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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut
Autoren: Aimée Carter
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über meinen Wangenknochen. „Persephone hat mir erzählt, dass du gesagt hast, es wäre nicht so gut gewesen, wie du erwartet hattest. Als sie dich geküsst hat, meine ich.“
    In seinen Augen flackerte etwas auf, doch es war fort, bevor ich sagen konnte, was es war. „Nein, war es nicht. Es bereitet mir nur wenig Freude, jemandem meine Zuneigung zu zeigen, der sie nicht erwidert.“
    „Ja, geht mir genauso.“ Ich legte meine Hand auf seine und drückte die Lippen auf seine Handfläche. „Es tut weh, derjenige zu sein, der inniger liebt.“
    Henry trat noch näher, sodass unsere Körper nur noch wenige Zentimeter trennten. Trotz der Wärme, die er ausstrahlte, erschauerte ich. „Wäre ich nicht mit Ketten gefesselt gewesen, hätte ich Calliope in der Höhle in Stücke gerissen. Hätte Walter es mir erlaubt, hätte ich es im selben Moment getan, als ich sie im Palast in meiner Gewalt hatte.“
    „Soll das romantisch sein?“ Verwirrt sah ich ihn an.
    „Es ist die Wahrheit.“ Tief sah er mir in die Augen, und mir stockte der Atem. „Wenn ich ein besserer Mann wäre, könnteich dir all die Liebe und Zuneigung zeigen, die du verdienst. Da ich das nicht bin, kann ich dir nur anbieten, was ich in der Lage bin zu geben. Doch ich versichere dir, nur weil ich es nicht zeige, bedeutet das nicht, dass ich es nicht empfinde.“
    Es war genau das, was mir alle seit September zu erklären versucht hatten, doch die Worte aus Henrys Mund zu hören ließ mich schließlich daran glauben. „Ich glaube, das verstehe ich“, erwiderte ich, und meine Stimme klang belegt. „Ich will dich nicht zu jemandem machen, der du nicht bist.“
    „Dann vertrau mir, wenn ich dir sage, dass es niemanden gibt, mit dem ich lieber zusammen wäre.“ Liebevoll fuhr er mir mit den Fingern durchs Haar und kitzelte mich mit den Spitzen am Hals. „Nicht einmal Persephone. Sie war meine Vergangenheit, und ich war niemals ihre Zukunft. Es hat eine Zeit gegeben, in der ich um sie gekämpft habe, aber um jemanden zu kämpfen ist bedeutungslos, wenn derjenige nicht glücklich mit einem ist.“
    „Tue ich also das Richtige?“, fragte ich. „Um dich zu kämpfen?“
    Er schlang mir die Arme um die Taille, und jetzt war er mir so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spürte. „Nein“, antwortete er, und bei dem Wort zog sich mir der Magen zusammen. Doch bevor ich in Panik geraten konnte, sprach er weiter, seine Stimme samtig und leise. „Du hättest nie um mich kämpfen müssen. Ich gehöre dir und habe es getan, seit ich dich gesehen habe.“
    Alles, womit ich mich herumgequält hatte, jeder schreckliche Gedanke, den ich gehabt hatte, jeder Zweifel, ob berechtigt oder nicht – das alles hätte Henry verhindern können, hätte er mir das bereits im September gesagt. Selbst die Art, wie Persephone ihn geküsst hatte, hätte ich verstehen können, wäre ich nicht so lange mit meinen Ängsten allein gewesen. Hätten wir früher miteinander geredet, hätte sie ihn vielleicht gar nicht erst küssen müssen. Ich stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. „Das wäre vor drei Monaten schon ganz nett zu wissen gewesen.“
    Der Schatten eines Lächelns blitzte auf seinem Gesicht auf. „Ja, ich schätze, das wäre es, und es tut mir leid, wie ich mich verhalten habe. In Zukunft werde ich es besser machen.“ Liebevoll drückte er mir die Lippen auf die Stirn. „Bitte geh nicht.“
    In diesem Moment war ihn zu verlassen das Letzte, was ich wollte, und ich schlang die Arme um ihn. „Du weißt, dass ich das muss. Ich kann nicht einfach danebenstehen und nichts tun, und ohne Rhea könntet ihr alle sterben. Es ist das Risiko wert. Du weißt, dass es so ist.“
    Henry seufzte. „Du bist sturer, als gut für dich ist.“
    „Ich hab gehört, das liegt in der Familie.“ Einen Moment lang schwiegen wir, und schließlich fragte ich leise: „Wenn ich zurückkomme … wäre es für dich in Ordnung, wenn ich bleibe?“
    Er runzelte die Stirn. „Warum sollte es das nicht sein? Ich würde alles tun, damit du gar nicht erst gehst, aber das bedeutet nicht, dass ich dich nicht willkommen heißen werde, wenn du zurückkommst.“
    „Nein, ich meine …“ Ich zögerte. „Unsere Abmachung. Muss ich jeden Frühling fortgehen, oder kann ich hier unten bei dir bleiben?“
    Er erstarrte, als er endlich verstand. Die Nerven zum Zerreißen gespannt, hielt ich den Atem an, während ich auf seine Antwort wartete. Er löste sich weit genug von mir, um mich
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