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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut
Autoren: Aimée Carter
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wird, aber du bist jetzt meine Königin, ja.“ Zärtlich legte er die Hand unter mein Kinn und drückte die Lippen auf meine. Zuerst verhalten, dann immer leidenschaftlicher. „Jetzt, da du wach bist, muss ich sagen, es wäre eine Schande, diese wundervolle Nacht mit Reden zu vergeuden.“
    „Meinst du, wir sollten feiern?“, entgegnete ich und hob spielerisch die Augenbrauen. Ich hatte gedacht, Königin der Unterwelt zu sein würde sich irgendwie anders anfühlen, als hätte sich in meinem Inneren etwas grundlegend verändert, doch ich fühlte mich wie immer. Ich war immer noch ich, und mit Henry an meiner Seite war das alles, was ich sein musste.
    „Ich meine, dass das für eine Weile unsere letzte gemeinsame Nacht sein wird“, murmelte er, „und ich würde sie gern auskosten.“
    Wortlos küsste ich ihn und legte sämtliche Hoffnung, alles Glück und meine gesamte Liebe in diesen Kuss. Das Licht wurde wieder gedämpft, als wir gemeinsam auf das Bett zurücksanken, und zum ersten Mal seit langer Zeit war ich mir sicher, dass alles gut werden würde.
    Als der Morgen kam, waren wir beide ernst. Nachdem ich zwanzig Minuten mit dem Versuch verbracht hatte, alles zu falten und in den Koffer zu stopfen, von dem ich glaubte, ich könnte es brauchen, machte Henry eine weit ausholende Geste und brachte es fertig, innerhalb von Sekunden meine Sachen für mich zu packen. Ich gab vor, nicht neidisch zu sein, doch insgeheim hoffte ich, Ava könnte das ebenfalls. Wenn nicht, würden wir die Hälfte der Zeit damit verschwenden, zu versuchen, das verfluchte Ding zuzukriegen. Und wir hatten wesentlich wichtigere Dinge zu tun.
    Kurze Zeit später trafen wir meine Mutter, Walter, James und Ava im Foyer des Gästeflügels. Henry und ich kamen Seite an Seite, sein Arm um meine Schultern, und ein wenig fürchtete ich, er wäre nicht bereit, mich loszulassen. Seit ich den Reißverschluss an meinem Koffer zugezogen hatte, hatte er kaum ein Wort gesagt. Doch jedes Mal, wenn sich unsere Blicke trafen, schenkte er mir ein kleines, schmerzerfülltes Lächeln, als wollte er beweisen, dass er nicht böse auf mich war. Ein wenig half es, doch es hielt mich nicht davon ab, mich schuldig zu fühlen, wann immer ich an die Möglichkeit dachte, ich könnte nicht zurückkehren. Ava sah aus wie der Tod auf zwei Beinen. Ihre Augen waren rot und geschwollen, und zum ersten Mal, seit ich sie kannte, war ihr Haar ungekämmt. Ihre Kleidung war formlos, die Art Sachen, die ich zum Schlafen trug – nicht die engen, gewagten Tops und Röcke, die sie sonst trug. Die Hände in die Taschen geschoben, starrte sie zu Boden. Als ihr Vater an ihr vorbeiging, um mich zu begrüßen, blinzelte sie nicht einmal.
    „Bist du bereit?“, fragte Walter, und ich nickte. Henry zog meinen Koffer hinter sich her, und Walter legte die Hand auf Avas Schulter. „Meine Liebe, wärst du so nett?“
    Endlich hob Ava den Blick vom Boden, und eine Sekunde später war mein Koffer verschwunden. „Er ist in Sicherheit“, versprach sie, als ich den Mund öffnete, um zu protestieren. „Du bekommst ihn zurück, wenn wir ankommen.“
    „Wo genau gehen wir eigentlich hin?“, fragte ich, und James reichte mir einen Umschlag aus schwerem Pergament. Die Art Umschlag, die die Leute tausend Jahre zuvor benutzt haben mussten.
    „Rhea ist viel unterwegs“, erklärte er. „Aber in den letzten paar Jahren hat sie an ein und demselben Ort gewohnt, also habt ihr vielleicht Glück und erwischt sie, bevor sie weiterzieht. Ich habe euch den Weg beschrieben. Wenn ihr dort ankommt und sie ist nicht da, weiß Ava, wie sie mich erreichen kann.“
    Kurz blickte ich zu Ava hinüber. War sie der Sache überhaupt gewachsen? Abwesend schlurfte sie umher und weigerte sich, irgendjemandes Blick zu erwidern, und sie sah ganz sicher nicht danach aus, als würde sie sich gleich auf die wilde Jagd nach einer Titanin machen. Doch so gern ich versucht hätte, sie aus ihrer Lethargie wachzurütteln – sie hatte jedes Recht, sich so zu verhalten. Nicholas war fort, und nach allem, was ich wusste, würde sie ihn vielleicht niemals wiedersehen.
    James schien dasselbe zu denken wie ich. Mit leicht geöffnetem Mund betrachtete er Ava, als wollte er etwas sagen, doch dann hielt er inne. „Vielleicht sollte ich auch mitkommen“, schlug er vor. „Um sicherzugehen, dass ihr sie findet.“
    „Nein“, entgegnete Walter. „Je weniger von uns bei der Planung dabei sind, desto geringer werden unsere Chancen, zu
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