Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
beide ein Licht in der Hand. Unter ihren Schuhen knirschten kleine Kieselsteine, als Gwyn hinter Griffyn herging. Die Geräusche wurden von den dicken feuchten Steinwänden zurückgeworfen.
    Griffyn war überrascht, dass sein Herz ruhig und stetig klopfte. Das neu erlangte Wissen schenkte ihm ein Gefühl von ... Freiheit.
    Sie blieben vor der Tür zu der Kammer stehen, in der Eustace wochenlang versteckt gewesen war. Griffyn schob Gwyns kleinen Schlüssel in das Drachenmaul-Schloss und öffnete die Tür. Jemand hatte den Raum ausgefegt, und er war wieder das, was er immer gewesen war: ein kleiner Vorraum.
    Griffyn hob die Laterne und zeigte auf die gegenüberliegende Wand. Dort befand sich eine in den Stein gehauene Tür, die nur zu erkennen war, wenn man von ihr wusste. Eine Tür aus Stein, die mit der Wand gleichsam verschmolz.
    Vielleicht liegt mir das Wissen im Blut, dachte Griffyn. Er hatte diese Tür nie zuvor gesehen, hatte nur vorhin in den antiken Texten davon gelesen. Dennoch war ihm die Steintür so vertraut wie das Gesicht seines Vaters. Seine Finger glitten suchend über die Kanten und wischten den jahrzehntealten Staub weg, der sich mit Schmutz und Spinnweben in den Ritzen abgesetzt hatte. Als er damit fertig war, waren die Umrisse der Steintür deutlicher zu erkennen.
    »Das habe ich nicht gewusst«, murmelte Gwyn hinter seinem Rücken.
    Er drückte den goldenen Schlüssel in die Mitte des silbernen, ehe er den dreifarbigen Schlüssel in ein schmales Schlüsselloch zwängte. Erneut fühlte es sich vertraut an. Er drückte beide Hände gegen den kalten Stein und schob die Tür auf.
    Er hätte erwartet, dass die Scharniere in diesem feuchten, dunklen Keller laut quietschen müssten, aber die Tür schwang lautlos auf. Kalte, abgestandene Luft wehte ihnen ins Gesicht wie Fledermäuse, die um ihre Köpfe flatterten. Gwyn atmete scharf ein.
    Er drehte sich zu ihr um. »Wenn ich mich recht entsinne, hast du schon immer Abenteuer geliebt, Rabenmädchen.«
    Sie lachte auf. »Das stimmt so nicht. Ich verabscheue Abenteuer. Aber sie finden mich immer wieder.«
    »Nein, ich habe dich gefunden.«
    Sie ergriff seine Hand. »Ich liebe dich.«
    »Dann komm.« Er betrat das Dunkel der Höhle und hielt seine Laterne hoch.
    Gwyn atmete noch einmal tief durch, dann überschritt sie die Schwelle und tauchte in die Dunkelheit ein.
    Es war, als stiegen sie in eine Katakombe hinunter, in der tiefe Stille herrschte. Eine Katakombe, die sich tief ins Erdreich unter der Burg grub. Die Steinwände waren feucht. Im Licht der Laternen sah Gwyn die Zeichnungen, die die Wände an manchen Stellen bedeckten. Es waren seltsame Bilder, die fremdartige, fantastische Wesen zeigten, und die nicht nur eine leichte Angst in ihr weckten, sondern auch Ehrfurcht.
    Eine schwache Erinnerung tauchte in Gwyn auf. Sie hatte diese Zeichnungen schon einmal gesehen, sie war schon einmal in dieser Höhle gewesen. Sie war noch recht klein gewesen, und ihr Vater hatte ihr etwas über die Zeichnungen erzählt. Er hatte gesagt, sie wären vor langer Zeit entstanden und die Steine wären von weither an diesen Ort gebracht worden. Mehr hatte er ihr nie erzählt. Gwyn wusste nicht, ob er nicht mehr darüber gewusst hatte oder ob er sein Wissen nicht mit ihr hatte teilen wollen. Aber warum sollte denn jemand hier Steine verstecken?
    Griffyn war inzwischen einige Schritte weitergegangen. Sein Licht flackerte vor ihr in der Dunkelheit. Er schien sich instinktiv zurechtzufinden. Sein Gesicht strahlte Erleichterung aus, und seine Augen waren auf das Ziel vor ihm gerichtet. Er blieb stehen und hob die Laterne. Um ihn erwachte ein Flackern und Schimmern. Er hatte eine Kammer erreicht. So schnell, wie sie es sich traute, eilte Gwyn ihm nach.
    An den Wänden der Kammer hingen Fackeln in Halterungen.
    Griffyn entzündete eine nach der anderen. Anfangs flackerten sie nur zaghaft auf, doch dann erwachten sie zum Leben und beleuchteten den ganzen Raum.
    »O mein Gott«, hauchte sie.
    Sie hatten den Schatz gefunden.
    An der Wand hing ein breites, langes Schwert, das in mehrere Teile zerbrochen war.
    Einige Gefäße standen ineinandergestapelt auf einem Schreibpult, daneben lagen ein mit Edelsteinen besetzter Gürtel und ein schlichter, aus Holz gefertigter Kelch.
    Der Schatz. Es waren nicht sehr viele Gegenstände, aber Gwyn hatte trotzdem das Gefühl, von der Pracht geblendet zu werden.
    Sie schlug vor Ehrfurcht eine Hand vor den Mund. Griffyn erwiderte ihren Blick, als sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher