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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
Autoren: V Panov
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unbefugte Blicke ab. Das einzige
Tor, das auf den Prospekt hinausführte, war mit einer massiven Stahlplatte bewehrt, auf der ein sich aufbäumendes Einhorn abgebildet war. Welche sonstigen Barrieren und Fallstricke die Gardisten des Großmagisters für ungebetene Gäste bereithielten, wusste niemand so genau, doch Franz de Geer, der Kapitän der Garde, war Kriegsmeister – der führende Kriegsmagier des Ordens – und verstand etwas von seinem Metier. Die magischen Felder, mit denen er die Burg umgeben hatte, waren in der Lage, jeden Zauberer, der sich dem Hauptquartier der Tschuden in feindseliger Absicht näherte, aufzuspüren und ihm seine Energie zu entziehen. Die Burg war eine regelrechte Festung, die gegen Angriffe aller Art bestens gerüstet war, und zwar zu jeder Zeit, ungeachtet des geltenden Waffenstillstands zwischen den Herrscherhäusern.
     
    Das Empfangszeremoniell wurde bis ins kleinste Detail eingehalten. Die kleine Wagenkolonne der Gäste bestand aus einem schneeweißen Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht und zwei schwarzen Rolls-Royce mit klassisch geschwungener Karosserie. Bereits als die Kolonne den Lomonossow-Prospekt überquerte, begann sich das schwere Tor zu öffnen, und kurz darauf fuhren die Fahrzeuge mit unverminderter Geschwindigkeit in den Innenhof der Burg ein. Dort trennten sie sich. Der Streifenwagen und einer der Rolls-Royce bogen rechts ab und verschwanden in einer Tiefgarage. Der zweite Rolls-Royce steuerte das mittlere Gebäude an und hielt auf einem kleinen Vorplatz, unmittelbar vor einer breiten
Marmortreppe. Dort erwartete Franz de Geer höchstpersönlich die Gäste.
    Links von der Treppe hatte man eine Ehrenwache aus zwei Dutzend Gardisten postiert. Wegen der brütenden Hitze in der Stadt war ihre Paradeuniform etwas abgespeckt worden. Anstelle der Brustharnische trugen sie rote, mit einem goldenen Einhorn verzierte Jacken und anstelle der geschlossenen Stahlhelme leichtere, vergoldete Modelle, deren bunte Federbüsche im Wind schaukelten. Im Übrigen war ihr Aufzug wie gewohnt: Reithosen, blankpolierte Stiefel und Pallasche mit gerader Klinge. Auf der anderen Seite der Treppe wehten die Standarten der Logen des Ordens: die blau-rote der Schwerterloge, die schwarz-rote der Drachenloge, die gelb-rote der Salamanderloge, die grün-rote der Hermelinloge und schließlich – selbstverständlich die größte – die scharlachrote Standarte des Herrscherhauses Tschud. Stolz wogten die schweren Tücher in der Stille des feierlichen Empfangs und kündeten von der ruhmreichen Geschichte des Ordens. Hinter den Rücken der Gardisten und Bannerträger drängten sich zahlreiche Schaulustige, die aus der gesamten Burg gekommen waren, um einen Blick auf die seltenen Gäste zu erhaschen.
    Der Rolls-Royce war kaum zum Stehen gekommen, da öffneten Pagen die Seitentüren, traten zurück und entboten eine tiefe Verbeugung.
    Der Limousine entstieg ein groß gewachsener Mann in einem langen, dunkelblauen Mantel, dessen Schulterpartien mit einer filigranen Goldstickerei verziert
waren. Auf einen schwarzen Stab gestützt, ging er in kleinen, mühevollen Schritten auf die Treppe zu. Das Gesicht des Gastes war von einer tief herabgezogenen Kapuze verhüllt und seine Hände von den langen Ärmeln seines Mantels. Das Publikum bekam lediglich seine hoch aufgeschossene Gestalt zu sehen.
    Das Aussehen der Ratsherren des Dunklen Hofs, der höchsten Würdenträger des Herrscherhauses Naw nach dem Fürsten, blieb stets geheim.
    Auf der anderen Seite des Wagens stieg ein ebenso großer, schlanker Mann aus, der einen elegant geschnittenen Anzug und eine teure Krawatte trug. Zunächst inspizierte er mit seinen schwarzen, tief in den Höhlen sitzenden Augen aufmerksam das Empfangskomitee. Dann glättete er mit einer flüchtigen Handbewegung seine ohnehin tadellose Frisur, ging behänden Schrittes um die Limousine herum und schloss sich seinem Begleiter an.
    Unter den Schaulustigen erhob sich Getuschel. Dieser Naw war in der Burg nicht eben beliebt: Santiago, der Kommissar des Dunklen Hofs. Er war die strafende Hand des Fürsten und durch seine Umtriebe waren zu Kriegszeiten bereits etliche Gallonen Ritterblut vergossen worden.
    »Der Großmagister erwartet die Gesandten des Dunklen Hofs!«, verkündete Franz de Geer und deutete eine Verbeugung an.
    Die Inneneinrichtung der Burg war bis ins kleinste Detail dem Geschmack seiner Besitzer angepasst: grobes Mauerwerk, gewölbte Decken, Massivholzmöbel,
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