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Die unterirdische Sonne

Die unterirdische Sonne

Titel: Die unterirdische Sonne
Autoren: Friedrich Ani
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Conrad drückte ihr stattdessen die dritte dicke Jacke in die Hände. Dann hielt er den Pelzmantel am Kragen fest, drehte ihn um und wartete, dass Maren hineinschlüpfte. Ungelenk steckte sie erst den linken, dann den rechten Arm hinein und machte den Eindruck, als würde ihr eine bleischwere Rüstung übergestülpt.
    Conrad streifte die gelbe Öljacke mit der großen Kapuze über, schloss die Druckknöpfe auf der Vorderseite und ging zur Haustür. Im selben Moment bremste draußen ein Fahrzeug.
    Der Motor lief, während jemand ausstieg und eine Schiebetür aufriss. Schritte auf Kies waren zu hören. Dann Stille.
    Conrad wandte sich zu den anderen um. Sie drängten sich im Flur nah aneinander, verschreckt, mit flehenden Blicken. Conrad zuckte mit der Schulter, kniff die Augen zusammen, schien eine Entscheidung zu treffen. Vor der Tür klirrte ein Schlüsselbund.
    Conrad hob und senkte den Arm und nickte den anderen zu. Sie wussten nur ungefähr, was er meinte. Er wiederholte die Geste. Sie knieten sich hin, und er bedeutete ihnen, sich noch weiter zu ducken. Dann drückte er auf den Lichtschalter neben der Tür. Aus dem Wohnzimmer fiel nur noch ein schmaler Strahl durch die angelehnte Tür.
    Conrad trat einen Schritt zurück und ging in die Hocke.
    Die Haustür wurde geöffnet. Im selben Moment sprang Conrad auf die Person zu, schlug ihr mit den Fäusten ins Gesicht und brachte sie zu Fall. Eine Kiste voller Flaschen schlug auf der Steinterrasse auf. Das Klirren hallte durch die Nacht.
    Der Mann, der Noah ermordet hatte, war von dem Angriff so überrascht, dass er die Fußtritte nicht kommen sah. Er versuchte, eines der Beine zu fassen zu kriegen, hatte aber keine Chance.
    »Rein hier!«, schrie Sophia, die hinter das Lenkrad des großen schwarzen Wagens gesprungen war. »Schneller! Schneller!«
    Conrad packte Maren und warf sie durch die Schiebetür ins Innere. Dann hob er Eike hoch und hievte ihn hinterher. Sophia drückte das Gaspedal im Leerlauf mehrmals hintereinander durch.
    Mit einem Sprung hechtete der Mann auf Leon zu, der nicht schnell genug weglaufen konnte, und packte dessen Fuß. Leon fiel mit dem Gesicht voran in den Kies und stieß einen Schrei aus.
    Conrad verlor keine Sekunde. Er rannte zurück und trat dem Mann in den Nacken. Leon befreite sich aus dem Griff, rappelte sich auf, und bevor er begreifen konnte, was geschah, hatte Conrad ihn zum Auto geschleift. Er stieß den dürren Körper auf den Rücksitz, schob die Tür zu, kletterte auf den Beifahrersitz, und Sophia gab erneut Gas.
    Der Wagen schlitterte. Sophia schaltete in den zweiten, den dritten Gang und raste eine schmale Straße hinunter.
    »Licht an«, rief Conrad. Er drückte alle möglichen Knöpfe und fand den richtigen Schalter.
    »Wo fährst du hin?«, fragte er aufgeregt und wandte sich um. Auf den beiden Plätzen hinter ihm saßen Leon und Maren, die Hände ineinandergekrallt, und in der Mitte auf der Bank dahinter Eike, der sich mit beiden Händen in den Sitz klammerte und vor Entsetzen kaum Luft bekam. Rechts und links neben ihm standen zwei Holzkisten voller Konserven und abgepackter Lebensmittel.
    »Frag nicht so dumm.« Sophia steuerte den schweren Wagen auf die Hauptstraße, auf der keine Autos unterwegs waren. Die Uhr auf dem Armaturenbrett zeigte fünfundzwanzig Minuten nach zwanzig Uhr. »Schalt das GPS ein, beeil dich, Conrad.«
    Ihm ging es wie den anderen. Er konnte nicht glauben, was er sah, und dennoch war es wirklich. Die vierzehnjährige Sophia steuerte eine Art Geländewagen, als wäre sie eine gelernte Chauffeurin, und jedem war klar, dass es keine gute Idee wäre, sie zu fragen, wo sie das gelernt hatte. Sie wirkte nicht im Geringsten unsicher, hielt das Lenkrad fest, schaute in den Rückspiegel, nahm jede Kurve souverän und erteilte ihrem Beifahrer Anweisungen. »Das ist ein Touchscreendisplay, Conrad. Also berühr es und find raus, wo wir hinmüssen.«
    Offensichtlich gab es nur eine einzige Hauptstraße, und die führte zwischen Dünen hindurch über die gesamte Insel. Das Display zeigte eine bunte Karte. »Wir kommen von hier«, sagte Conrad. »Der Ort, wo wir waren, heißt Engen.«
    »Wie?«, fragte Sophia, den Blick konzentriert auf die Fahrbahn gerichtet.
    »Engen. Und wir fahren hier entlang, direkt nach … nach Seilheim.«
    »Da ist der Bahnhof«, sagte Leon. Er wagte aber nicht, sich nach vorn zu beugen. Außerdem musste er Marens Hand festhalten.
    »Wir kommen nicht weg von der Insel.« Conrad irrte
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