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Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Titel: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)
Autoren: John Boyne
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berichten, er sei in jeder Hinsicht normal, und zur Belohnung kauften ihm die Eltern an diesem Nachmittag auf dem Heimweg ein Eis. Natürlich Vanille.
    Das zweite Kind, Melanie, wurde drei Jahre später an einem Dienstag geboren. Genau wie ihr Bruder bereitete auch Melanie weder den Krankenschwestern noch den Erzieherinnen irgendwelche Probleme, und als ihr vierter Geburtstag näher kam und ihre Eltern sich bereits auf die Ankunft eines weiteren Babys freuten, verbrachte Melanie den größten Teil ihrer Zeit mit Lesen, oder sie spielte in ihrem Zimmer mit ihren Puppen. Sie tat nichts, was sie von den anderen Kindern in ihrer Straße in irgendeiner Hinsicht abhob.
    Es gab wirklich keinen Zweifel: Die Familie Brocket war so ziemlich die normalste Familie in New South Wales, wenn nicht sogar in ganz Australien.
    Und dann wurde das dritte Kind geboren.
    Barnaby Brocket kam an einem Freitag auf die Welt, um zwölf Uhr nachts, was schon ein schlechter Anfang war, weil Eleanor befürchtete, sie würde den Arzt und die Schwestern um den Schlaf bringen.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, murmelte sie. Sie schwitzte furchtbar, was ihr extrem peinlich war. Bei der Geburt von Henry und Melanie hatte sie überhaupt nicht geschwitzt.
    »Das ist doch kein Problem, Mrs Brocket«, beruhigte sie Dr. Snow. »Die Kinder kommen, wenn sie kommen. Wir können diese Dinge nicht kontrollieren.«
    »Trotzdem ist es unhöflich«, erwiderte Eleanor, und dann stieß sie einen schrillen Schrei aus, weil Barnaby beschloss, dass sein großer Augenblick kurz bevorstand. »Du meine Güte«, ächzte sie, und ihr Gesicht war ganz rot vor Anstrengung.
    »Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen«, sagte der Arzt und begab sich in Position, um das glitschige Kind in Empfang zu nehmen – er sah aus wie ein Rugby-Spieler, der auf dem Spielfeld einen Schritt zurückgeht, den einen Fuß fest auf dem Rasen hinter ihm, den anderen in der Vorwärtsbewegung, beide Hände ausgestreckt, um die erwartete Beute aufzufangen.
    Eleanor schrie noch einmal, dann lehnte sie sich zurück und schnappte verwundert nach Luft. Sie spürte, dass sich in ihrem Körper ein ungeheurer Druck aufbaute, und war sich nicht sicher, wie lang sie diesen Druck noch aushalten konnte.
    »Pressen, Mrs Brocket!«, rief Dr. Snow, und Eleanor schrie zum dritten Mal. Dabei zwang sie sich, so kräftig zu pressen, wie sie nur konnte, während die Schwester ihr eine kalte Kompresse auf die Stirn legte. Das fand Eleanor allerdings gar nicht angenehm, im Gegenteil, sie begann, laut zu jaulen, und dann stieß sie ein Wort hervor, das sie noch nie im Leben benutzt hatte, ein Wort, das sie, wenn es jemand bei Bother & Blastit verwendete, sehr ungehörig fand. Nur zwei Silben. Aber dieses Wort drückte alles aus, was sie in diesem speziellen Augenblick fühlte.
    »So ist es gut!«, rief Dr. Snow fröhlich. »Da kommt er auch schon. Eins, zwei, drei, und dann noch einmal ganz kräftig pressen, okay? Eins …«
    Eleanor holte Luft.
    »Zwei …«
    Sie keuchte.
    »Drei!«
    Und dann ein Gefühl enormer Erleichterung – und der Schrei eines Babys. Eleanor ließ sich stöhnend in die Kissen zurückfallen, froh, dass die Quälerei endlich vorbei war.
    »Ach du liebe Zeit«, brummelte Dr. Snow kurz darauf, und Eleanor hob erstaunt den Kopf.
    »Was ist los?«, wollte sie wissen.
    »Wirklich sehr ungewöhnlich«, sagte der Arzt, und trotz ihrer Schmerzen richtete Eleanor sich auf, um den kleinen Jungen, der eine so anormale Reaktion hervorrief, näher zu betrachten.
    »Aber – wo ist er denn?«, fragte sie, denn der Kleine wurde nicht in Dr. Snows Händen gewiegt, und er lag auch nicht am Fußende des Bettes. In dem Moment merkte sie, dass sowohl der Arzt als auch die Schwestern sie gar nicht mehr beachteten, sondern mit offenem Mund zur Decke hinaufstarrten, wo das neugeborene Kind – ihr neugeborenes Kind – platt gedrückt an den rechteckigen weißen Kacheln klebte und mit einem frechen Grinsen auf die vier Menschen da unten hinabblickte.

BARNABYS Geburt
    »Er ist da oben«, sagte Dr. Snow fassungslos, und es stimmte: Da war er. Denn Barnaby Brocket, das dritte Kind der normalsten Familie, die je in der südlichen Hemisphäre gelebt hatte, war offenbar alles andere als normal, wie sich jetzt schon zeigte, denn er weigerte sich, dem elementarsten aller Gesetze zu gehorchen.
    Dem Gesetz der Schwerkraft.

Kapitel 2
    Die Matratze an der Decke
    Barnaby wurde drei Tage später aus dem Krankenhaus entlassen
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