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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition)
Autoren: Mike Wächter
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wollte sie ihm nicht erklären, worum es sich bei dem Auftrag handeln würde. Sie hatte Kimski auf einen Termin am frühen Abend vertröstet. Er wäre lieber umgehend bei ihr vorstellig geworden, denn es gibt Schlimmeres als die Aussicht auf einen lukrativen Auftrag. Und zudem ist laut Wikipedia der Schloss-Wolfsbrunnenweg, von dem er zuvor noch nicht gehört hatte, eine der teuersten und exklusivsten Adressen der nicht gerade armen Stadt Heidelberg.
    Kimski hat bereits die Innenstadt hinter sich gelassen und den Karlstorbahnhof passiert, als er endlich den versprochenen Wegweiser entdeckt. Mit einem riskanten Manöver biegt er in eine schmale Gasse ein, die steil den Berg hinaufführt. Nach etlichen Kurven erreicht er schließlich das Museum.
    Kimski parkt direkt gegenüber vor dem Parkhotel und steigt aus. Vögel zwitschern und durch die Baumkronen blitzen einzelne Sonnenstrahlen. Er blickt auf seine Uhr. Es sind noch ein paar Minuten Zeit, also läuft er ein Stück des Weges auf und ab. Auf den ersten Blick sind einige Häuser entlang der Straße nicht zu sehen, so gut sind sie hinter Bäumen, Privatwäldern und Zäunen versteckt. Riesige Villen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wechseln sich ab mit kleinen Siebzigerjahrebauten, die wiederum einen Hauch von Kleingartenatmosphäre vermitteln. Auf einer Wiese entdeckt Kimski sogar zwei grasende Ziegen. Hier oben erscheint ihm alles noch viel weiter weg als unten in der historischen Altstadt. Er fühlt sich entrückt und diese Straße ist quasi das Paralleluniversum des Paralleluniversums.
    Als er am vereinbarten Treffpunkt ankommt, muss er schlucken. Die Villa ist noch größer, als er erwartet hatte. Die Architektur erinnert an die eines Barockschlosses. Links und rechts des Haupthauses stehen zwei Dienstbotenhäuschen und Kimski fällt der Taubenschlag unter dem Dach der Villa ins Auge. Das Tor steht offen. Er betritt das Gelände, steigt bedächtig die Stufen zum Eingangsportal hinauf. Noch während er nach einer Klingel sucht, öffnet sich die Haustür und ein Mann tritt heraus, der ihn beinahe über den Haufen rennt.
    »Oh, Entschuldigung. Ich habe Sie gar nicht gesehen.«
    »Kein Problem.«
    Kimski mustert sein Gegenüber. Ein gut aussehender, adretter Mann, der einen zerlumpten Postsack in der Hand hält, prall gefüllt mit Heu. Er ist von oben bis unten weiß gekleidet – weißes Polohemd, weiße Leinenhose und weiße Slipper –, wie ein lebender Golfball. Er sieht jugendlich frisch aus, wobei er wohl ganz so jung nicht mehr sein wird. Kimski schätzt ihn auf etwa so alt wie sich selbst, auf Ende dreißig.
    »Kimski«, stellt er sich vor und streckt ihm seine rechte Hand zur Begrüßung entgegen. »Ich möchte zu Frau Kampowski.«
    Der Mann stellt den Postsack zur Seite und erwidert seinen Händedruck.
    »Sebastian, hallo. Dann sind Sie also der geheimnisvolle Gast, von dem sie den ganzen Tag über gesprochen hat?«
    »Geheimnisvoll?«
    »Kommen Sie mit«, sagt Sebastian und geht zurück ins Haus. »Ich führe Sie zu ihr. Ich glaube, sie erwartet Sie bereits.«
    »Danke.«
    Kimski betritt nach ihm das Haus. Im Foyer dominiert dunkelbraune Wandvertäfelung aus Holz. In der Mitte des Raums erklimmt Sebastian eine etwa vier Meter breite Treppe, die in den ersten Stock hinaufführt. Im unbeleuchteten Flur bleibt er an der zweiten Tür stehen und klopft. Aus dem Inneren des Zimmers erklingt eine Frauenstimme und Sebastian öffnet die Tür.
    »Hier ist ein Herr Kimski, der zu Ihnen möchte.«
    »Lassen Sie ihn hereinkommen.«
    Kimski betritt den Raum, einen Lesesaal, und Sebastian verabschiedet sich und geht. An allen Wänden der Bibliothek, die Fensterseite ausgenommen, stehen Bücherregale aus massivem Eichenholz bis unter die meterhohe Decke. In der Mitte befinden sich mehrere Sitzgelegenheiten, allesamt kostbare Antiquitäten. Von der Decke hängt ein riesiger Leuchter herab, dessen diffuses Licht dem Raum eine schummrige Atmosphäre verleiht. Auf der Couch an einem der Fenster thront eine Dame um die sechzig, würdevoll, aber mit traurigem Blick. Maria Kampowski hat dunkelbraunes Haar, das sie als Pagenkopf trägt, und einen dunklen Teint. Wie in Zeitlupe erhebt sie sich und geht mit grazilen Schritten auf Kimski zu.
    »Gut, dass Sie gleich heute kommen konnten.« Sie reicht ihm die Hand. »Möchten Sie etwas trinken? Einen Espresso?«
    Kimski nickt. Seine Gastgeberin geht zu einem weißen Telefon, das auf einem der Tische steht. »Lisa?
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