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Die unbeugsame Braut

Die unbeugsame Braut

Titel: Die unbeugsame Braut
Autoren: Virginia Henley
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sinken.
    »Meines Wissens ist er schon fort – was kümmert’s mich«, antwortete Jane leichthin.
    Ihre jüngste Tochter sprang so jäh auf, dass sie dabei fast den Stuhl umwarf. Ohne Abschied konnte sie ihn nicht fortgehen lassen, schoss es ihr durch den Kopf . Georgina lief hinauf zum Schlafgemach, das ihr Vater immer bewohnte, wenn er im Haus an der Pall Mall weilte. Zu ihrer großen Enttäuschung fand sie es leer vor und sah, dass man bereits die Betten abgezogen hatte. Eilig lief sie zum Fenster. Die schwarze Reisekutsche stand wartend vor den Ställen, und die beiden Clevelandfüchse waren für die lange Fahrt schon angespannt.
    Georgina flog förmlich die Treppe hinunter, lief durch die Küche und erreichte atemlos den viersitzigen Wagen ihres Vaters. »Papa, du wolltest doch nicht etwa ohne Abschied fort?«

    Alexander Gordon schloss seine atemlose Tochter in die Arme. »Mein Kleines, ich dachte, du würdest noch ganz fest schlafen. Wird dein alter Papa dir fehlen?«
    Sie drückte ihr Gesicht an seinen Pelerinenmantel. »Das weißt du doch. Ich hatte gehofft, dich in deinem Kilt zeichnen zu können. Du hast in deinem Festtagsstaat einfach großartig ausgesehen.«
    »Alle meine Mädels haben zwar Zeichenunterricht erhalten, du aber bist die einzige wahre Künstlerin, Georgy. Deine Zeichnung, die mich beim Angeln im Spey zeigt, hüte ich wie einen Schatz. Wenn du wieder nach Fochabers kommst, gehen wir angeln, nur wir beide.«
    »Noch ehe der Herbst um ist, werde ich kommen – das verspreche ich.«
    »Braves Mädchen. Nun, jetzt geht es nach Hause. Ich kann es kaum erwarten, den Londoner Mief aus den Nüstern zu kriegen und meine Lungen mit der frischen schottischen Luft zu füllen.«
    Ohne das Stallpersonal zu beachten, das ihr Negligé anstarrte, stand Georgina da und winkte, bis das große Gefährt mit dem Gordon’schen Wappen das Tor passiert hatte und Richtung Piccadilly abbog.
     
    Drei Stunden später bestieg sie selbst die Kutsche ihrer Schwester Charlotte, auf deren Schlägen das herzogliche Wappen der Richmonds prangte. Charles Lennox, der im Sattel eines Vollblüters saß, sprengte nach einem Abschiedsgruß an seine Gemahlin davon und eilte ihnen voraus.
    Als sich die Kutsche mit einem Ruck in Bewegung setzte, schimpfte Charlotte. »Verfluchter Kutscher! Mein Magen rebelliert, noch ehe wir losfahren.«
    Georgina warf ihr einen nachdenklichen Blick zu.
    »Ja, ich bin wieder schwanger.« Charlotte seufzte tief. »Sechs Kinder in acht Jahren, und jetzt hat es mich schon wieder erwischt. Es scheint zu genügen, dass Lennox seine Hose auf mein Bett wirft …«

    »Na ja, wenigstens sind alle Kinder von deinem Mann.« Georgina sah sie mit liebevollem Lächeln an. »Damit stellst du in der Londoner Gesellschaft sicher einen einsamen Rekord auf.«
    Charlotte lachte spöttisch: »Ich habe weder Zeit noch Lust, mir einen Liebhaber zu nehmen.«
    »Zweifellos gehört dies zu einem teuflischen Plan, mit dem Lennox dich fest an sich bindet«, zog Georgina die Schwester auf. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und platzte dann mit ihrer Frage heraus. »Wer ist Louisas Vater?«
    Charlotte starrte ihre jüngste Schwester lange an, bevor sie berichtete, was sie wusste. »Als Mutter in deinem Alter war, verliebte sie sich bis über beide Ohren in einen Edinburgher Burschen aus dem Clan der Frasers. Er wurde mit den Highlander-Einheiten nach Amerika in den Krieg geschickt, um gegen die Unabhängigkeitsbewegung zu kämpfen, und als sie hörte, er sei gefallen, brach ihr diese Nachricht das Herz. Ihre Mutter drängte sie, den reichen und mächtigen Duke of Gordon zu erhören – eine einmalige Chance für ihre Familie. Und nachdem sie ein Jahr lang um ihre erste Liebe getrauert hatte, gab sie dem ständigen Druck nach und erfüllte den Wunsch ihrer Mutter.
    Als sie mit mir im sechsten Monat schwanger war, kam ein Brief von Fraser aus Amerika. Auf dieses Lebenszeichen hin erlitt sie einen Schock und brach zusammen. Vater verzieh ihr wohl niemals, dass sie lieber einen anderen als Ehemann gehabt hätte.«
    »Ja, die Erkenntnis, nur zweite Wahl zu sein, war sicher ein verheerender Schlag für seinen Stolz«, sagte Georgina mit tief empfundenem Mitgefühl. »Du glaubst also, die beiden wurden ein Paar, als Mutters Jugendliebe nach Schottland zurückkehrte?«
    »Wenn man zwei und zwei zusammenzählt, drängt sich einem diese Erklärung geradezu auf. Louisa hat das auffallende Haar der Frasers geerbt, und etwa neun
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