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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen
Autoren: Bastei Lübbe
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des Kapuzlers entlang, wo er sich jeweils durch das Hartfeld schlängelte. Amistad wusste nicht recht, ob er den eigenen Sensoren glaubte: die verdammte Kriegsmaschine durchlief gerade einen Tunneleffekt – eine theoretische Möglichkeit, aber mit Anforderungen an die Energiedichte, wie sie die physischen Möglichkeiten des Technikers hätten übersteigen müssen.
    Das Hartfeld begann zu flackern, wobei es Hawkings-Strahlung emittierte, und ein grelles Licht flammte an der Stelle auf, wo es sich mit dem Körper des Technikers schnitt, aber die Kriegsmaschine fuhr damit fort, sich hindurchzuschlängeln. Das Hartfeld fiel aus, und die beiden Disruptoren falteten sich aus der Existenz, kehrten zweifellos in den Rumpf des Mechanismus zurück. Dann zerrte eine weitere massive Subraumstörung an der Realität. Der Mechanismus dehnte sich auf einer Tangente zu Masada auf fünfzigtausend Kilometer Länge und verlagerte so seine Position, wie er es schon in der Schlacht gegen die Scold und die Cheops getan hatte, und seine lang gestreckte Form lag nur wenige Hundert Kilometer neben Amistad, sodass es schien,als befände sich dieser in Griffweite zu einem riesigen Eisenbahnzug im Weltraum. An der Endhaltestelle schnappte der Mechanismus wieder in seine Grundform zurück, aber allem Anschein nach war dieses Manöver gescheitert, denn der Techniker hatte sich mit ihm bewegt, hartnäckig wie eine Mamba, und schlängelte sich weiterhin auf seine Beute zu.
    Antimaterieexplosionen schlossen sich an, durchsetzt von denen purer Spaltwaffen, und verbargen sowohl den Techniker als auch den Mechanismus teilweise hinter einer expandierenden Wolke aus nuklearem Feuer. Zwischen den Explosionen rückte jedoch die Kriegsmaschine unerbittlich näher an ihr Ziel. Sie erzeugte aufs Neue einen Tunneleffekt, tauchte jeweils nur kurz in den Subraum, um den schlimmsten Auswirkungen der Schockwellen und der Hitze zu entgehen, und glühte beim Auftauchen wie etwas aus der Esse eines Schmieds.
    Dann erreichte sie ihr Ziel, schob sich direkt in diese Masse aus Dodekaedern im Kern des Mechanismus, schien sich direkt dort hineinzugraben. Der Mechanismus verlagerte sich erneut, dehnte sich direkt in den Planeten Masada hinein, war verschwunden. Eine Subraumverlagerung durch ein Gravitationsfeld, ein Fisch, der einen Blutegel abzuschütteln versuchte. Dann wieder heraus, zwei Millionen Kilometer entfernt, und er rotierte dort, als hätte ihm ein verspielter Gott eine gescheuert. Erneut eine Dehnung, zurück in die ursprüngliche Position. Innerhalb des Mechanismus hatten sich die Dodekaederstrukturen aufgelöst, arrangierten sich neu. Eine gewaltige Detonation erfolgte dort; Bogenlicht flammte durch die Struktur des Mechanismus, gefolgt von einer erneuten Schwerkraftwelle, die weitere Kristallrisse innerhalb Amistads erzeugte und Masada erschütterte, sodass sich eine Reihe roter Augen von einem Pol ausbreitete, eine Verwerfungslinie, die sich öffnete.
    Über lange Minuten hinweg hing der Mechanismus im Weltraum, anscheinend tot, die Formen in seinem Inneren reglos. Schließlich verlagerten sie sich wieder wie Tröpfchen aus der Nase eines Riesen, der sich räusperte. Sie spuckten den Techniker aus, verformt, in drei Teile zerbrochen.
    Zertreten.

KAPITEL ZWANZIG
Schwarze Hüte
    Wenn ein erbitterter Krieg endlich endet, der lange in aller Härte ausgetragen wurde, widmen viele Kombattanten ihre Kraft der Aufgabe, ihr Leben wieder aufzubauen. Sie freuen sich über die alltäglichen Dinge des Lebens, weil sie sie so lange vermisst haben. Müde und angewidert von der Verabscheuung des Feindes, die nötig war, um kämpfen und töten zu können, geben sie diese entweder auf oder unterdrücken sie genug, um einfach nur existieren zu können. Manche jedoch können ohne ihren Krieg nicht leben und ihren Hass nicht aufgeben. Sie sind im Krieg erwachsen geworden und können sich nicht anders definieren als durch das, was sie bekämpft haben. Sie betrachten sich als direktes Gegenstück zu ihrem Feind, als Antithese zu ihm. Sie tragen die weißen Hüte, während der Feind den schwarzen Hut trägt. Ihr Problem liegt darin, dass sie sich eine Welt ohne Hüte nicht ausmalen können – und erkennen nicht, dass die scheußlichen Vorgänge des Krieges diese Unterschiede ausgebügelt haben. Und schlimmer noch: selbst wenn keine schwarzen Hüte mehr übrig sind, suchen sie sich neue Kandidaten, um ihnen diesen Putz aufzusetzen, denn letztlich ist nicht der Feind das
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