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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
Autoren: Tonke Dragt
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diese Worte, woher kamen sie? »März, April!«, rief ich den Dünen um mich herum zu.
    »Lass das lieber – deine Erinnerungen werden von selbst zurückkommen, wenn du nur die Ruhe behältst. Mach dir keine Sorgen.«
    Aber gerade das war sehr schwierig. Die Dünen um mich herum bewirkten eher das Gegenteil: Sie machten mich richtig kribbelig. Manchmal schienen sie ganz normal, ja, beinahe vertraut. Doch ab und zu veränderten sie sich; vor allem die Stellen, die ich nicht so genau ins Auge fasste. Dort schossen Sträucher aus dem Boden hervor, die wilde, stachelige Wälder bildeten; gefährliche Pfade schlängelten sich in alle Richtungen und verschwanden dann in dunklen Höhlen, die gähnend zwischen den Hügeln lagen. Der Weg, den ich bisher fest und hart unter meinen Schuhsohlen gespürt hatte, ging jetzt in lockeren Sand über, in dem man nur mühsam vorwärts kam. Nur das Meer, das hinter mir lag, rauschte eintönig weiter.
    »Dies ist ein Weg, der durch die Dünen führt«, sagte ich zu mir selbst. »Ich bin hier schon öfter gegangen: ein ordentlich angelegter, befestigter Weg, an dem ein Zaun entlangläuft … ja, denkst du! Hier gibt es weit und breit keinen Zaun und der Weg ist auch nichts weiter als eine Sandspur in der Wüste.«
    Mir wurde ganz schlecht. Ich weiß nicht mehr genau, was ich tat. Ich stolperte immer weiter, mit hämmerndem Kopf und schmerzenden Füßen. Über mir wurde der Himmel pechschwarz; ich glaube, es donnerte und blitzte. Ich fiel in Löcher hinein und kroch Hügel empor, die plötzlich in Bewegung geraten waren. Auf einmal konnte ich nicht mehr und ich ertrank in der Finsternis, im Getöse von Wind und Meer.
    Ich beginne noch einmal von vorne
    Plötzlich sah ich die See. Darüber dunkle Wolken – nur am Horizont ein heller Streifen. Es war Ebbe.
    »Wer bin ich? Wie bin ich hierher gekommen, was tue ich hier? Meine Füße tun mir weh.«
    Ich versuchte, mich an irgendetwas zu erinnern, doch davon wurde alles nur noch verworrener.
    Über den Sand liefen Fußspuren; sie begannen am Rand des Wassers und führten auf mich zu. Diese Spuren waren irgendwie merkwürdig. In der Ferne sah ich auch das Schiff, das geheimnisvolle Schiff. (Aber geheimnisvoll ist eigentlich alles hier und vielleicht handelt es sich gerade deshalb um ein ganz gewöhnliches Schiff.)
    Ich betrachtete eine Zeit lang die Fußspuren. Es waren meine eigenen Fußabdrücke! Sie führen von der See aus auf mich zu. Andere Spuren waren nicht zu sehen.
    Das ist tatsächlich seltsam. Ich kann doch nicht aus dem Meer gekommen sein? Meine Sachen waren trocken – abgesehen vom untersten Rand der Hosenbeine. Auch meine Schuhe waren nur ein wenig feucht. Ach ja, meine Schuhe! Ich hatte sie verkehrt herum an. Das heißt, der rechte Schuh saß am linken Fuß und der linke Schuh am rechten. Ich setzte mich hin, um sie auszuziehen. Da merkte ich, dass auch meine Hände schmerzten: Meine Finger waren voller Blut, ich hatte mich geschnitten.
    Was könnte man daraus schließen? Aus den Spuren im Sand und der Tatsache, dass meine Schuhe vertauscht waren? Man konnte das übrigens auch an den Fußabdrücken erkennen. (Wie die Schnittwunden an meinen Fingern entstanden waren, entdeckte ich kurze Zeit später.) Ich zog die Schuhe aus und dann richtig herum wieder an. Ich starrte auf den verlassenen Strand mit den Fußspuren, auf die bleierne, ruhige See, auf das Schiff in der Ferne. (Es verschwand nun nicht mehr.)
    Ob ich wohl mit diesem Schiff gekommen bin?
    Ganz in meiner Nähe begann ein schmaler Pfad, der aufwärts in die Dünen führte. Ich hatte den Eindruck, dass auch dort im Sand meine Fußspuren zu sehen waren – ja, natürlich …
    Dann betrachtete ich mich selbst, soweit dies möglich war. »Ein Junge beziehungsweise ein Jugendlicher in schmutzigen, zerknitterten Sachen, die nicht einmal richtig passen …« Ich erhob mich, weil ich ein dringendes Bedürfnis spürte; ich ging ein Stückchen über den Strand und trat dabei ein paar Mal in meine eigenen Fußabdrücke. Ich traute mich aber nicht, ganz bis zum Rand des Wassers zu gehen.
    Dann lief ich zu den Dünen zurück, setzte mich wieder hin und überlegte. Ich fühlte mich so, als ob ich allerhand mitgemacht hätte, aber ich kam nicht darauf, was das hätte sein können. Es war schrecklich! Ich hatte das Gefühl, irgendwie zurückschalten zu müssen – doch es gelang mir nicht. Ich betastete mein Gesicht.
    »Sind meine Augen hell oder dunkel? Wie alt bin ich wohl?« Ich trug
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