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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag
Autoren: Markus Nummi
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Ari war unbemerkt zur Tür geschlichen. Er hatte Leena sein Drehbuch zum Lesen gegeben. Jetzt wartete er ungeduldig, was sie sagen würde.
    Sie schien zu zögern, sie nickte, kniff die Augen zusammen. Tatsächlich kniff sie die Augen so fest zusammen, als überraschte sie das Sonntagnachmittagslicht mit seiner Helligkeit. Obwohl es nur matt durch den Staubfilter der Frühjahrsluft in die Küche drang.
    Leena spielte auf Zeit. So deutete Ari es. Sie brauchte Zeit, um sich eine Meinung zu bilden. Und wie sie es ausdrücken sollte.
    »Wie hat das noch mal angefangen?«, fragte sie schließlich.
    »Im Supermarkt ... Die Szene an der Kasse«, sagte Ari, ohne einen Hehl aus seiner Ungeduld zu machen. »Erinnerst du dich nicht?«
    »Ja, ja, bloß ... doch, natürlich. Ich bin nur wegen der verschiedenen Fassungen irritiert.«
    »Also, was meinst du? Zu dieser Fassung?«
    »Doch, die ist ganz ...«, sagte Leena. »Die ist ... gut. Sie kommt mir fertig vor.«
    Leena klang aufrichtig, erleichtert. Sie schien von ihrer Meinung selbst überrascht zu sein.
    »Gefällt es dir wirklich?«, fragte Ari nach, bemüht, seine Begeisterung zu verbergen.
    »Schon. Aber ich frage mich ...«, fing Leena an.
    »Ja?«
    »Bonbontag?«
    »Ist das kein guter Titel?«
    »Klingt das nicht irgendwie ... nach Kinderbuch?«
    Ari nahm das dicke Manuskript in die Hand, sah auf das Titelblatt.
    »Eigentlich nicht, aber ... na ja ... ich denk noch mal darüber nach«, sagte er versöhnlich. »Aber war irgendwas im Text selbst?«
    Leena schüttelte den Kopf, zögerte aber sichtlich.
    »Sag’s nur!«
    »Na ja, ich frage mich, ob es so ausgehen muss.«
    »Was meinst du damit?«
    »Du hast mal gesagt, du wolltest irgendwie ... ein Gefühl von Zuversicht erzeugen.«
    Ari blätterte im Manuskript, während er die zwei Schritte von Wand zu Wand hin und her ging.
    »Doch, es muss so sein. Es geht nicht anders. Sonst ist es nicht glaubwürdig.«
    »Wieso nicht?«
    »Die Leute ... nach allem, was passiert ist ... Der Leser glaubt, dass es schlecht ausgeht. Schlechter als in Wahrheit. Nicht besser.«
    Leena wirkte nicht überzeugt.
    »Ich habe damals mit dieser ... Katri gesprochen«, fuhr Ari fort. »Die vielen Geschichten, die sie kannte ... Im Gegensatz dazu ist das hier bloß die Light-Version.«
    Ein kleiner Zweifel nagte dennoch an Ari. Er hatte auch über den Schluss nachgedacht. Aber wenn er es anders machte, würde man ihm vorwerfen, die Realität zu überzuckern, Sirup darüberzugießen, da war er sich sicher. Diese Geschichte musste heftig sein. Das fände dann auch Würdigung. Mit Sicherheit würde sich das in den Rezensionen niederschlagen. Sogar im Verkauf.
    Vielleicht würden sie sich endlich mal wieder einen Urlaub leisten können. Ari würde alles tun, um Anni eine Reise in den Süden zu ermöglichen. Solange das Mädchen noch bereit war, mit den Eltern zu verreisen.
    »Außerdem«, sagte er schüchtern. »Wenn man bedenkt, wie es eigentlich gelaufen ist ...«
    »Ganz so ist es ja nicht gelaufen«, erwiderte Leena. Die Stimme war fest, aber Ari sah, wie ihre Augen feucht wurden.
    Eine Zeitlang sagten beide nichts, sie wollten über das Thema nicht weiterreden.
    »Musst du ... musst du den kleinen Tomi verbrennen lassen?«, fragte Leena schließlich.
    Ari fuhr zusammen und wurde blass.
    »Ich darf nicht vergessen, den Namen zu ändern«, seufzte er. »Gut, dass du das gesagt hast.«
    »Hast du gehört, was ich gefragt habe?«
    »Ja ... nein.«
    »Muss es unbedingt sein, dass ... wie immer der Junge in der Geschichte dann auch heißen mag, dass er verbrennt?«
    »Eigentlich möchte ich das auch nicht«, sagte Ari. »Ich mochte ihn ... Ich meine, ich mag den Kerl. Es ist bloß so kompliziert. Aber versuchen kann ich es ja ...«
    »Versuch es!«, ermunterte ihn Leena.
    »Ich denke mal, wenn ich ... wenn ich noch ein Jahr daran weiterschreibe, dann würde mir schon was einfallen ...«, überlegte Ari. »Dann würde ich mir ausdenken, wie Tomi glaubhaft gerettet werden kann.«
    »Ein Jahr würde das dauern?«, wunderte sich Leena.
    Sie sahen sich an. Sie würden von Leenas Kindergärtnerinnengehalt leben müssen. Ein ganzes Jahr lang.
    »Manchmal gibt es im Leben nur schlechte Alternativen«, sagte Ari.
    Seine Miene schmolz zu einem Lächeln.
    »Außerdem würde es Tomi gefallen.«
    »Was?«
    »Dass am Ende was passiert. Action. Wäre Tomi hier,dann würde er garantiert eine Explosion vorschlagen. Mindestens. Das ganze Haus in Schutt und
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