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Die unbeugsame Braut

Die unbeugsame Braut

Titel: Die unbeugsame Braut
Autoren: Virginia Henley
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könntest du erwischen?«, forderte Georgina den Neffen heraus.
    »Ich lande einen guten Schuss«, erklärte Charles und stopfte sich ein halbes Kuchenstück in den Mund.
    »Aber, aber, eine Flinte zu benutzen – wie unfair!«
    Der Junge erstickte fast vor Lachen, und Georgina versetzte ihm einen Klaps auf den Allerwertesten.
    »Ich mag keine Himbeermarmelade. Da sind zu viele Kerne drin«, jammerte Mary. Sie war entschlossen, die Aufmerksamkeit ihrer Tante zurückzugewinnen.
    »Himbeerkerne verleihen Zauberkräfte«, sagte Georgina und löffelte Marmelade auf Marys Teekuchen.
    Die Augen des Mädchens wurden groß wie Untertassen. »Dann möchte ich doch etwas von der Marmelade.« Mary änderte ihre Ansicht und vertilgte den Kuchen.
    Charles rümpfte die Nase. »Warme Milch ist was für Babys«, sagte er und blickte missbilligend in seinen Becher.
    »Dann bitten wir vielleicht deinen Vater, er soll dir stattdessen ein Bier heraufschicken.«
    Der Stammhalter der Lennox’ und nach Großvater und Vater
der nächste Duke of Richmond lachte so ausgelassen, dass er vom Stuhl fiel.
    Kaum hatte das Kindermädchen den Tisch abgeräumt, als Charles sagte: »Ich zähle bis zehn, damit du einen Vorsprung hast.«
    Georgina sprang auf und lief wie der Wind los. Die Kinderzimmer lagen im Erdgeschoss, wo die späte Nachmittagssonne durch die nach Westen blickenden Fenster hereinfiel. Sie rannte den Gang entlang, durch das Speisezimmer, an der Bibliothek vorüber und in den großen Salon.
    In diesem Moment trat George Finch, der Earl of Winchilsea, ein guter Freund von Lennox und kricketbegeistert wie dieser, aus der Bibliothek, um der wilden Jagd nachzublicken. Er staunte nicht schlecht, als er einen schönen Wildfang sah, der über die Lehnen zweier Sessel kletterte, um den beiden kreischenden Kindern zu entkommen, die hinterherliefen.
    »Lass dich von dem Krach nicht stören, George. Wenn meine jüngste Schwägerin da ist, herrscht immer Tollhausstimmung«, fühlte sich Lennox zu erklären bemüßigt.
    »Eine bezaubernde Nymphe, die man allzu gern verfolgen möchte …«
    »Das wäre nicht angebracht. Sie hat ihr gesellschaftliches Debüt noch vor sich.«
    Der Earl zog bedauernd eine Braue hoch. »Eine verbotene Frucht also.«
    »Und noch nicht reif! Wie du siehst, liebt Lady Georgina noch Kinderspiele.«
    »Na, habe ich eben Pech gehabt.« Winchilsea ließ sich sein Glas nachfüllen.
    Am Abend beim Dinner bot die junge Frau in ihrem hübschen, eleganten Kleid allerdings ein völlig anderes Bild als das wilde Geschöpf, das über die Salonmöbel gesprungen war.
    Als Georgina dem Earl of Winchilsea vorgestellt wurde, leuchteten ihre ausdrucksvollen grünen Augen auf. »Ich bin entzückt, Ihre
Bekanntschaft zu machen, George, und freue mich schon, morgen von Ihnen eine Kricketlektion zu bekommen.« Jane Gordon hatte ihrer Tochter beigebracht, bedenkenlos dem Ego eines Mannes zu schmeicheln und mit Gentlemen ungeachtet ihres Standes völlig ungezwungen umzugehen. Darin liege das Geheimnis, das männliche Geschlecht zu bezaubern, hatte sie gesagt.
    »Lady Georgina, Sie möchten wirklich Kricket spielen?«
    »Warum nicht? Ich spiele Tennis, und wenn ich in Schottland bin, spiele ich oft Golf.«
    Der Earl war von der lebhaften Schönen völlig hingerissen und las ihr jedes Wort von den Lippen ab. Als Georgina nach dem Essen ihre Finger in eine Kristallschüssel tauchte, flüsterte er ihr zu: »Diese Berührung könnte Wasser in Wein verwandeln. Fast wäre ich versucht, es zu trinken.«
    Sie erwiderte mutwillig: »Soll das Mädchen das Wasser für Sie aufbewahren, in dem ich heute meine Füße wasche?«
     
    Als Georgina am nächsten Morgen erwachte, entdeckte sie neben sich im Bett Mary. »Wie bist du nur hereingekommen?«
    »Durch Zauberkraft«, erklärte das Mädchen ernsthaft.
    »Ach ja, das macht sicher die Himbeermarmelade. Was möchtest du an diesem warmen, sonnigen Tag denn unternehmen?«
    »Könnten wir den Wald durchstreifen? Nur wir beide?«
    »Dürfen wir denn den Wald durchstreifen?«
    »Ja, wir dürfen!« Marys Gesicht leuchtete vor Freude auf.
    Georgina umfasste eines von Marys pummeligen Füßchen und inspizierte es. »Bist du überhaupt gut zu Fuß?«
    »Ich kann meilenweit laufen.«
    Georgina griff nach der großen Zehe des Kindes. »Dieses kleine Schweinchen ging auf den Markt.« Sie griff nach der nächsten Zehe. »Und dieses blieb daheim. Dieses kleine Schweinchen bekam Roastbeef. Aber dieses kleine Schweinchen
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