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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters
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Moment lang tat sich nichts, doch dann wurde die Tür geöffnet. Alex stand vor ihr und trat sogleich beiseite, um Gwyn eintreten zu lassen.
    »Kommt herein.«
    Für einen Augenblick sahen sie sich an. Sie waren Feinde, die zu einem brüchigen Frieden gefunden hatten. Gwyn nickte knapp und ging an ihm vorbei ins Schlafgemach. Griffyn blickte auf.
    Sein Haar war feucht und stand ihm zersaust vom Kopf ab. Er trug seine Beinlinge und eine halbwollene Tunika. Der weiche Stoff schmiegte sich an seine muskulöse Brust und umschloss die Oberschenkel fast bis zu den Knien. Er saß an dem kleinen Tisch, an dem sie in so vielen Nächten Schach gespielt hatten.
    Auf diesem Tisch hatte er die Manuskripte ausgebreitet - und einmal hatte er sie auch auf diesem Tisch geliebt.
    Ihr stiegen schon wieder Tränen in die Augen, von denen sie nicht so genau wusste, woher sie kamen. Gwyn blickte zur Decke. Der Schmerz stach in ihre Nase. Hatte sie nicht längst alle Tränen vergossen, die sie hatte?
    »Komm her, Guinevere.« Nicht seine Worte, sondern seine tiefe männliche Stimme zog sie in den Raum. Sie ging zögernd einige Schritte auf ihn zu.
    »Mylord. Ich wollte nicht stören. Ich bin nur gekommen, weil... Aber das ist ja Papas Schatulle!«, rief sie leise.
    »Ja.«
    »Wann hast du sie gefunden? Und wo? Ich habe gedacht, Marcus hätte sie ...«
    Griffyn holte tief Luft. »Ich habe sie vor gut einer Woche gefunden.«
    Sie dachte darüber nach, welche Bedeutung in seinen Worten mitschwang. »Aber du hast mir nichts davon erzählt.«
    »Nein.« Er erwiderte ihren Blick. »Es tut mir leid.«
    Mit einer Handbewegung wischte sie die Entschuldigung beiseite. »Bitte entschuldige dich nicht bei mir. Deine Gründe haben jetzt keine Bedeutung mehr.«
    Hinter Griffyn, in dessen Schatten, stand Alex. So sollte es sein. Alle Entscheidungen lagen jetzt in Griffyns Hand. Sie legte eine Hand auf die Schatulle. »Sie ist wunderschön«, murmelte sie. Dann blickte sie auf. »Hast du auch Papas Briefe gefunden?«
    »Nein. Ich habe die Briefe meines Vaters gefunden.«
    »Wie bitte?«
    Er nickte.
    Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »Aber wie kann das sein? Warum sollte mein Vater mir die Briefe anvertrauen, wenn sie gar nicht von ihm ...« Sie verstummte und ließ sich auf einen Hocker sinken. »Aber natürlich. Die Schatulle gehört dir. Deinem Vater, nicht meinem. Sie gehört zu Everoot. Und wir waren niemals Everoot.« Sie lachte bitter.
    »Jetzt bist du Everoot.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Noch nicht«, entgegnete sie spröde. »Unsere Vermählung ist erst morgen früh. Und vielleicht fordert Henri ja vorher meinen Kopf.«
    »Henri wird deinen Kopf nicht fordern. Du hast keinen Verrat begangen. Jedenfalls nicht ihm gegenüber.«
    Sie starrte auf den Tisch. Ihre Finger schlossen sich um die Tischkante. Holzsplitter bohrten sich in die Haut unter ihren Fingernägeln. »Ich werde alles tun, was du von mir verlangst, Griffyn. Nichts ist mehr, wie es einst war, und ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist. Ich weiß nur eines«, fügte sie überzeugt hinzu, »Marcus hat von dieser Schatulle geredet. Das, was du haben wolltest oder brauchtest, ist darin.«
    Sie klopfte auf den Deckel.
    »Ich weiß.«
    Sie blickte auf. Er saß ihr gegenüber, und beobachtete sie mit undurchdringlichem Blick. Ein Schauder rann über ihren Rücken. Es war weder Erregung noch Angst. Es war einfach ein heftiges Zittern. »Darf ich dich etwas fragen, Griffyn?«
    »Guinevere.« Er sprach ihren Namen ganz leise aus. »Es ist kaum der richtige Zeitpunkt, um verzagt zu sein. Du darfst mich fragen, was du willst. Wie du schon ganz richtig gesagt hast: Das, was war, gilt jetzt nicht mehr.«
    Sie nickte zustimmend und aufmunternd, damit er weitersprach. Er sollte mir ihr reden, sollte sie ansehen. Sie wollte sich ihm verbunden fühlen, irgendwie. Aber seine nächsten Worte überraschten sie.
    »Die Lügen müssen aufhören. Deine. Meine.«
    Sie sah ihn überrascht an. »Du hast gelogen?«
    Er machte eine weitumfassende Handbewegung, die die Schatulle und die darum verstreut liegenden Gegenstände einschloss. »Ja, ich habe dich angelogen.«
    Ihr Lachen klang unsicher. »Aber das zählt doch nicht mehr.«
    »Oh doch«, widersprach er grimmig. »Es zählt.«
    Auf dem Tisch lagen die Dinge, die sie bei zahllosen Gelegenheiten in die Hand genommen und betrachtet hatte. Überbleibsel von Gott weiß wem, Ringe, Stofffetzen, eine Haarlocke und die Briefe, die sie nie
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