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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
Autoren: V Panov
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an
den Wänden Waffen und Gobelins … Fehlten nur noch Pferde und Hunde. Die als stilisierte Fackeln ausgeführten Wandleuchter verstärkten noch die frappierende Diskrepanz zwischen der modernen Außenhaut des Gebäudes und seinem mittelalterlich anmutenden Interieur.
    Im dritten Stockwerk wurden die Gäste in einen großen, hell erleuchteten Raum geführt, der mit marmornen Reliefs ausgeschmückt war. Die Tschuden trieben einen ans Pathologische grenzenden Kult um ihre Geschichte, und so waren Besucher des Thronsaals genötigt, die auf den Steinbildern dargestellten, längst vergessenen Heldentaten der ruhmreichen Ritter zu bewundern. Zwischen den Reliefs hingen große Schilde mit den Wappen sämtlicher Logen des Herrscherhauses, von denen nicht wenige selbst in den rothaarigen Köpfen der Tschuden längst in Vergessenheit geraten waren. Der größte Schild, auf dem das sich aufbäumende Einhorn dargestellt war, hing über dem Thron. Dortselbst erwartete die Gäste ein stoisch wirkender, graubärtiger Mann, auf dessen Kopf eine mit Rubinen besetzte Krone saß: Leonard de Saint-Carré, Großmagister und Meister der Meister.
    Der wohlbeleibte Gebieter des Hauses Tschud war in einen purpurnen, mit Hermelinfell gefütterten Mantel gehüllt, hielt in der Rechten einen goldenen Stab und stützte sich mit der linken auf ein mächtiges, zweigriffiges Schwert. Zu beiden Seiten des Throns hatten sich die vier Magister der Logen platziert, während die Mitglieder der Meisterloge – die führenden Magier des
Ordens – entlang der Saalwände aufgereiht standen. Wie der Großmagister trugen auch seine Untertanen die klassischen Gewänder: Mäntel, Kamisole, breite Gürtel mit großen Schnallen und Paradedolche. Vor dem Hintergrund dieser feudalen Pracht wirkte Santiagos schlichter Aufzug völlig deplatziert, doch den Kommissar kümmerte das wenig.
    »Der Ratsherr des Dunklen Hofs!«, verkündete Franz de Geer und schloss die schwere Eichenholztür.
    Die Nawen traten vor den Thron und verneigten sich.
    »Mein Herr, der Fürst des Dunklen Hofs, entbietet dir, Großmagister, und dem gesamten Volk der Tschuden seine aufrichtigsten Wünsche für ein ungetrübtes Wohlergehen«, sprudelte es mit gedämpfter und etwas zischelnder Stimme aus der Kapuze.
    »Verbindlichsten Dank«, nickte de Saint-Carré. »Doch ich gehe wohl recht in der Annahme, dass ihr diese Audienz nicht erbeten habt, um mir gute Gesundheit zu wünschen. Was führt euch her?«
    Die Ritter waren dafür bekannt, nicht lange um den heißen Brei herumzureden.
    »Im Naw’schen Spiegel sind rätselhafte Zeichen erschienen. Deshalb hat der Fürst vor zwei Tagen das Orakel von Degunino befragt.«
    Die Tschuden tauschten ungläubige Blicke. Es kam äußerst selten vor, dass der Gebieter des Dunklen Hofs externen Rat suchte.
    »Und was hat das Orakel offenbart?«, fragte de Saint-Carré neugierig.

    »Der Grund, der den Fürsten dazu bewog, sich nach Degunino zu begeben, war eine Störung des energetischen Gleichgewichts in der Verborgenen Stadt. Der Energiepegel in den Magischen Quellen ist instabil. Mein Gebieter ist der Meinung, dass du das auch bemerkt haben müsstest.«
    Der Großmagister schüttelte bedächtig den Kopf. »Der Energiepegel war noch nie völlig konstant, und eine kleine Welle macht noch keinen Sturm.«
    »Der Sturm steht noch bevor und wehe dem, der nicht darauf vorbereitet ist.«
    »Hat der Fürst etwa die Absicht, die Verteidigungsbereitschaft des Ordens zu testen?«, fragte de Saint-Carré herausfordernd und zog die buschigen Brauen zusammen.
    Im Saal erhob sich streitbares Gemurre, obwohl die Tschuden wussten, dass mit den Nawen nicht zu spaßen war. Beim letzten Mal, als man ihren Zorn heraufbeschworen hatte, war es nur im Verbund mit dem Grünen Hof gelungen, sie wieder zu besänftigen und an den Verhandlungstisch zu bringen.
    »Eure Verteidigungsbereitschaft werden andere auf die Probe stellen«, erwiderte der Ratsherr kühl. »In der Verborgenen Stadt ist ein mächtiger Zauberer aufgetaucht, der eine Bedrohung für alle Herrscherhäuser darstellt.«
    »Aufgetaucht? Woher? Aus dem Nichts?«, erkundigte sich der Großmagister.
    »Sein Erscheinen war erwartet worden.«
    »Und wer soll dieser Supermagier sein?«

    De Saint-Carré blickte spöttisch in die Runde und seine Ritter grinsten.
    »Wir kennen nur seinen Namen: Lubomir.«
    »Lubomir?«, wiederholte der Großmagister. »Ein Lud? Oder gar ein Humo?«
    Ein menschlicher Magier, ha! Die Ritter
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