „Wir waren uns nicht sicher, was du mit denen hier wolltest“, sagte sie, während sie damit vor ihm wedelte. „Willst du, dass wir dir einen Tee machen oder sie da rein tun – das ist Brühe“, sagte sie, während sie mit dem Daumen kurz auf die Tasse zeigte. „Oder isst du sie so? Wie einen Salat?“
    Theo starrte sie an, versuchte ihre Worte zu begreifen. Aber es gelang ihm nicht, also musste er es mit der Stimme probieren. Was, wie sich herausstellte, recht gut funktionierte. „Was ist das?“
    Die Frau lehnte sich überrascht auf ihrem Stuhl zurück. „Na, das ist Salbei. Du hast immer danach, nach Sage, gefragt, oder etwa nicht? Wir haben ein paar Tage gebraucht, bis wir etwas davon fanden, aber...“
    Theo hatte sich schon weggedreht und wenn es möglich war, dass ein kranker Mann rot wurde, dann tat er das gerade. Ach du lieber Himmel. „Könnte ich nur die Brühe haben“, war alles, was er sagte. „Ich bin hungrig.“
    „Natürlich“, sagte sie zu ihm und zu seiner großen Erleichterung legte sie das Bündel Kräuter auf dem Tisch ab.
    Er hatte schon drei Esslöffel von der köstlichsten Brühe intus, die er je gegessen hatte, als eine andere Frau hinter den Vorhang-ähnlichen Mauern erschien. Obwohl er mehr an der Suppe interessiert war als an diesem Neuankömmling, war Theos erster Eindruck einer von friedvoller Energie.
    Was wie ein
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