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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin
Autoren: Jude Deveraux
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aufgebaut?« fragte sie mit großer Anteilnahme in der Stimme.
    »Alles, was ich hatte, war in diese Sägemühle investiert; als sie abbrannte, besaß ich keinen Cent mehr.« Seine Stimme wurde leiser. »Nicht einmal mehr Kredit.« Nach kurzem Schweigen drehte er ihr wieder lächelnd das Gesicht zu. »Aber ich habe große Hoffnung, daß sich mein Los bald zum Besseren wenden wird. Sehen Sie? Ich glaube, Sie haben einen Fisch an der Leine. Soll ich ihn für Sie einholen?«
    »Das kann ich schon selbst, danke«, sagte sie, während sie die Angelschnur aufzurollen begann. An ihrem Haken hing tatsächlich ein Lachs, und binnen einer Stunde hatte sie ein halbes Dutzend Fische von ziemlicher Größe gefangen, während Asher zwei kleine Fische erbeutet hatte.
    Er nahm die Tatsache, daß sie die Ernährerin für sie beide spielen mußte, mit gutmütigem Lachen zur Kenntnis, und sie kehrten einträchtig nebeneinander ins Lager zurück.
    Dort brannte bereits ein Feuer auf Sparflamme, das sie zweifellos Tynan zu danken hatten; doch der Mann war nirgends zu sehen.
    »Ich würde gern etwas mit Ihnen besprechen, Mr— Ash«, sagte Chris, während sie geschickt die Fische ausnahm, säuberte und dann auf einen Stock steckte. »Tatsächlich wollte ich auch mit Mr. Tynan sprechen; aber es hat den Anschein, als könnte ich Sie beide niemals gleichzeitig haben. Der Grund, warum ich mich in Mr. Hugh Laniers Haus aufhielt, war ein Gerücht, daß Mr. Lanier in eine ziemlich üble Sache verwickelt sei und...«
    »Übel?« sagte Asher, sich gegen einen Baum lehnend. »Vielleicht ist übel ein zu starkes Wort.«
    »Das glaube ich nicht. Ich glaube auch nicht, daß meine Leser es für zu stark halten werden. Hugh Lanier wollte ein Stück Land haben, das bereits von Missionaren besiedelt war. Aber sie wollten es ihm nicht verkaufen. Deshalb besorgte er sich Waffen und heuerte weiße Männer an, die sich als Indianer verkleiden und die Missionare massakrieren mußten. Wenn das nicht übel ist, möchte ich wissen, was es dann ist.« Wie immer, wenn sie an eine Ungerechtigkeit von solchen Ausmaßen dachte, wallte der Zorn in ihr auf.
    »Aber wenn es doch nur ein Gerücht ist...«
    »Es nur ein Gerücht war. Ich besitze Beweise, daß er es getan hat. Unter anderem habe ich einen Kaufvertrag über Gewehre. Ich habe sogar mit eigenen Ohren gehört, wie er mit einem dieser >Indianer< verhandelte...«
    »Ihn gehört?« sagte Asher. »Soll das heißen, Sie haben ihn belauscht?«
    »Natürlich. Ich trug ein grünes Kleid und habe mich in einem Maisfeld versteckt. Doch der springende Punkt ist: Ich muß meinen Bericht mit den Beweisen dem Zeitungsmann übergeben, der mich beauftragte, diesem Gerücht nachzugehen, und wenn meine Berechnungen stimmen, befindet sich Johns Büro jetzt genau westlich von uns. Wir müssen morgen wieder früh aufbrechen.«
    Sie beobachtete Asher, der seinen Hut auf dem Schoß hielt und nun mit seinem Hutband spielte. »Chris, ich glaube nicht, daß Ihr Vater damit einverstanden ist, wenn Sie sich im Land herumtreiben und Männer anschwärzen... Männern vorwerfen, was Sie diesem Lanier zur Last legen. Wenn wir in das Haus Ihres Vaters zurückgekehrt sind, kann er ja diese Sachen an diesen Zeitungsmann weiterschicken. Bis dahin halte ich es für das beste, wenn Sie hier im Lager in Sicherheit bleiben.«
    Chris blickte ihn nur eine Sekunde lang an. Sie war bei einem Mann wie diesem aufgewachsen, und sie hatte mit Männern wie ihm gearbeitet. Prescott war fest davon überzeugt, daß sie Lanier Unrecht tat, und nichts, was sie sagte oder tat, würde seine Meinung erschüttern können. »Ich glaube, die Fische sind durch«, sagte sie leise und sah dann, daß er sie auf eine Weise anlächelte, wie Männer, die stets gewannen, eben Frauen anzulächeln pflegen. Sie erwiderte sein Lächeln, doch es reichte nicht bis zu ihren Augen hinauf.
    Sie machte leichte, damenhafte Konversation mit Asher, während sie ihre Fische aßen, und kam kein einzigesmal mehr auf ihre Pläne zurück, wie sie ihre Story zu John Anderson bringen wollte. Aber sobald sie mit ihrer Mahlzeit fertig waren, stand sie auf.
    »Ich denke, ich werde mal sehen, ob ich Mr. Tynan finden kann«, sagte sie mit geistesabwesender Stimme, während sie sich in Richtung Fluß in Bewegung setzte.
    »Ich würde das an Ihrer Stelle nicht tun, Chris«, sagte Asher. »Ich bin überzeugt, der Mann würde hier bei uns sitzen, wenn ihm an unserer Gesellschaft gelegen wäre, und ich bin
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