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Die Unschuld der Rose

Die Unschuld der Rose

Titel: Die Unschuld der Rose
Autoren: Sarah Morgan
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unmöglich. Schließlich waren sie einander noch nie begegnet. Seine Feindseligkeit war nur ein Spiegel seiner Persönlichkeit.
    Er musste sie auch nicht mögen. Er musste nur ihrer Bitte zustimmen, sein Kapital nicht abzuziehen.
    Mit diesen Gedanken überwand sie die letzten Meter, bis sie unmittelbar vor ihm stand. „Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Mr. Cordeiro.“
    Sein Mund wurde schmal, Ungeduld funkelte in seinen Augen. „Das ist hier kein Kaffeeklatsch und kein Kindergeburtstag, Miss Thacker. Weder erwarte ich, noch lege ich Wert auf Höflichkeit. Ich mache keinen Small Talk und beteilige mich nicht am Austausch von Freundlichkeiten. Mich kümmert weder das Wetter noch der Verlauf ihrer Reise.“
    Auch Ihnen einen guten Tag, dachte sie ironisch und bemühte sich, das wachsende Entsetzen zu verbergen.
    In diese tödlich dunklen Augen zu blicken weckte in ihr den Wunsch zu fliehen. Doch der Hubschrauber schwebte bereits über ihnen. Und der eigentliche Grund für ihren Be such befand sich immer noch sicher in ihrer Aktentasche verwahrt. Grace konnte nicht weglaufen. Sie hatte einen Job zu erledigen. Menschen verließen sich auf sie.
    „Ich kann in Zahlen und Fakten sprechen“, sagte sie rasch. „Alle notwendigen Unterlagen befinden sich in meiner Tasche.“
    „Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen. Und meine Antwort lautet Nein.“ Mit dem dunklen Bartschatten wirkte sein Kinn kantig; ein Wangenmuskel zuckte.
    „Aber Sie hatten noch nicht die Möglichkeit, mit mir zu reden.“ Sie würde nicht zulassen, dass er ihren Optimismus dämpfte. „Ich hoffe wirklich, Sie ändern Ihre Meinung, sobald ich erklärt habe, was passiert ist.“
    Er antwortete nicht. Stattdessen musterte er sie nur unentwegt. Im Dschungel hinter ihr erklang ein scharfer Schrei, gefolgt von etwas, das wie manisches Lachen klang.
    Erschrocken wandte Grace den Kopf und spähte in den Wald. Erst jetzt drangen die beständigen Hintergrundgeräusche in ihr Bewusstsein. Kläffen, Schreien, Zirpen und Trillern. „Das klingt ja, als würde jemand umgebracht.“ Mit amüsiert funkelnden Augen drehte sie sich wieder zu ihm um. Ein weiterer Versuch, eine emotionale Verbindung zu ihm herzustellen. Er scheiterte.
    Kein Lächeln. Und es war unmöglich zu ahnen, was Cordeiro dachte. Seine Miene blieb ausdruckslos.
    „Fürchten Sie sich vor dem Dschungel, Miss Thacker?“ Sein Tonfall klang alles andere als ermutigend. „Oder macht Sie etwas anderes nervös?“
    Etwas anderes? Etwa die Tatsache, dass möglicherweise gleich ihre gesamte Existenz in den Staub getreten wurde? Oder dass sie sich alleine mit einem Mann mitten im Regenwald befand, der die gesamte Menschheit zu hassen schien?
    Es gab so viele Dinge, die sie beunruhigten. Grace wusste gar nicht, womit sie anfangen sollte. Aber ihm würde sie keinen Grund verraten. Also schob sie die Gedanken an Jagu are, Schlangen und zweitausend Insektenarten beiseite. „Ich bin nicht nervös …“
    „Wirklich nicht?“ Er kniff die Augen zusammen. „Dann gebe ich Ihnen noch ein paar Hinweise als Geschäftsmann: Verschwenden Sie nicht meine Zeit, lügen Sie mich nicht an – und am Wichtigsten: Betrügen Sie mich nicht. Das sind die drei Dinge, mit denen Sie mich verärgern können. Und wenn ich wütend bin, sage ich niemals Ja.“
    Was fanden Frauen nur an ihm? Nichts vermochte den dichten Mantel aus Zynismus zu durchdringen, der ihn umgab.
    „Ich werde nicht lügen. Ich lüge nie.“
    Aber ganz ehrlich war sie auch nicht gewesen. Sie hatte nicht die volle Wahrheit über sich gesagt, als sie den Kredit angenommen hatte. Kurz stiegen Schuldgefühle in Grace auf. Dann erinnerte sie sich daran, dass der Vertrag ja keine Klausel enthielt, die sie verpflichtete, alles über sich preiszugeben. Nichts aus ihrer Vergangenheit beeinflusste ihre Fähigkeit, eine Firma zu leiten – dafür hatte sie gesorgt. Trotzdem breitete sich eine verräterische Röte auf ihren Wangen aus.
    Jetzt lächelte Cordeiro. Es war im Grunde nur der Hauch eines Lächelns und nicht mal ein besonders freundliches. Trotzdem bewies es, dass er ihr Erröten bemerkt und es als Punkt gegen sie verbucht hatte.
    „Sie sind eine Frau, Miss Thacker. Zu lügen und zu betrügen ist Teil ihrer Gene, und die können Sie nicht ändern. Im besten Fall können wir hoffen, dass Sie gegen tausend Jahre Evolution ankämpfen, solange Sie sich in meiner Gegenwart befinden.“ Dann öffnete er die Tür hinter sich und machte einen
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