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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters
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Wahrheit nur nach Ruhm streben, gibt es die anderen, die im Geheimen seit Jahrhunderten das Schicksal tragen, den wahren Reichtum all unserer christlichen Seelen zu beschützen. Es bedeutet, dass Griffyn von königlichem Geblüt ist. Eine Abstammung, die man nicht erreicht, indem man Könige und Königinnen vermählt. Es bedeutet, dass er adelig und würdig ist. Er ist der Hüter der Heiligtümer.«
    Gwyn blickte Griffyn an. Sie war verzweifelt. »Welche Heiligtümer? Was sind das für heilige Gegenstände, die du bewachst?«
    »Die Bundeslade. Das Passionskreuz, an das Christus genagelt wurde. Die Heilige Lanze. Das Grabtuch von Turin.«
    Jetzt sprach Griffyn. Seine Worte klangen wie ein heiliger Gesang, den er leise anstimmte. Gwyns Nackenhaare stellten sich auf. »Das Schweißtuch, mit dem Jesu Gesicht bedeckt wurde. Die Dornenkrone.«
    Ein Frösteln lief über Gwyns Rücken. Griffyn verstummte, aber Alex nannte noch einen Gegenstand und ließ dabei Griffyn nicht aus den Augen. »Der Abendmahlkelch.«
    Gwyn glaubte, ihr Herz müsste aufhören zu schlagen. »Der heilige Gral?«
    Alex zuckte mit den Schultern. »Er ist der Nachfolger Karls des Großen. Sein Erbe.«
    Sie starrte Griffyn an. Ihr Mund öffnete sich leicht, als wüsste sie nicht mehr, wie man atmete. Doch, jetzt sah sie es auch. Diese harten, fein modellierten Gesichtszüge waren die eines Königs. Dieser Mann konnte die Bürde tragen. In seinen Augen lag etwas Tiefes, Unergründliches. Dieses Vermächtnis musste ihm die Seele zerreißen.
    Und sie hatte ihn verraten.
    Griffyns Gesicht und die Kammer verschwammen vor ihren Augen, weil sie wieder weinte. Sie ließ den Kopf sinken und streckte eine Hand über den Tisch. Wenn er sie nicht nahm, wenn er sie nicht wollte, musste er sie nicht nehmen. Er konnte einfach gehen.
    Sie wartete und hörte Schritte, die sich entfernten. Die Tür wurde ins Schloss gezogen. Ein Schluchzen erschütterte ihren Körper.
    Dann legte sich Griffyns Hand auf ihre.
    Sie atmete schluchzend aus. Ihr Kopf sank auf ihren Unterarm.
    »Ich habe keine Worte hierfür«, weinte sie und versuchte nicht länger, ihre Tränen zu verbergen. »Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid. Ich wollte nie, dass dir wehgetan wird. Alles ist so schrecklich falsch gelaufen. Aber jetzt zählt für mich nichts mehr, außer dass man dir nie wieder wehtut.«
    »Es ist nicht nur deine Schuld.«
    Sie schniefte. »Wovon redest du?«
    »Ich habe dich auch angelogen.«
    Sie gab einen kurzen Laut von sich. Es hätte ein Lachen sein können, wenn es etwas zu lachen gegeben hätte. Vermutlich würde sie nie mehr Grund zum Lachen haben.
    Andererseits lag seine Hand noch immer auf ihrer.
    Sie hob den Kopf. Ihre Augen waren rot und geschwollen. »Das ist egal, Griffyn.«
    »Ich wusste, dass der Schatz irgendwo hier sein musste«, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt. »Ich kannte die Legenden, und ich kannte auch die Wahrheit. Ich wusste, es gab Menschen, die nach den Schätzen suchten. Ich habe eine Schatulle gefunden, von der du geglaubt hast, sie gehöre deinem Vater, und ich habe nichts davon gesagt. Ich bin nach Ipsile-upon-Tyne geritten, um den Schatz zu finden, und auch davon habe ich nichts gesagt. Und weil ich dir das alles verschwiegen habe, sind wir in Gefahr geraten. Nur deshalb.«
    »Nein! Nein, du hast mich nicht in Gefahr gebracht...«
    »Uns, ich spreche von uns beiden! Aber du warst auch in Gefahr. Ich habe dich in Gefahr gebracht, nicht nur hier, sondern auch vor einem Jahr, als ich dich im sächsischen Dorf zurückgelassen habe. Als ich dich allein ins Kloster St. Alban gehen ließ. Ich habe dich immer wieder in Gefahr gebracht, weil es meinen Zwecken dienlich war. Ich habe dich verlassen und dich belogen. Es tut mir leid.«
    Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr Haar über die Schultern nach vorne fiel.
    »Nein, Griffyn. Sag nicht, dass es dir leidtut. Nicht zu mir.«
    »Doch, ich sage es. Und noch etwas.« Er stand auf, beugte sich über den Tisch und umfasste ihr Gesicht mit einer Hand. Dann flüsterte er eindringlich: »Ich vergebe dir.
    Ich vergebe dir. Ich vergebe dir.«
    Gwyn schluchzte auf. Dann sank sie vor dem Hocker auf die Knie, legte den Kopf in seinen Schoß und weinte. Sie weinte, weil endlich jemand die Worte ausgesprochen hatte, nach denen sie sich ihr Leben lang gesehnt hatte. Diese Worte aus seinem Mund zu hören, ließ alle Dämme brechen. Sie weinte wie nie zuvor in ihrem Leben.
    Harte, heftige Schluchzer
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