Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit
Autoren: R. A. Salvatore
Vom Netzwerk:
seinen Freund und zieht damit alle beide unter Wasser. Vielleicht werden sie beide ertrinken.«
    Wulfgar schien dies nicht zu kümmern, und dieses Benehmen war ein zutreffendes Abbild seines Herzens, wie Morik wusste. Der Ganove schaute ein letztes Mal zum Hafen zurück und zuckte dann nur noch mit den Achseln. Die beiden Räuber hatte es sich schließlich selbst zuzuschreiben.
    Mit Wulfgar, dem Sohn von Beornegar, legte man sich besser nicht an.
    Daher verbannte auch Morik die beiden Männer aus seinen Gedanken – nicht dass er sich je wirklich um sie gesorgt hätte – und konzentrierte sich stattdessen auf seinen Gefährten. Seinen erstaunlichen Gefährten, dessen Kampflehrer ausgerechnet ein Drowelf gewesen war!
    Morik zuckte zusammen, obgleich Wulfgar natürlich zu abgelenkt war, um es zu bemerken. Der Ganove dachte an einen anderen Drow, einen Besucher, der ihn vor gar nicht so langer Zeit unerwarteterweise aufgesucht hatte, um ihn zu bitten, ein Auge auf Wulfgar zu habe, und ihn im Voraus für seine Dienste entlohnt hatte (und ihm zugleich erklärt hatte, dass der Herr der Dunkelelfen nicht erfreut wäre, falls Morik bei seiner »erbetenen« Aufgabe versagen sollte). Morik hatte zu seiner Erleichterung nichts mehr von den Dunkelelfen gehört, aber er hielt sich weiterhin an seinen Teil der Vereinbarung, Wulfgar zu beobachten.
    Nein, so war es nicht, musste der Ganove zumindest vor sich selbst zugeben. Er hatte seine Bekanntschaft mit Wulfgar zu seinem persönlichen Vorteil begonnen, zum Teil aus Furcht vor den Drow, zum Teil aus Angst vor Wulfgar und aus dem Bedürfnis, mehr über diesen Mann zu erfahren, der so offensichtlich zu seinem Rivalen auf der Straße geworden war. Das war am Anfang gewesen. Er hatte keine Angst mehr vor Wulfgar, obgleich er manchmal um den sorgenvollen, gepeinigten Mann Angst hatte. Morik dachte kaum noch an die Drowelfen, die sich seit vielen Wochen nicht mehr gezeigt hatten. Überraschenderweise hatte Morik begonnen, Wulfgar zu mögen und die Gesellschaft des Mannes zu genießen, obgleich die Stimmung des Barbaren oftmals düster war.
    Er hätte Wulfgar fast von dem Besuch der Dunkelelfen erzählt, um diesen Mann zu warnen, der zu einem Freund geworden war. Fast … aber Moriks praktische Seite, der vorsichtige Pragmatismus, der sein Überleben auf den feindseligen Straßen von Luskan ermöglichte, erinnerte ihn daran, dass dies keinem von ihnen helfen würde. Falls die Dunkelelfen Wulfgar angriffen, würde der Barbar besiegt werden, ob er von ihnen wusste oder nicht. Dies waren schließlich Drowelfen, die mit mächtiger Magie und scharfen Klingen gleichermaßen vertraut waren, Elfen, die uneingeladen in Moriks Schlafzimmer eindringen und ihn aus seinem Schlummer wecken konnten. Selbst Wulfgar musste schlafen. Falls diese Dunkelelfen jemals erfuhren, dass Morik sie verraten hatte, nachdem sie mit dem armen Wulfgar fertig waren …
    Ein Schaudern zog Moriks Rückgrat entlang, und er schüttelte mit Mühe die besorgten Gedanken ab, um seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen großen Freund zu richten. Seltsamerweise sah der Ganove eine verwandte Seele in Wulfgar, einen Mann, der ein edler und mächtiger Krieger sein könnte (und es in der Tat auch gewesen war), eine Führernatur, der aber aus irgendeinem Grund unter die Räder gekommen war.
    Auf genau diese Weise sah Morik seine eigene Situation, obwohl er sich in Wahrheit seit seiner frühesten Kindheit auf dem Weg zu seiner gegenwärtigen Lage befunden hatte. Dennoch, wenn seine Mutter nicht im Kindbett gestorben wäre, wenn sein Vater ihn nur nicht auf die Straße hinausgestoßen hätte…
    Als Morik jetzt Wulfgar betrachtete, musste er unwillkürlich an den Mann denken, zu dem er selbst hätte werden können, an den Mann, der Wulfgar einst gewesen war. Die Umstände hatten sie beide seiner Ansicht nach verdammt, und daher hegte er jetzt keine Illusionen über ihre Beziehung zueinander. Die Wahrheit über das Band, das sie aneinander schmiedete, der wirkliche Grund, warum er – entgegen aller Vernunft (der Mann wurde schließlich von Dunkelelfen beobachtet) – in seiner Nähe blieb, war, dass er den Barbaren als eine Art jüngeren Bruder betrachtete.
    Dies und der Umstand, dass Wulfgars Freundschaft ihm mehr Respekt unter dem Abschaum der Straße verschaffte. Für Morik musste es immer einen praktischen Grund geben.
    Der Tag näherte sich seinem Ende, die Nacht ihrem Anfang. Es war die Zeit von Morik und Wulfgar, die Zeit von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher