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Die Verführung der Mrs. Jones

Die Verführung der Mrs. Jones

Titel: Die Verführung der Mrs. Jones
Autoren: Aimée Laurent
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lieben Kollegen, auf die sie dort treffen würde? Nun ja, sie hatte gehört, dass auch ein paar Italiener darunter waren. Das würde die Runde ein wenig auflockern. Sie schloss die Augen. Noch zehn Minuten, dann würde das Boarding beginnen.
     
    „Signora, prego.“
    Der Page, der sie in die Suite des Il Giardino begleitet hatte, schien mit seiner altmodischen Livree einem Gemälde des 19. Jahrhunderts entstiegen zu sein. Er hatte ein fein geschnittenes, fast noch kindliches Gesicht mit großen, leuchtenden Augen. Eine kleine, schräg sitzende Kappe gab ihm etwas Keckes, wie Sandra fand. Noch ein, zwei Jahre, und er würde ein schöner Mann sein … Sandra entließ ihn mit einem großzügigen Trinkgeld und trat auf den Balkon, der einen umwerfenden Blick auf den Hotelgarten und das Seepanorama preisgab. Die zarten Voileschals vor dem Fenster bewegten sich sacht im Wind. Außer ein paar Vogelstimmen war nichts zu hören. Einfach himmlisch … da ertönte ein kurzes Brummen. Das Handy: Eine SMS von Katharina.
     
    Gut angekommen?
     
    Sandra löschte die Nachricht kommentarlos und ging duschen.
    In der Lobby herrschte bereits reges Treiben, als Sandra zur festgesetzten Zeit dort erschien. Sie blickte sich um. Viele der Gesichter hatte sie bereits beim Zwischenstopp in Zürich gesehen. Soweit sie feststellen konnte, war kein Kollege darunter, den sie kannte. Das war etwas ungewöhnlich. Aber gut, dann würde sie eben Anschluss suchen. Doch das konnte warten. Artig lauschte sie der Begrüßungsrede des Hoteldirektors und nippte vorsichtig an ihrem Champagner. Sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen – vom Obst im Zimmer mal abgesehen – und wollte nicht schon am frühen Abend schlappmachen. Jetzt redete die Tourismusbeauftragte. Sandra seufzte und schaute auf die Uhr. Es war erst kurz nach sieben. Um acht sollte das Dinner beginnen. Sie trat von einem Bein aufs andere.
    Entgegen besserem Wissen – sie trug nicht oft hohe Schuhe und war es deshalb nicht gewohnt, lange auf ihnen zu laufen oder zu stehen – hatte sie sich für Stilettos entschieden, und ihre Füße schmerzten bereits. Kurzentschlossen steuerte sie die Damentoilette an und setzte sich im Vorraum auf die breite, gepolsterte Bank. Hier würde sie bis kurz vor acht bleiben.
    Um Viertel nach acht war der Cocktailempfang immer noch nicht vorbei. Und Sandra hatte schlechte Laune, im Gegensatz zu den anderen Anwesenden. Vielleicht lag es daran, dass die meisten einige Gläser Champagner Vorsprung hatten, vielleicht war es auch einfach nur der Hunger. Oder die Langeweile. Oder alles zusammen. Um zwanzig nach acht entschied sich Sandra, den Abend nicht mit den Kollegen im Hotel zu verbringen.
    Bis zum Kasino war es nicht weit. Sobald sie draußen war, zog Sandra die unbequemen Schuhe aus und genoss es, den kleinen Spaziergang entlang der Seepromenade barfuß zu machen. Tausende kleine Lichter schmiegten sich wie Perlen am Strang rund um das Ufer und glitzerten im Abenddunkel. Der Wind war etwas aufgefrischt und spielte mit dem dünnen Stoff ihres Kleides. Sandra hielt kurz inne und betrachtete das abendliche Panorama, dann schlenderte sie weiter. Sie war schon lange nicht mehr in einem Spielkasino gewesen, das letzte Mal während ihrer Reise an die Côte d’Azur vor zwei Jahren, da hatte sie das Kasino von Monte Carlo besucht. Allerdings war sie damals in Gesellschaft gereist. Nun, vielleicht war ja wirklich etwas dran an dem Spruch Pech in der Liebe – Glück im Spiel. Sie würde es herausfinden.
    „Darf ich?“
    Sandra hatte nicht bemerkt, dass ein Mann neben sie getreten war, und schrak zusammen. Sie war ganz auf den anziehenden Croupier konzentriert gewesen, der die Karten verteilte. Der Fremde hatte wunderschöne Hände. Kräftig und doch sensibel, dachte Sandra und atmete tief die kühle Luft ein. Seit einer Stunde saß sie bereits an diesem Black-Jack-Tisch, hatte gewonnen, verloren, wieder gewonnen … Die Zeit war wie im Flug vergangen. Sie betrachtete den Neuankömmling. Der Mann war jünger als sie, aber nicht viel, gut gekleidet, attraktiv. Er setzte sich und nickte ihr zu, dann ordnete er seine Chips. Seine Haare waren hellbraun und leicht gewellt. Er trug sie lang, fast bis auf die Schultern. Es gab seiner eleganten Erscheinung etwas Jungenhaftes, Ungezähmtes. Wieder sah er sie an und lächelte. Sie lächelte zurück, spürte eine leichte Verlegenheit. Sie hatte ihm gerade das Startsignal gegeben. Gleich würde er anfangen zu flirten. Sie
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