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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Steffanie Burow
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hatte, legte er den Rückwärtsgang ein und rangierte sich aus der Lücke, bis der Wagen halb auf dem Begrenzungsstreifen zwischen der Fahrbahn und dem Fahrradweg stand. Li Yandao stieg aus und schlug die Autotür hinter sich zu.
    »He! Sie können das Auto da nicht stehen lassen. Wie soll ich vorbeifahren?«, keifte der Fahrer hinter ihm.
    »Ihr Problem«, fertigte Li Yandao ihn ab und stapfte in Richtung des Museums davon.
    * * *
    »Setzen Sie sich«, sagte Vizedirektor Guan und wies auf einen bequemen Lederdrehstuhl vor seinem Schreibtisch. Dann ging er um den Schreibtisch herum und ließ sich in seinen Stuhl fallen.
    »Sie sind Archäologin?«, fragte er einleitend.
    »Nein«, antwortete Marion einsilbig. Sie konnte ihren Blick nicht von den geschmacklosen Ringen des Vizedirektors abwenden, der unruhig mit den Fingern auf dem Schreibtisch herumtrommelte. Sie fühlte sich in der Gegenwart des Mannes unbehaglich, und die Beichte wäre ihr leichter gefallen, wenn er ihr sympathischer gewesen wäre. Doch dann gab sie sich einen Ruck. Es spielte keine Rolle, ob sie den Mann mochte oder nicht.
    »Ich habe vor einigen Monaten in Xinjiang einen Fund gemacht«, begann sie. »Ich behielt ihn, da ich ihn für wertlos hielt – doch einige unangenehme Vorkommnisse ließen in mir den Verdacht aufkeimen, dass dem nicht so war. Der Fund schien im Gegenteil sogar sehr wertvoll zu sein, denn eine Bande von Schmugglern verfolgte mich kreuz und quer durch China, bis es mir gelang, den Fund nach Deutschland und in Sicherheit zu bringen.« Marion feixte innerlich: Yandao und sie hatten letzte Nacht stundenlang an einer plausiblen Version ihrer Geschichte gefeilt, die der Wahrheit so nahe kommen musste wie möglich und dabei Marions Verstrickungen in die ganze Affäre herunterspielte.
    »Dummheit schützt vor Strafe nicht«, hatte Marion bemerkt, aber Yandao hatte diesen Einwand einfach weggewischt. »In China schon«, hatte er gesagt und dabei breit gegrinst. »Da wir euch Nicht-Chinesen samt und sonders für ignorante Dummköpfe halten, werden sich die zuständigen Stellen in ihrer Meinung bestätigt fühlen und dich mit freundlicher Herablassung behandeln.« Woraufhin Marion ihm ein Kissen an den Kopf geworfen hatte.
    Die Generalprobe hatte die Geschichte offensichlich bestanden: Der Vizedirektor schluckte sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Sie fuhr fort: »Nachdem ich einen deutschen Fachmann zu Rate gezogen und er die Echtheit des Fundes bestätigt hatte, stand für mich sofort fest, dass ich die Sachen nach China zurückbringen musste. Um konkret zu sein: in Ihr Museum, Direktor Guan.«
    Vizedirektor Guan rutschte auf die Stuhlkante. »Wo ist es?«
    »Es?«, fragte Marion verwirrt.
    »Na das, was Sie mir geben wollen. Sie sind doch hier, um mir Ihren Fund zu überreichen, oder täusche ich mich?«
    »Nein, nein, natürlich bin ich deshalb hier, aber …«
    »Sie spannen mich auf die Folter, Fräulein Reu-Ta. Was ist es?«
    »Sie kennen die halbe Pferdefigur aus der Han-Dynastie, die in einer Vitrine in dem Saal mit den Goldschmiedearbeiten ausgestellt ist?«, fragte sie zurück.
    »Selbstverständlich. General Li Guanglis Dienstausweis. Ein sehr schönes Stück, nur leider fehlt die andere Hälfte.«
    »Jetzt nicht mehr. Ich habe sie gefunden.«
    »Tatsächlich?«
    Marion hatte erwartet, dass der Vizedirektor über diese Eröffnung völlig aus dem Häuschen sein würde, aber er zeigte sich nicht einmal überrascht. Ein wenig enttäuscht öffnete sie ihre neue, brombeerfarbene Handtasche und wollte gerade den Umschlag mit den Fotos herausziehen, den der Polizist ihr gegeben hatte, als ihr Gegenüber einen erstickten Laut ausstieß. Marion blickte auf. Alle Farbe war aus dem schwammigen Gesicht des Vizedirektors gewichen, und er starrte entsetzt auf einen Punkt hinter Marion. Sie schwang den Drehstuhl herum, um zu sehen, was ihn so erschreckt hatte.
    Die Pistole war direkt auf sie gerichtet.
    * * *
    Li Yandao platzte beinahe vor Wut. Vor dem Kassenhäuschen stand ein westlicher Tourist in abgetragener Kleidung und feilschte mit der Kassiererin um den Eintrittspreis.
    »Ich bin Student. Hier, mein Studentenausweis. Ich habe ein Recht auf eine Ermäßigung!«, rief er aufgebracht in die kleine Öffnung, hinter der die Frau saß.
    »Es ist mir egal, was Sie für Rechte haben. Es gibt keine Sonderregeln und damit Schluss.«
    »Der Eintrittspreis ist viel zu hoch.«
    »Dann bleiben Sie draußen.«
    »Ich werde mich
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