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Die verlorene Kolonie

Die verlorene Kolonie

Titel: Die verlorene Kolonie
Autoren: Anette Strohmeyer
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Van.“
    „Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen!“ Ich lachte, und Ben knuffte mir auf den Oberarm. Ich knuffte zurück.
    Ben kicherte und tat so, als fiele er fast vom Stuhl. „Deinen neuen Dampfhammer muss man sich merken, Jerry!“, rief er. „Besser, man legt sich nicht mit dir an.“
    „Kindsköpfe!“, seufzte Addy und rollte mit den Augen.

- 7 -

    Nachdem ich in der Garage das Werkzeug bereitgelegt hatte, ging ich ins Haus, wo mich Selma erwartete. Sie stand mit ihrer orangenen Schürze im Flur und sah mich an. Ihre Hände waren vor dem Körper gefaltet und ihr Gesichtsausdruck ungewohnt ernst.
    Irritiert blieb ich stehen. „Was ist?“, fragte ich.
    „Dein Vater hat gerade eben erfahren, dass ein guter Freund von ihm gestorben ist.“
    „Ich weiß“, sagte ich mit hängendem Kopf.
    „Und ich weiß, dass du es schon seit heute Morgen weißt!“
    Ich hob den Kopf und sah Selma forschend an. Was wollte sie mir damit sagen?
    „Mein Herzchen, ich habe auf deinem Bewegungsprofil gesehen, dass du Mr. Dudley, Gott hab den amen Mann selig, in den letzten Tagen zweimal in seinem Labor aufgesucht hast.“ Selma legte den Kopf schief. „Du hast uns davon gar nichts erzählt!“ Durchdringend blickte sie mich an. Spionierte sie mir etwa hinterher?
    „Ich wollte mit ihm etwas für meine Bachelor-Arbeit besprechen“, antwortete ich. Das war wenigstens nur halb gelogen.
    „So so.“ Selma strich sich die Schürze glatt.
    „Wo ist Dad jetzt?“
    „Außer Haus.“
    Ich sah aus dem Fenster, es war noch hell draußen. „Bei Tageslicht?“, fragte ich argwöhnisch.
    „Ja, nachdem er erfahren hat, was mit Mr. Dudley geschehen ist, hat er sich sofort auf den Weg gemacht.“
    „Auf den Weg wohin?“
    Selma zog ihr iD aus der Schürzentasche und sah auf den Bildschirm. Mit der Zunge befeuchtete sie ruhelos ihre Lippen. „Da hab ich’s! Er sitzt im Bus nach Manhattan. Schau.“ Sie zeigte mir den Positionsstatus auf ihrem Display. Ein blinkender, roter Punkt, der sich langsam über den Stadtplan von New York bewegte. „Douglas Benchley – B-Linie 22“, stand in einer kleinen Sprechblase über dem Punkt.
    Wahrscheinlich will Dad mit Mr. Dudleys Familie sprechen , dachte ich, oder mit Freunden am American Museum of National History. Wer weiß. Ich blickte Selma an.
    Ein Lächeln erschien so plötzlich auf ihrem Gesicht, dass es beinahe grimassenhaft wirkte. „Ich muss zurück in die Küche, Herzchen. Der Kuchen brennt mir sonst an. Er ist für morgen zum Kaffeetrinken.“
    „Oh, morgen? Da bin ich leider nicht da“, entschuldigte ich mich rasch.
    „Wieso, wo bist du denn?“ Selmas Brauen schossen in die Höhe.
    „Auf einer Studienfahrt mit meinen Kommilitonen.“
    „Aha, darüber stand aber gar nichts in deinem Terminkalender.“
    „Ich hab’s vergessen, einzutragen. Tut mir leid.“ Der digitale Terminkalender war Bestandteil eines jeden iDs und man konnte ihn auf andere Devices freischalten. Meiner war mit dem von Selma und dem meines Vaters vernetzt. So konnte jeder aus der Familie sehen, wer wann was vorhatte. Eigentlich ziemlich praktisch, im Moment aber leider etwas, das mich zum Lügen nötigte. Ich seufzte theatralisch und hob die Schultern. „Schade, dein Kuchen schmeckt immer so gut.“
    „Ich hebe etwas für dich auf. Wann kommst du denn zurück?“
    „Am Sonntag.“
    „Am Sonntag erst? Nun gut, kein Problem.“ Sie wollte in die Küche gehen, aber ich hielt sie zurück.
    „Ach, Selma!“
    Sie drehte sich um, „Ja, mein Herzchen?“
    Ich holte mein iD hervor und rief das Foto von dem Restaurant auf. Ich ging einen Schritt auf Selma zu und zeigte ihr das Bild. „Ich habe es im Netz gefunden. Das bist doch du dort neben der blonden Frau.“
    Eine Weile blickte Selma ohne erkennbare Regung auf das Foto. Dann erhellten sich ihre Züge und sie trällerte: „Gute Güte, da bin ich aber noch um einiges jünger! Hach ja, das waren noch Zeiten. Wo, sagtest du noch mal, hast du das her?“
    „Aus dem Netz. Es ist in einem Restaurant namens ‚Ambassador‘ aufgenommen worden.“
    Selma offenbarte keine Anzeichen von Wiedererkennen.
    „Das befindet sich im obersten Stockwerks des Olympic Regent Hotels“, fuhr ich fort. „Jenes Hotel, in dem du die Keksdose als Souvenir gekauft hast. Kannst du dich jetzt daran erinnern, wo das ist und wann du dort warst? Kennst du die blonde Frau?“ Ich strich mit den Finger über das Display und das Bild mit der Rezeption erschien. Ich gab es
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