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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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auftürmen. Wir sind heil und sicher – wenn auch auf eine
    ganz unerwartete Weise – nach unten gelangt. In sechs bis acht
    Wochen werden wir wieder in London sein. Wer weiß,
    vielleicht erreicht Sie dieser Brief nicht viel früher, als wir selbst
    eintreffen. Wie sehr wir uns auf London freuen, brauche ich
    wohl nicht zu sagen.
    Noch am gleichen Abend nach unserem gefährlichen
    Abenteuer mit Challengers Ballon trat die Wende in unserem
    Schicksal ein. Ich sagte bereits, daß die einzige Person, die
    unseren Ausbruchsversuchen gegenüber Verständnis gezeigt
    hatte, der junge Häuptling war. Er war der einzige, der es
    ablehnte, daß wir gegen unseren Willen auf dem Plateau
    festgehalten wurden. In seiner ausdrucksvollen Zeichensprache
    hatte er uns das deutlich zu verstehen gegeben. An diesem
    Abend kam er zu unserem Lager herunter, drückte mir eine
    Rolle aus Bambusrinde in die Hand, deutete auf die Reihen von
    Höhlen über uns, legte den Finger auf die Lippen zum Zeichen,
    daß wir nichts verraten sollten, und schlich sich wieder zurück.
    Ich trug das Stück Rinde an unser Feuer, in dessen
    Lichtschein wir es gemeinsam betrachteten. Es war ungefähr
    einen Fuß lang und halb so breit, und auf der Innenseite befand
    sich eine Anordnung von Zeichen, die ich hier wiedergebe:
    Sie waren mit Holzkohle auf die weiße Oberfläche gezeichnet
    und sahen wie eine primitive Notenschrift aus.
    »Was das auch sein mag, ich möchte schwören, daß es für
    uns von größter Bedeutung ist«, sagte ich. »Ich habe es seinem
    Gesicht angesehen.«
    »Das ist einwandfrei eine Art Schrift«, sagte Challenger.
    »Sieht aus wie Kratzfüße«, bemerkte Lord John, der einen
    langen Hals machte, um besser zu sehen. Plötzlich streckte er
    die Hand aus und griff nach der Zeichnung. »Donnerwetter!«
    rief er. »Ich glaube, ich habe kapiert, was das Gekritzel
    bedeuten soll. Achtzehn Zeichen, stimmt’s? Und in der
    Klippenwand da droben sind achtzehn Höhlen.«
    »Als er mir das Stück Rinde gegeben hat, hat er nach oben
    auf die Höhlenöffnungen gezeigt«, sagte ich.
    »Dann ist alles klar. Das ist der Grundriß der Höhlen.
    Achtzehn Stück in einer Reihe, ein paar kurz, ein paar lang,
    ein paar verzweigt, genau wie wir’s selber gesehen haben. Das
    Kreuz bezeichnet die Höhle, die viel tiefer als die anderen in den
    Felsen hineingeht.«
    »Eine, die hindurch führt!« rief ich.
    »Ich glaube, unser junger Freund hat das Rätsel tatsächlich
    gelöst«, sagte Challenger. »Wenn die Höhle nicht bis zur
    anderen Seite durchgeht, verstehe ich nicht, weshalb dieser
    Mensch, der uns offenbar wohlgesonnen ist, uns auf sie
    aufmerksam machen sollte. Wenn sie aber durchführt und auf
    der anderen Seite an entsprechender Stelle herauskommt, dann
    müssen wir höchstens hundert Fuß absteigen.«
    »Einhundert Fuß!« brummelte Summerlee.
    »Unser Seil ist gut hundert Fuß lang«, rief ich. »Da
    kommen wir doch leicht runter.«
    »Und die Indianer in dieser Höhle?« wandte Summerlee
    ein.
    »Da sind keine Indianer«, erklärte ich. »Die Höhlen in
    dieser Wand dienen nur als Lagerräume und Vorratskammern.
    Warum gehen wir eigentlich nicht gleich hinauf und erkunden
    das Gelände?«
    §
    Auf dem Plateau gibt es ein trockenes, harzreiches Holz, das
    von den Indianern für Fackeln benutzt wird. Jeder von uns
    sammelte ein Bündel davon zusammen. Dann stiegen wir über
    unkrautbewachsene Stufen zu der Höhle hinauf, die auf der
    Zeichnung markiert war. Wie ich erwartet hatte, war sie leer.
    Nur eine Meute großer Fledermäuse flog um unsere Köpfe, als
    wir weiter eindrangen. Da wir nicht die Aufmerksamkeit der
    Indianer erregen durften, stolperten wir zunächst im Dunkeln
    dahin, bis wir um mehrere Ecken gebogen und schon ein
    gutes Stück im Innern der Höhle waren. Dann endlich
    zündeten wir die Fackeln an. Vor uns lag ein trockener Tunnel,
    dessen glatte, graue Wände mit symbolischen Zeichnungen
    bedeckt waren. Ein rundes Dach wölbte sich über uns, und
    weißer Sand glitzerte unter unseren Füßen.
    Wir hasteten weiter, bis wir, bitter enttäuscht, plötzlich zum
    Halten gezwungen waren. Vor uns eine kompakte Felswand
    ohne Lücke oder Spalte. Wir waren ratlos. Auch Lord Johns
    noch so eifriges Suchen brachte keinen Erfolg.
    Enttäuscht starrten wir auf dieses unerwartete Hindernis.
    Die Feldwand war nicht durch Erdbeben gehoben worden, das
    stand
    fest,
    denn
    sie
    war
    von
    derselben
    Oberflächenbeschaffenheit wie die Wände
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