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Die Vampirjaegerin

Die Vampirjaegerin

Titel: Die Vampirjaegerin
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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fragte sie ihn schließlich:
    »Warum hast du solche Angst vor Midnight?«
    Es war keine besonders höfliche Frage. Einen Vampir nach seinen Ängsten zu befragen war, als frage man Eltern, warum ihre Kinder krank seien.
    Fast erwartete sie, dass er sie ignorieren würde, doch er warf ihr einen finsteren Blick zu.
    Dann sah er weg, lächelte, als erinnere er sich an etwas, und trat zur Tür.
    »Weil ich einst ein Teil davon war«, antwortete er. »Ich kenne Midnight und die Frau, die es einst beherrschte, besser, als du es dir vorstellen kannst. Ich weiß, was dort vor sich ging. Und da ich nicht annähernd so verrückt bin wie die Leute, mit

    denen ich mich umgebe, hege ich den offenbar unprofessionellen Wunsch, dass du dich nicht umbringst.«
    Turquoise versuchte noch herauszufinden, ob der letzte Teil als Beleidigung oder als Kompliment gemeint war, als Nathaniel an Jillian Reds Tür klopfte.

    Kapitel 3

    Ravyn schien höchst amüsiert, als sie von der Rolle hörte, die sie spielen sollte, um ihr Geld zu verdienen, doch als sie später in einem China-Restaurant die Einzelheiten ihres Plans durchgingen, verringerte sich ihre Freude zusehends.
    Nathaniel sprach zwischen kleinen Schlucken Tee und höflichen Bissen von seinem Sesamhuhn. Turquoise fragte sich, ob er es mochte oder ob er nur aß, damit sie normal aussahen, denn als Vampir brauchte er keine menschliche Nahrung.
    Ruhig erklärte er: »Wenn ihr nicht gefesselt und in eine Zelle geworfen werden wollt, braucht ihr einen Pass für gezähmte Sklaven. Kein Sklavenausbilder wird glauben, dass ihr gebrochen seid, aber wenn ihr es geschickt anstellt, könnte er sich damit zufriedengeben, dass ihr klug genug seid zu gehorchen. Ich habe gehört, dass man in Midnight seine Sklaven nicht so brutal behandelt wie einst, also sollte euch ein wenig Unterwürfigkeit die Zeit verschaffen, die ihr für euren Auftrag braucht.«
    Zu Ravyn gewandt, fügte er hinzu: »Dein Meister ist nicht nur dein Besitzer, er ist dein Leben, er ist das Einzige, was zählt. Seine Wünsche sind oberstes Gebot. Was er sagt, wird ohne zu zögern getan. Bis ihr verkauft seid, bin ich euer Meister.
    Wenn wir nach Midnight kommen, seht ihr mich an. Wenn jemand euch einen Befehl gibt, seht ihr mich an. Wenn jemand euch eine Frage stellt, seht ihr mich an.
    Wenn ihr verkauft seid, gilt das Gleiche für euren neuen Besitzer. Eine Sklavin denkt nicht, sie gehorcht nur. Sprecht nie ohne Erlaubnis einen Vampir mit Namen an. Ich kenne nur wenige, die zögern würden, Sklaven zu schlagen, wenn sie einen Titel zu nennen vergessen haben. Im Allgemeinen sprecht ihr jeden meiner Art mit
    ›Milady‹ oder ›Milord‹ an, sofern es nicht anders von euch verlangt wird.«
    Nathaniel schwieg einen Augenblick. »Der derzeitige Herrscher von Midnight nennt sich Jaguar. Er war im alten Midnight ein Sklavenausbilder, und zwar einer der besten. Geht ihm so weit wie möglich aus dem Weg, denn er wird euer Spiel leicht durchschauen.«
    »Erzähl uns von Midnight«, bat Turquoise, als Nathaniel wieder schwieg.
    »Ich habe bisher nichts mit dem neuen Midnight zu tun gehabt, aber ich kannte das alte nur allzu gut«, erklärte er. »Ich habe gesehen, dass Menschen wie Vieh gezüchtet und wegen geringfügiger Vergehen blutig geschlagen wurden.
    Schlimmer noch, ich habe gesehen, wie Menschen wie euch beiden, freien Menschen mit starkem Willen, die Unterwürfigkeit von gut erzogenen Haustieren beigebracht wurde.«

    Er hob den Blick, um erst Ravyn, dann Turquoise in die Augen zu sehen und ihren Gesichtsausdruck zu prüfen. »Ich habe gehört, dass Jaguar einige Gesetze ändert. Die Leute beschweren sich, dass er zu milde mit den Menschen ist, doch bisher hat sich niemand, der stark genug wäre, ihn zu stürzen, die Mühe gemacht, es zu tun. Lasst euch von seiner scheinbaren Freundlichkeit nicht beirren! Jaguar war nach Jeshickah der bösartigste Sklavenausbilder in Midnight. Und alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab, auch wenn er sich offenbar irgendwelche Moralvorstellungen angeeignet hat. Sobald ich euch verkauft habe, seid ihr auf euch allein gestellt. Keiner der Anhänger von Midnight wird dann noch die neuen Besitzansprüche infrage stellen, das heißt, auch wenn ihr einen Händler für die Hilfe zur Flucht bezahlen wolltet, könnte er euch nicht hinausbringen.«
    Nathaniel gab ihnen noch weitere Warnungen mit auf den Weg. Er war derjenige gewesen, der Turquoise aus dem Besitz ihres ersten Herrn gerettet hatte, aber
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